Doping in der Fußball-Bundesliga:"Ich weiß: Es wurde gedopt"

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Zahlreiche frühere Fußballprofis berichten über Dopingpraktiken in ihrer aktiven Zeit. Nun spricht der ehemalige Stürmer Dieter Schatzschneider erschreckend offen über medizinische Hilfsmittel in der Bundesliga. Namen nennt allerdings auch er nicht.

Doping im Fußball, bis vor wenigen Wochen war es ein Tabuthema, über das niemand sprach. Doch langsam kommt auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht darum herum, zu diesem Thema eine Haltung zu entwickeln. Immer mehr ehemalige Fußballer berichten über Dopingpraktiken in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren.

Die erschütterndsten Details hat nun der frühere Bundesliga-Stürmer Dieter Schatzschneider offengelegt. "Ich habe es nicht genommen, aber ich weiß: Es wurde gedopt", sagte Schatzschneider dem Radiosender NDR Info: "Ich weiß das noch ganz genau. Mir soll keiner erzählen, dass das nicht bekannt war mit dem Captagon. Da müssten ja alle im Westen völlig verblödet sein."

Durch die Einnahme von Captagon können Leistungen auf hohem Niveau länger aufrechterhalten werden, weil der Körper seine eigenen Schutzmechanismen ausschaltet. Captagon steht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada).

Dopingdebatte in Deutschland
:Schusters verstörende Logik

Bernd Schuster sorgt mit einer Äußerung für Aufsehen: Der Fußballtrainer argumentiert ernsthaft, es sei gar kein Doping, wenn man einen Fußballer mit Trainingsrückstand auf Normalform zurückdopt. Mit seiner Meinung steht Schuster nicht einmal alleine da.

Von Boris Herrmann

Schatzschneider ist kein kleines Licht der Bundesliga gewesen, er spielte in den Siebzigern und Achtzigern unter anderem für Hannover 96, Schalke 04 und den Hamburger SV. Heute ist er als Berater für Hannover tätig. Erschreckend offen berichtet er von den angeblichen Praktiken mit dem Aufputschmittel. "Das haben Fußballer halt damals genommen", erklärt Schatzschneider: "Die flogen manchmal durch den Bus, die flogen manchmal unter der Toilette durch. Die waren überall die Viecher."

Der frühere Torjäger bekräftigte, die Profis hätten das Präparat bewusst genommen. Er selbst habe sich jedoch geweigert: "Das haben die Spieler eigenverantwortlich genommen, weil sie meinten, sie wären dadurch leistungsbereiter und könnten länger laufen. Für meine Spielweise, habe ich entschieden, lohnt sich das nicht." Namen nannte Schatzschneider - wie auch andere Kollegen, die über Doping im Fußball sprechen - jedoch nicht.

Allofs erklärt das Gegenteil

Zuvor hatten sich frühere Profis wie Franz Beckenbauer, Bernd Schuster und Paul Breitner an leistungssteigernde Mittel in ihrer aktiven Zeit erinnert. "Es wäre vermessen, wenn wir Fußballer sagen würden, dass das Thema Doping, und ich rede von 1986/87, also von den Jahren, in denen ich ein bisschen was mitbekommen habe, keines war", sagte Breitner bei Servus-TV.

Brisant waren auch die Einlassungen von Weltmeister Beckenbauer. Angebliche "Vitaminspritzen" habe er zu seiner aktiven Zeit bekommen, erklärte Beckenbauer im ZDF-Sportstudio: "Keine Ahnung. Der Doktor hat gesagt: Das ist eine Vitaminspritze." Den Ärzten hätten er und andere Profis damals blind vertraut.

Nicht alle früheren Profis schließen sich dieser Meinung an. Etwa Klaus Allofs, früherer Bundesligaspieler und heute Geschäftsführer des VfL Wolfsburg. "Ich bleibe lieber bei der Wahrheit und die lautet: Es wurde nicht gedopt", erklärte Allofs am Donnerstag. Seine Karriere verlief nahezu zeitgleich mit der von Schatzschneider.

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