Eishockey: EHC München:Flirt mit dem Nachbarn

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Sportlich ist der EHC München in die DEL aufgestiegen, doch das Lizenzierungsverfahren wurde wegen einer verpassten Frist nicht aufgenommen. Nun droht der Klub damit, in Österreichs erste Liga auszuwandern.

Benedikt Warmbrunn

Patrik Vogl schnauft, er sitzt gerade auf dem Hometrainer. Dann atmet er tief durch und sagt: "Ich finde den Plan super", er meint die Überlegungen des Eishockey-Zweitligameisters EHC München, sich bei der Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) aus Österreich zu bewerben, "ich mag die Liga". Es ist schon eine kuriose Alternative, die da am Wochenende auftauchte, und so euphorisch wie Vogl - ein Österreicher - spricht beim EHC sonst keiner über die EBEL.

"Ich finde den Plan super": Münchens Patrik Vogl (rechts) hält viel von den Auswanderungsgedanken des EHC München. (Foto: imago)

Die Münchner hatten sich ja bei der Deutschen Eishockey Liga (DEL) beworben, doch das Lizenzierungsverfahren wurde nicht aufgenommen, da der Klub die offizielle Frist für die Einreichung der Aufnahmegebühr in Höhe von 816.000 Euro verstreichen ließ. Vergangenen Donnerstag hatten sich die DEL-Gesellschafter getroffen, sie wollten klären, ob sie dem EHC eine weitere Chance geben. Die Entscheidung wurde vertagt, und seitdem, sagt Vogl, "hängen wir in der Luft".

"Sportlich reizvolle Alternative"

In dieser Woche werden sich die DEL-Gesellschafter wohl erneut treffen, EHC-Präsident Jürgen Bochanski ist aber nur mäßig zuversichtlich. "Ich glaube, dass das Lizenzierungsverfahren neu aufgenommen werden wird", sagt er, "aber ich schätze, dass letztlich das DEL-Schiedsgericht entscheiden muss." Dieses hat der EHC am Dienstag angerufen und dabei betont, dass man die Frist eingehalten habe. An diesem Montag trifft sich Bochanski mit der von ihm beauftragten Kanzlei, es geht dann um die Chancen vor dem Schiedsgericht, aber eben auch um die EBEL. "Natürlich wollen wir weiter in die DEL", sagt Bochanski, "aber es will keiner in der zweiten Liga hängen bleiben. Daher brauchen wir eine sportlich reizvolle Alternative."

Die EBEL ist die höchste österreichische Spielklasse, seit 2006 ist sie international ausgerichtet, derzeit spielen Teams aus Ungarn, Kroatien und Slowenien mit. Vogl hatte ein Jahr lang für Innsbruck in der EBEL gespielt. Die DEL hält er zwar für stärker, aber Teams wie Salzburg oder Klagenfurt, meint er, könnten mithalten. Vogl würde daher "generell lieber drüben spielen".

Bochanski wird euphorisch

Das Sportliche ist das eine, interessanter ist beim EHC die Finanzierbarkeit. Bei diesem Punkt wird Bochanski doch euphorisch. "Wir brauchen praktisch nichts zu bezahlen", ruft er aus, zumindest keine so hohe Aufnahmegebühr. Für die DEL plant der EHC mit einem Etat von 3,5 Millionen Euro, damit wäre man in der EBEL im gehobenen Mittelfeld. Der Etat von Ungarns Sapa Fehervar liegt etwas über 1,5 Millionen Euro, bei Meister Salzburg nennt keiner Zahlen, das Team wird aber von einem Dosengetränke-Hersteller unterstützt.

Der EHC hatte beim Vorbereitungsturnier in Kanada die Black Wings Linz kennengelernt, seitdem gibt es immer wieder lose Gespräche. Nach SZ-Informationen rief Bochanski am Freitag vorvergangener Woche den EBEL-Geschäftsführer Christian Feichtinger an, um wegen einer möglichen Aufnahme unverbindlich anzufragen. Am vergangenen Samstag trafen sich die Präsidenten der Klubs in Lesce in Slowenien, sie stimmten einer möglichen Aufnahme des EHC ohne Gegenstimme zu. Bis Mitte kommender Woche hat der EHC nun Zeit für einen verbindlichen Antrag, wenn dies geschieht, "kann der EHC ohne weitere Diskussionen und Beschlüsse in der Liga mitspielen", sagt Feichtinger: "Wenn München kommen will, freut uns das sehr."

Beim EHC prüfen sie jetzt, ob es ohne weiteres möglich ist, als deutsches Team in einer österreichischen Liga mitzuspielen, und vor allem, ob man dann wieder zurückkehren könnte. Am Sonntag war dazu weder von der DEL noch von der Eishockeyspielbetriebsgesellschaft eine Stellungnahme zu erhalten.

"Ernste Hintergrundgespräche"

Die EBEL arbeitet derweil zwei Spielpläne aus, einen für zehn Teams, einen für elf, also mit München. "Ich hatte das Gefühl, dass die Gespräche mit dem ernsten Hintergrund geführt wurden, bei uns mitspielen zu wollen", sagt Feichtinger, doch er weiß auch: "Bisher war die Tür zur DEL für den EHC nicht sehr weit offen. Aber wenn sie sich öffnet, kann ich mir vorstellen, dass der erste Ansatz voll durchgezogen wird."

Zehn Tage hat der EHC nun Zeit, sich zu entscheiden. "Wenn wir bis dahin nichts von der DEL hören, wissen wir, dass sie uns nicht will", sagt Bochanski. Laut Feichtinger muss der EHC ohnehin noch keine Garantien schicken, es reicht ein Brief mit einer Zusage. "Wir sind garantiert nicht so formal unterwegs wie Deutschland", sagt Feichtinger, "aber ein Mindestmaß an formalen Bedingungen sollte schon erfüllt werden."

© SZ vom 31.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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