DFB-Pokal:BVB ist erst im Elfmeterschießen cool

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Beim Achtelfinalsieg gegen Hertha BSC lässt Dortmund sträflich viele Chancen aus. Nach dem Eklat gegen Leipzig ist die Stimmung im Stadion demonstrativ friedfertig.

Von Philipp Selldorf, Dortmund

Der ewige Traum von Hertha BSC aufs Pokalfinale im eigenen Stadion hielt am Mittwochabend bis zum Elfmeterschießen, bis um 23.26 Uhr, dann war er wieder einmal ausgeträumt in einem Achtelfinale des DFB-Pokals - als Salomon Kalou seinen Elfmeter übers BVB-Tor schoss. 120 Minuten hatten die Berliner im Dortmunder Westfalentempel dem Druck der Borussia mit vereinten Kräften standgehalten, und als die erste Hälfte der Verlängerung aufs Ende zuging, wähnten sie sich sogar m Besitz eines Sondervorteils: Nachdem BVB-Trainer Thomas Tuchel mit der vierten Auswechslung - André Schürrle ersetzte Marco Reus - sein Kontingent erschöpft hatte, musste er vorübergehend in Unterzahl auskommen.

Der überragende Ousmane Dembélé war auf einer Trage vom Feld getragen worden, kehrte aber zum Wiederanpfiff auf wundersame Weise zurück. Und trat dann auch noch beim Elfmeterschießen an: er erzielte die Dortmunder Führung - als Glücksbringer wie schon beim Dortmunder Erfolg im Elfmeterschießen in Runde zwei gegen die andere Berliner Mannschaft: den 1. FC Union.

Dortmunds Sokratis fliegt in der vorletzten Minute vom Platz

Drei Stunden zuvor herrschte ungewöhnliche Ruhe im Stadion. Borussia Dortmund verzichtete aus gegebenem Anlass diesmal auf Kirmesstimmung vor dem Anpfiff und sendete stattdessen statt der üblichen lautstarken Hits melancholische Oldies aus dem historischen Plattenschrank sowie eine moralische Botschaft an die Anhänger. Kapitän Marcel Schmelzer richtete via Videobildschirm nachdenkliche Worte an den leidenschaftlichen Kern des Publikums, in dessen Reihen die Urheber der Exzesse vermutet werden.

"Wir Spieler waren und sind sehr entsetzt und traurig darüber, was dort passiert ist. Denn so etwas kennen wir gar nicht von euch", sagte er und stellte klar: "Am Samstagabend sind Menschen zu Schaden gekommen. Das verurteilen wir als Mannschaft, wir verurteilen komplett Gewalt gegen andere." Auf den Rängen wurde die Ansprache mit Beifall zur Kenntnis genommen. Zeichen des Bedauerns gab es auch: Plakate auf der Südtribüne wendeten sich gegen Gewalt, allzu zahlreich waren diese Äußerungen aber nicht.

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Den Fußballern war ohnehin keine Beklommenheit anzumerken, nachdem die Partie durch Schiedsrichter Deniz Aytekin eröffnet worden war. Borussia Dortmund spielte mit der Elf, die am Samstagabend gegen Leipzig 1:0 gewonnen hatte, die Hertha kam mit dem Junioren-Nationalspieler Mittelstädt anstelle des erkrankten Plattenhardt. Die Hausherren starteten standesgemäß dominant, die Berliner hielten gewohnt kompakt dagegen, begnügten sich aber nicht damit, das eigene Tor zu verriegeln. So war es auch die Hertha, die die erste Torchance hatte. Ibisevic fing ein heftig missratenes Zuspiel von Sokratis ab und rannte geradewegs auf Dortmunds Torwart Bürki zu, doch auf dem langen Weg verlor er zu viel Zeit - Sokratis konnte gerade rechtzeitig seinen Fehler wiedergutmachen und klären.

Wie am Samstag gegen Leipzig tat sich bei den Borussen auch diesmal Dembélé in der Rolle des Zuarbeiters aus dem Mittelfeld hervor. Mit seinen schnellen Bewegungen und seiner famosen Technik überforderte er, zumindest bis zu seiner Muskelverletzung in der Verlängerung, die Berliner Abwehrreihe, beispielhaft in der 14. Minute, als er mit einem eleganten Seitenkick Pierre-Emerick Aubameyang steil schickte. Doch der Mittelstürmer legte sich den Ball zu weit vor, als er Jarstein zu umkurven versuchte. Der Hertha-Torwart vereitelte zwei Minuten später auch die nächste Dortmunder Chance, wieder durch Aubameyang.

Danach beruhigte Hertha das Spiel und holte erfolgreich zu Gegenschlägen aus. Den ersten setzte Ibisevic, der zurzeit ein wenig Ladehemmung hat, noch vorbei. Zwei Minuten später mogelte sich jedoch der clevere Kalou in Position und verwertete die Halbfeld-Flanke von Stark zum 1:0 - ein weiteres Zeugnis der Abwehrprobleme, das die Dortmunder durch die laufende Saison begleitet.

Die Berliner Festung wankt

Die nicht unverdiente Berliner Halbzeitführung veranlasste Thomas Tuchel zu einem Doppelwechsel. Die Außenverteidiger Schmelzer und Piszczek räumten ihre Plätze, Pulisic und Ginter kamen - und der BVB schaltete umgehend auf beschleunigte Offensive. Das Resultat folgte sogleich: Nach kaum drei Minuten gelang Reus, der Schmelzers Kapitänsbinde übernahm und davon in der zweiten Hälfte sichtlich beflügelt wirkte, im Zuge eines Dauerfeuers auf Jarsteins Tor der Ausgleich. Für die Berliner wurde es nun ziemlich ungemütlich. Die Borussia, Dembélé allen voran, drängte auf die Führung und kam zu einer Reihe von guten Gelegenheiten, während Hertha nur noch selten die Mittellinie überquerte.

Die Berliner Festung wankte bis zum Elfmeterschießen unter dem ständigen Ansturm des BVB, aber sie fiel nicht - was vor allem daran lag, dass die Dortmunder Schützen in ihrem Eifer die nötige Coolness vermissen ließen. Die zeigten sie erst im Elfmeterschießen, als Dembélé, Castro und Aubameyang (der als vierter Dortmunder an diesem Abend die Kapitänsbinde trug) sicher verwandelten.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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