Dortmund gegen Gladbach:Vorteil Favre

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Hat derzeit gut Lachen: Mönchengladbach und sein Trainer Lucien Favre haben seit mittlerweile 18 Spielen nicht mehr verloren. (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Lucien Favre genießt seine bisher erfolgreichste Zeit in Gladbach, BVB-Trainer Jürgen Klopp durchlebt dagegen in der Bundesliga die kritischste Phase seiner Amtszeit. Zudem plagen Dortmund Verletzungssorgen, einen Sieg an diesem Sonntag trauen dem Tabellenletzten nur wenige zu.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Treue ist ja vermeintlich eine preußische Tugend. Dennoch ist es eher dem sportlichen Erfolg geschuldet, dass just jene beiden Vereine, die die Herkunft "Preußen" (Borussia) im Namen tragen, die derzeit dienstältesten Trainer der Bundesliga beschäftigen: Jürgen Klopp, seit Juli 2008 bei Borussia Dortmund - und Lucien Favre, seit Februar 2011 bei Borussia Mönchengladbach. Wenn ihre Mannschaften am Sonntagabend (17.30 Uhr) in Dortmund aufeinandertreffen, begegnen sich die beiden allerdings in sehr entfernten Gefühlswelten. Während Favre seine bisher erfolgreichste Zeit in Gladbach genießt, durchlebt Klopp in der Bundesliga die kritischste Phase seiner Amtszeit.

Dortmund hat zuletzt fünf Liga-Spiele in Serie verloren, Mönchengladbach in dieser Saison noch kein einziges seiner 18 Pflichtspiele. Marktwert und Personalkosten des BVB-Kaders sind schätzungsweise fast doppelt so hoch wie in Gladbach, trotzdem hat die andere Borussia vor dem direkten Duell surreal anmutende 13 Punkte Vorsprung vor den Dortmundern.

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Die Konstanz der Gladbacher und die hohe Schwankungsanfälligkeit der Dortmunder haben Gründe. Von einer personellen Verlässlichkeit, wie sie Favre in den vergangenen eineinhalb Jahren genoss, kann Klopp nur träumen. Beide Klubs haben bedeutende Spieler abgeben müssen. Dortmund verlor Mario Götze und Robert Lewandowski an den FC Bayern, Gladbach musste Marco Reus an Dortmund, Dante nach München und Torwart Marc-André ter Stegen an den FC Barcelona abgeben. Doch das sind marktübliche Substanzverluste.

Schwerer wiegt im direkten Vergleich das Unglück, dass Klopp seit Beginn der vergangenen Saison 2013/14 permanent viele Ausfälle zu beklagen hat. So musste er seither insgesamt 30 Spieler in 44 Partien einsetzen. In der Vorsaison hatte in Dortmund lediglich Nuri Sahin alle 34 Bundesliga-Spiele absolviert - der ist dafür jetzt verletzt. Lewandowski hatte 33 Ligaspiele mitgemacht - und spielt nun bei den Bayern. Die zehn aktivsten BVB-Feldspieler kamen im Schnitt nur auf 34 jener 44 möglichen Partien seit August 2013.

Bei den Gladbachern zeugen sämtliche Vergleichswerte von erheblich weniger Verletzungssorgen und damit höherer personeller Konstanz. Trainer Favre hat seit Beginn der vergangenen Saison nur 23 Spieler eingesetzt - sieben weniger als Klopp. Raffael hat alle 44 dieser Bundesliga-Spiele mitgemacht, Patrick Herrmann, Christoph Kramer und Max Kruse je 42, Tony Jantschke und Martin Stranzl je 40. Die zehn aktivsten Gladbacher Feldspieler kamen im Schnitt auf 38 der möglichen 44 Einsätze - und im Unterschied zu den Dortmundern bilden diese zehn Dauerspieler auch noch nahezu die beste Gladbacher Mannschaft ab.

Favre hatte also viel häufiger als Klopp die freie Auswahl unter seinen favorisierten Spielern. Und wenn der BVB am Sonntagabend die Gladbacher empfängt, droht neben dem frisch verletzten Mats Hummels ein weiterer, für Klopp kaum zu ersetzender Spieler schon wieder auszufallen: der grippekranke Marco Reus.

Die unterschiedlichen Werte liegen auch an der Belastungs-Historie beider Teams. Die Gladbacher hatten in der vergangenen Saison keine Europapokalspiele, und sie absolvierten auch weniger Länderspiele. Momentan allerdings relativiert sich dieses Ungleichgewicht des Aufwands. Während die Dortmunder in dieser Saison bislang 17 Pflichtspiele absolviert haben, kommen die Gladbacher schon auf 18. Sie mussten sich gegen Sarajevo nämlich erst einmal für die Europa League qualifizieren.

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In dieser Europa League haben die Gladbacher am Donnerstag im zyprischen Limassol 2:0 gewonnen und führen ihre Gruppe nun an. Dortmund liegt in seiner Champions-League-Gruppe nach dem 4:1 gegen Galatasaray Istanbul ebenfalls vorne. International repräsentieren beide in diesem Herbst den deutschen Fußball gut. Doch den vier Siegen in der Champions League steht beim BVB die Schreckensbilanz im nationalen Spielbetrieb entgegen.

So könnte man der Borussia vom Niederrhein am Sonntag sogar eine leichte Favoritenrolle zuschieben. Innenverteidiger Martin Stranzl, als einziger Gladbacher in allen 18 Pflichtspielen dieser Saison in der Startelf, hält die Konstellation jedenfalls für aussichtsreich: "Die Dortmunder kennen eine solche Situation nicht - das müssen wir zu unserem Vorteil nutzen." Für Berti Vogts, den früheren Bundestrainer und Gladbacher Meisterspieler aus den 70ern, tritt Trainer Lucien Favre ein historisches Erbe an. "Favre ist der neue, moderne Weisweiler. Obwohl er noch keinen Titel gewonnen hat, setze ich ihn auf eine Stufe mit Hennes Weisweiler und Udo Lattek", sagte Vogts im WDR 2 in der Sendung "Liga Live".

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