FC Arsenal in der Champions League:Verloren wie ein Haufen Pennäler

Lesezeit: 3 min

Mesut Özil (rechts) erträgt das 1:5 in München mit Fassung. (Foto: dpa)
  • Nach dem 1:5 in der Champions League beim FC Bayern gibt es in England vernichtende Kritik an Arsenal-Trainer Wenger.
  • Der Einbruch seiner Mannschaft kommt jedes Jahr im selben Moment.
  • Es offenbaren sich große taktische Defizite.

Von Jonas Beckenkamp

Dem Schlurfgang nach zu urteilen waren es quälende Meter für Arsène Wenger, als der Trainer des FC Arsenal um 23.34 Uhr den Ausgang der Münchner Arena passierte. Wenger, ein stolzer Elsäßer, starrte an der Schar von Journalisten vorbei, seine Schultern hingen tief, die Anzughose schlabberte an seinen Beinen - hier machte sich ein getroffener Mann davon. Für die Rückreise nach London hatte er reichlich Grübelmaterial im Gepäck, seine Eindrücke dürften sich irgendwo zwischen Pathologie und Kriminologie eingependelt haben.

Zum Patienten hatte Wenger sein Team selbst erklärt - die Frage, ob die Polizei gegen Arsenal - wegen des gravierenden Leistungsabfalls - bereits wegen Einbruchs ermittle, gab es noch in der Nacht als beißende Häme im Internet zu lesen. Nach dem 1:5 im Hinspiel gegen die Bayern droht bereits zum siebten Mal (!) in Serie das Aus im Achtelfinale der Champions League.

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Für Arsenal ist das eine Katastrophe, eine klaffende Wunde, deren Blutung der ewige Wenger einfach nicht zu stoppen vermag.

Mesut Özil versteckte sein Können

Der erneute Kollaps gegen die "Fünf-Sterne-Bayern" ( Daily Mail) war vielleicht Wengers schlimmster Moment als Arsenal-Coach. Man habe nach dem 1:3 "komplett die Organisation verloren. Wir waren mental niedergeschlagen", sagte er und räumte offen ein: "Zum Schluss war es ein Albtraum für uns. Wir hatten keine Antworten mehr. Das ist ein heftiger Rückschlag." Wenger wusste natürlich, was ihn daheim auf der Insel erwartet, er hält den Verdruss über sein Wirken und über seine Elf der Schöngeister ja seit Jahren aus. Vernichtende Kritik ist er nach 20 Jahren im Amt gewohnt.

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Diesmal klang sie so: "Schlafwandelnd in Richtung Abgrund. Arsenal wird zur Lachnummer. Es war die vorausgesagte Chronik eines Todes", schrieb die Times nach der "Demütigung" ( Telegraph). Zur Versagenshistorie der "Gunners" zählt die Erkenntnis, dass sich solche Schmähungen alljährlich wie Schablonen herauskramen lassen.

Arsenal scheitert krachend, das gehört in England schon zur Folklore, ein wenig erinnert dieses Drama tatsächlich ans täglich grüßende Murmeltier: Immer im Februar, oft gegen die Bayern, stets ist hinterher Wenger Schuld. Oder Mesut Özil, der auch diesmal sein Können versteckte, als wäre er nicht Weltmeister, sondern ein graumäusiger Hausmeister.

Bei Arsenal wissen sie mittlerweile: Özil, der einst für 50 Millionen Pfund kam, ist zwar ein wunderbarer Fußballer. Ein Mann, der sich ins Spiel hinein fühlt, ein Visionär - aber er ist kein Mitreißer. Dabei stand der Deutsche nur stellvertretend für viele seiner Kollegen. Mit Ausnahme der Giftnudel Alexis Sanchez, der sich mit Herz den Treffer zum 1:1 erstocherte, und des Kapitäns Laurent Koscielny präsentierte Arsenal sich als weitgehend tote Elf. Selten ließ sich das Zusammensacken einer Mannschaft so auf einen Moment kaprizieren, wie auf jene 49. Minute, als Koscielny verletzt vom Feld musste.

"Wenn dann Kieran Gibbs die Kapitänsbinde trägt, kommst du eben in Schwierigkeiten", giftelte TV-Experte Roy Keane, nachdem der Außenverteidiger das Armband von Koscielny übernommen hatte. Doch es lag nicht an Gibbs allein. Auch Weltmeister Shkodran Mustafi, Granit Xhaka und all die anderen Millionentypen wirkten in vielen Szenen gegen die Münchner Angriffsmaschine verloren wie ein Haufen Pennäler. Exemplarisch für das taktische Komplettversagen waren Wutanfälle der Stürmer Oxlade-Chamberlain oder Sanchez, als die Kollegen sie beim Versuch des Gegenpressings einfach ins Verderben rennen ließen.

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Macht Wenger endlich Schluss?

Das so genannte "Spiel gegen den Ball" scheint Wenger schlichtweg nicht in seinem Lehrkatalog zu haben, umso verwunderlicher, dass Arsenal ohne derartige Standards moderner Verteidigungsstrategie immer noch Vierter in der Premier League ist. Der Daily Mirror formulierte es in geballter Gnadenlosigkeit so: "Wenger IST schuld an der Kapitulation bei Bayern - das war ein erbärmliches Verzagen, erbärmliche Organisation und erbärmliches taktisches Verständnis. Wieviel kann er noch verkraften?" Dem Vernehmen nach nicht allzu viel, denn wie soll ein Trainer seinen Spielern noch einen Plan verkaufen, wenn er offensichtlich seit Jahren keinen hat?

Die Entscheidung über seine Zukunft beim FC Arsenal ist dennoch weiterhin am Saisonende geplant. Sie werde auch nach der Watschennacht von Münchnen nicht vorgezogen, meldet die BBC heute in einem Bericht, der sich liest wie ein Aufruf, endlich Schluss zu machen. Der Vertrag des 67-Jährigen, der seit über 20 Jahren im Amt ist, läuft im Sommer aus. Die von der Klubführung angebotene Vertragsverlängerung habe weiterhin Bestand - die Frage ist, ob Wenger sich das noch einmal antun will und ob die Bosse das 1:5 nicht doch umdenken lässt. Arsène Wenger, soviel ist klar, wird die Signale seiner überforderten Elf nun einordnen müssen.

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