Eurosport:Gisdol fühlt mit den "hochgradig verärgerten Fans"

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HSV-Trainer Markus Gisdol (r.) hat freien Blick auf das Spiel seiner Mannschaft gegen RB Leipzig - im Gegensatz zu den Nutzern des Eurosport Players. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • RB Leipzig gewinnt beim Hamburger SV verdient mit 2:0 (0:0).
  • Doch viele Fans können die starke Leistung der Leipziger nicht sehen, weil der Eurosport Player wieder Probleme macht.
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Von Jörg Marwedel, Hamburg

Am Ende hatte der HSV ein Thema, das wegführte vom eigentlichen Spiel, das gerade mit 0:2 gegen RB Leipzig verdient verloren gegangen war. Vorstandsboss Heribert Bruchhagen wusste es schon von seiner Frau, dass dieses Spiel von Eurosport wieder nicht einwandfrei übertragen worden war und mahnte an, Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball Liga, müsse dringend eingeschaltet werden. Trainer Markus Gisdol fühlte mit seinem Vater und "hochgradig verärgerten Fans". Es könne doch nicht sein, dass die Privatsender Sky und Eurosport keine Einigung der Zusammenarbeit erzielten, befand er: "Das zahlt der Fußball." Er müsse aufpassen, sich nicht in Rage zu reden.

Discovery Deutschland teilte mit, dass Spiel sei "von der überwiegenden Mehrheit der Abonnenten problemlos gesehen" worden. Es hätten allerdings einige Zuschauer "Streaming-typische Schwierigkeiten" erfahren. Die DFL will trotzdem ein klärendes Gespräch suchen.

Was viele Fernsehzuschauer am Freitagabend nicht gesehen hatten, war jedenfalls so eindrucksvoll, dass HSV-Chef Bruchhagen von einem "tollen" Leipziger Team sprach. Er lege sich fest, dass die Sachsen trotz der zusätzlichen Belastung durch die Champions League auch in dieser Saison wieder mindestens Dritter würden. Es war jedenfalls am Ende so, als würde eine HSV-Altherrenmannschaft gegen elf kraftstrotzende Stiere ankämpfen, die so schnell waren, dass man sie nur mit gewissem Abstand betrachten konnte. "Wir sind topfit", sagte RB-Kapitän Willi Orban. Diese positive Energie nehme man mit zum ersten Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen den AS Monaco. Einer Partie, in der man gewiss "Gänsehaut" spüren werde.

Mathenias Arme sind zu kurz

Der entscheidende Moment in Hamburg passierte in der 74. Minute. Kaum hatte der gerade eingewechselte HSV-Stürmer Sven Schipplock mit seiner ersten Aktion knapp den Ausgleich verpasst, dirigierte der ebenfalls eingewechselte Leipzig-Zugang Kevin Kampl den Ball blitzschnell auf den an der Mittellinie lauernden Nationalspieler Timo Werner. Der schaltete seinen Turbo an, ließ die ihm folgenden Dennis Diekmeier und Gotoku Sakai hinter sich wie lästige Fliegen und schob cool zum 0:2 ein. Eine Szene, die abgesehen von den pfeifenden Werner-feindlichen HSV-Fans alle Fußballanhänger beeindruckte, und am meisten Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl. Es sei schon wahnsinnig, wie Werner inzwischen "die Ruhe am Ball" mit dem "Zug zum Tor" verbinde. Und selbst HSV-Torhüter Christian Mathenia gab sich beeindruckt: "Usain Bolt war hier unterwegs."

Die Leipziger hatten sogar einige wichtige Stützen geschont: der angeschlagene Emil Forsberg war zu Hause geblieben, Yussuf Poulsen wurde ebenso wie Lukas Klostermann und Kampl erst spät ins Spiel gebracht. Und man hatte Geduld bis zur 67. Minute, als Naby Keita nach einem schnell ausgeführten Freistoß mit einem Geschoss aus 22 Metern das 0:1 erzielte. Für dieses "Weltklassetor" (RB-Torwart Peter Gulacsi) waren die Arme von HSV-Keeper Mathenia einfach zu kurz.

Die 80 Millionen Euro, die der FC Liverpool 2018 für den Mann aus Guinea zahlen will, könnten sich bei dem heutigen Transferwahnsinn noch als Schnäppchen erweisen. Ebenso wie die 20 Millionen, die Leipzig gerade für Kampl an Leverkusen überwies. Denn der spielte laut Hasenhüttl, als er aufs Feld kam, wie jemand, "der schon immer in dieser Mannschaft gespielt hat". Was insofern kein Wunder war, weil er einst in Salzburg die Spielphilosophie des Übervaters Ralf Rangnick gelernt hatte.

Hamburg überzeugt trotz der Niederlage

Trotzdem muss man auch dem HSV ein kleines Lob aussprechen. Gisdols Vorhaben, den Leipzigern den Ball zu überlassen und hier und da zu kontern, hätte auch aufgehen können. Weil die Hamburger so gut zusammenarbeiteten wie selten in den vergangenen Jahren. So verwies Hamburgs Coach zu Recht darauf, dass nicht RB die größte Chance der ersten Halbzeit gehabt habe, sondern in der 24. Minute HSV-Stürmer Filip Kostic, der das Leder nach einem Pass von André Hahn aber freistehend vorbei schoss. Kurz darauf musste Kostic mit einem Muskelfaserriss im linken Oberschenkel ausgewechselt werden wie später auch Verteidiger Rick van Drongelen mit einer Leistenzerrung.

Ein bisschen Video-Glück hatten die Hanseaten aber auch. In der 45. Minute zeigte Schiedsrichter Deniz Aytekin zunächst nach einem Einsatz von Albin Ekdal, der Timo Werner zum Stürzen im Strafraum brachte, auf den Elfmeterpunkt. Nach ausführlicher Rücksprache mit Videoassistent Jochen Drees nahm er die Entscheidung zurück, weil Ekdal den Ball gespielt hatte. Es war nicht die nächste Schwalbe Werners. Pfiffe musste sich das neue deutsche Stürmer-Ass dennoch anhören. Aber es war wohl so, wie HSV-Profi Mathenia befürchtet hatte: Die Pfiffe machten den sächsischen Schwaben nur noch stärker.

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