Dustin Brown in Wimbledon:Spiele lieber ungewöhnlich

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Dustin Brown in Wimbledon (Foto: REUTERS)
  • Der deutsche Tennisspieler Dustin Brown erregt in Wimbledon Aufsehen mit seinem Äußeren und seiner riskanten Spielweise.
  • Nun spielt er gegen Rafael Nadal. Den Spanier hat er schon einmal besiegt.
  • "Ich denke, dass ich auf Rasen die größten Chancen gegen ihn habe", meint Brown.
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Von Lisa Sonnabend, London

Dustin Brown hievt die schwere Schlägertasche auf seine Schultern. Los geht's. Er schleppt sich nicht voran, sein Gang ist schwungvoll. Auf den Ohren dicke rote Kopfhörer. Der 30-Jährige wippt mit dem Kopf im Takt, grinst entspannt. Es sieht aus, als wäre Dustin Brown auf dem Weg zum Strand. Doch er muss zur Arbeit.

In diesen Tagen in Wimbledon gibt es außer dem Australier Nick Kyrgios keinen anderen Spieler, der so locker und unbeschwert in seine Matches geht wie der deutsche Tennisprofi und dabei auch noch Erfolg hat. Die Nummer 102 der Weltrangliste ist der einzig verbliebene männliche Tennisprofi aus Deutschland. Erst kämpfte er sich durch die Qualifikation, dann besiegte er Lu Yen-Hsun aus Taiwan. Am Donnerstag trifft er auf Rafael Nadal, den neunmaligen French-Open- und zweimaligen Wimbledon-Sieger. Ein Match auf einer großen Bühne - das ist für Brown eine große Chance, es erregt viel Aufmerksamkeit. Doch auffallen tut Brown sowieso.

Der 1,96 Meter große Spieler trägt Dreadlocks, die so lang sind, dass sie sich hin und wieder im Schläger verheddern. Er hat ein Piercing in der Zunge und ein großes Tattoo von seinem Vater auf dem Bauch. Seine Spielweise ist unkonventionell, unberechenbar und spektakulär. Brown setzt bedingungslos auf Risiko, gegen Lu stürmte er 73 Mal ans Netz. Er streut überraschend Stopps ein, spielt die Rückhand beidhändig, aber mit viel Slice. Beim Aufschlag wirft er den Ball kaum einen Meter hoch. Vor dem Return wirbelt er häufig seinen Schläger in die Luft, als wäre er Jongleur. Die Tennishose schlabbert um seine dünnen Beine, das weiße Muskelshirt flattert am Oberkörper. Als er am Mittwochmittag zum Doppel antrat, schauten viele Fans zu. "Oh, it's Dustin Brown", rief ein Mann, der am Court vorbeiging. Es schwang Anerkennung mit.

So ungewöhnlich wie Browns Spiel ist auch seine Biographie. Als er elf Jahre alt war, zog er mit seiner Familie von Celle nach Jamaika, sein Vater stammt von der Karibikinsel. Der Junge liebte Tennis und wurde immer stärker. Als die Browns vor zehn Jahren zurück nach Deutschland kamen, hatten sie nicht viel Geld, aber die Eltern schenkten ihrem Sohn ein Wohnmobil. Brown wurde Profispieler. Jahrelang tourte er von einem kleinen Turnier zum nächsten, quer durch Europa. Als es mit dem jamaikanischen Verband 2010 zu Reibereien kam, startete Brown fortan für Deutschland.

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Der große Durchbruch ist Brown nie gelungen. Ab und zu stieß er mal unter die Top 100 der Welt vor, doch viel weiter ging es für ihn nicht. Denn nicht jeder Stopp, nicht jeder Netzangriff sitzt bei ihm. Seine Spielweise ist zwar spektakulär, aber auch sehr wechselhaft. Das Preisgeld, das er nun für das Erreichen der zweiten Wimbledon-Runde erhält, kann er gut gebrauchen, um sein Leben auf der Tour zu finanzieren. Immerhin: Im Wohnmobil haust er schon lange nicht mehr.

Wegen seiner offensiven Spielweise liegt Brown Gras wie kein anderer Belag. Vor zwei Jahren warf er in London den ehemaligen Turniersieger Lleyton Hewitt raus - und auch gegen Nadal hat er auf Rasen gute Erfahrungen gemacht. Im vergangenen Jahr beim Turnier in Halle rang er den Spanier nieder. "Das war das Match meines Lebens", erinnert sich Brown an den bislang größten Sieg seiner Karriere. Am Donnerstag darf er es nun bei einem Grand-Slam-Turnier noch einmal versuchen: "Ich denke, dass ich auf Rasen die größten Chancen gegen ihn habe", meint Brown.

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Auch Nadal hat die Niederlage in Halle nicht vergessen. "Es ist ein gefährlicher Gegner", warnte der Weltranglisten-Zehnte und sagte über Brown: "Er ist alles andere als ein gewöhnlicher Spieler." Damit hat Nadal seinen Gegner gut beschrieben.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version stand, Dustin Brown hätte ein Tattoo von Bob Marley auf dem Bauch. Tatsächlich soll das Tattoo seinen Vater zeigen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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