Duell Serena gegen Venus Williams:Feindinnen auf dem Platz

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Immer lächeln: Die Schwestern Serena (l.) und Venus Williams stehen sich nah - zu nah für einen ernsthaften Wettstreit im Viertelfinale der US Open? (Foto: WireImage/Getty Images)
  • Ausgerechnet Venus Williams könnte ihre Schwester Serena auf dem Weg zum Grand Slam stoppen.
  • Das Duell in New York könnte deswegen zur Farce werden - oder spielt Venus die Spielverderberin?
  • Zu den Ergebnissen von den US Open geht es hier.

Von Jürgen Schmieder, New York

Serena Williams wird die US Open gewinnen. Das steht jetzt schon fest, auch wenn Wiktoria Asarenka nach ihrer atemberaubenden Partie gegen Angelique Kerber oder auch die bislang souverän agierende Petra Kvitova vorsichtig widersprechen dürften. Alles auf der Tennisanlage in Flushing Meadows - ach was, in ganz New York - ist darauf ausgelegt, dass am Samstag Historisches passieren wird, es darf nur ja niemand stören. Williams kann das vierte Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr gewinnen und zudem den Rekord von Steffi Graf (22 Major-Titel) einstellen. Das Arthur-Ashe-Stadion ist für diesen Tag seit Wochen ausverkauft, zum ersten Mal in der Geschichte gingen die Karten schneller weg als fürs Männerfinale. Es gibt kaum jemanden in New York, der nicht über Serena spricht. "Den Leuten gefällt es nun mal, wenn Geschichte geschrieben wird", sagt ihre Schwester Venus: "Niemand möchte die Spielverderberin sein."

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Elfmal gewann Venus gegen Serena: eine beachtliche Bilanz

Diese Aussage ist hochinteressant, ist Venus doch eine von nur drei Frauen, die noch als Spielverderberin infrage kommen. Die Williams-Schwestern treffen im Viertelfinale an diesem Dienstag zum Sister Slam aufeinander, danach gäbe es nur noch Halbfinale und Endspiel. Die Frage lautet nur: Wird dieses Duell sportlich so interessant wie ein Wrestling-Kampf zwischen Hulk Hogan und Rowdy Piper, weil Venus nicht die Spielverderberin geben und Serena möglichst ausgeruht ins Halbfinale senden will? Oder sollte ausgerechnet die ältere Schwester den Eintrag in die Geschichtsbücher verhindern? Die Partie elektrisiert, direkt nach der Ansetzung bewarb der TV-Sender ESPN das Duell, wie sonst nur Wrestling-Kämpfe beworben werden.

Natürlich ist die erste Frage ungeheuerlich - und doch wurde sie gestellt am Montagabend. Vor 14 Jahren in Indian Wells nämlich, da hatte Venus das Halbfinale gegen Serena wegen einer Verletzung abgesagt. Viele Zuschauer vermuteten, dass Vater Richard zuvor die Siegerin bestimmt und ihr durch den Verzicht der anderen einen unlauteren Vorteil verschafft hatte. Während des Endspiels wurde Serena belästigt und beleidigt, Richard wollte dabei auch diskriminierende Worte gehört haben. Serena boykottierte das Turnier 14 Jahre, ihrer Rückkehr vor fünf Monaten maß sie dann gesellschaftliche Bedeutung bei ("Es geht um den Kampf für Gleichberechtigung"). Venus dagegen verzichtet noch immer auf eine Teilnahme. Durch das Match am Dienstag, durch diese einmalige Konstellation und natürlich auch die historische Dimension für Serena werden die alten Fragen wieder gestellt, zumal die Vorwürfe von damals nie entkräftet wurden.

"Nein. Nein. Nein", sagt Venus, als sie darauf angesprochen wird: "Er hat niemals etwas gesagt, er ist noch nicht einmal zu diesen Partien erschienen. Wenn deine Töchter gegeneinander spielen, dann hast du doch auf jeden Fall gewonnen. So haben meine Eltern das immer gesehen." Serena ergänzt: "Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, abseits des Platzes Schwestern und Freundinnen zu sein - und während einer Partie auch Feinde. Natürlich verliere ich gegen sie lieber als gegen jede andere, doch grundsätzlich hasse ich mal das Verlieren an sich."

26 Mal haben die Schwestern bislang gegeneinander gespielt, elf Mal hat Venus gewonnen. Das ist eine ordentliche Bilanz - vor allem, wenn man sich die Statistik von Serena gegen einige Spielerinnen ansieht, die bei diesem Turnier noch dabei sind: 17:3 (Wiktoria Asarenka), 4:0 (Roberta Vinci), 5:1 (Petra Kvitova). Venus hat die mit deutlichem Abstand freundlichste Bilanz, dazu agiert sie bislang bei diesen US Open spielfreudig und aggressiv, sie bewegt sich geschmeidig und genießt ihre Zeit auf dem Platz. Nach wackligem Beginn (6:4, 6:7, 6:3 gegen Monica Puig und 6:3, 6:7, 6:2 gegen Irina Falconi) werden die Ergebnisse der 35-Jährigen immer beeindruckender: 6:3, 6:4 gegen die aufstrebende Belinda Bencic und zuletzt 6:2, 6:1 gegen Anett Kontaveit - ihre Leistung im Achtelfinale bezeichnete sie gar als "mein höchstes Niveau". Spielerisch scheint Venus in der Lage zu sein, die Spielverderberin geben zu können.

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Von Jürgen Schmieder

Die Partie am Dienstag kann eine Farce werden, nach der all die Vorwürfe von damals wieder auftauchen. Sie kann auch ein beeindruckendes Spektakel werden, ein mitreißendes Match mit überraschendem Ende. Es kann aber auch alles dazwischen geschehen - genau deshalb ist der Sister Slam das Duell, das die Menschen in New York elektrisiert. Niemand weiß, was passieren wird, und natürlich weiß auch niemand, ob Serena wirklich die US Open gewinnen wird. Nur eines steht fest, das teilte Serena den Menschen auch mit: "Eine Williams wird im Halbfinale sein! Ist das nicht toll?"

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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