TSV 1860 München im DFB-Pokal:Völlig unterlegen beim Drittligisten

SF Lotte - TSV 1860 München

Enttäuschte Profis des TSV 1860 München in Lotte.

(Foto: dpa)

Der TSV 1860 München blamiert sich im DFB-Pokal bei den Sportfreunden Lotte. Der Spielstil von Trainer Pereira missrät, Ribamar sieht auch noch Rot.

Von Ulrich Hartmann, Lotte

Volle! Lotte! Das schreien die Fußballfans am Rande des Teutoburger Waldes, wenn ihre Sportfreunde ein Tor schießen. Und im Pokal schreien sie das mit besonderer Begeisterung. Nach den beiden Bundesligisten Werder Bremen und Bayer Leverkusen haben die Drittliga-Fußballer aus dem westfälischen Städtchen Lotte am Mittwochabend auch den Zweitligisten TSV 1860 aus dem Wettbewerb eliminiert. Die allzu harmlosen Sechziger waren bei der 0:2 (0:1)-Niederlage im Achtelfinale nie in der Lage, den galligen Gastgebern, die erstmals im Viertelfinale stehen, auf tiefem, matschigem Boden ein ebenbürtiges Duell zu liefern. Mit ihrem missratenen Kick-and-Rush gewannen die Sechziger weder Raum noch Spiel.

Münchens neuer Trainer Vitor Pereira, 2015 immerhin griechischer Pokalsieger mit Olympiakos Piräus, muss sich mit seinem Team nun auf die zweite Liga konzentrieren. "Das war ein Kampf gegen den Gegner und gegen den Rasen", sagte er und erkannte den "verdienten Sieg für Lotte" vollumfänglich an. "Wir sind eigentlich gut ins Spiel gekommen, haben versucht, auf diesem Rasen zu spielen, allerdings war das überhaupt nicht einfach, und nach dem ersten Gegentor hatten wir dann noch mehr Schwierigkeiten."

100 freiwillige Helfer haben den dick zugeschneiten Rasen vom Eis befreit

Außerhalb des Stadions werden Gäste in Lotte eigentlich durchaus umsorgt. "Lotte ist ein perfekter Ort, um der städtischen Hektik zu entfliehen", steht im Werbeprospekt der 14 000-Seelen-Gemeinde im Tecklenburger Land. Die Löwen hatten in den vergangenen Wochen nun ganz gewiss einen Grad der Hektik erreicht, den man mindestens städtisch nennen darf. Dieser Hektik wären sie in der ländlichen Idylle im nördlichsten Westfalen gern entflohen, allerdings war so ein Pokalspiel auf so miserablem Boden dazu nicht angetan.

Vom Eise befreit hatten etwa 100 freiwillige Helfer im Laufe des Mittwochs den nachts zuvor dick zugeschneiten Rasen. Erst eineinhalb Stunden vor Beginn gab Schiedsrichter Christian Dingert sein Okay zum Anpfiff auf eher braunem als grünem Untergrund. Der Rasen in Lotte gilt ohnehin als einer der herausforderndsten im deutschen Profifußball, unter solchen Bedingungen aber entwickelte sich erst recht ein technisch nicht allzu kunstfertiges Duell. Pereira bot wieder ein 3-4-3 auf, nahm nach der 1:2-Niederlage in Bielefeld aber vier neue Männer in die Startelf: Jan Mauersberger in der Abwehrkette, Filip Stojkovic und Michael Liendl im Mittelfeld sowie Stefan Aigner auf dem offensiven Flügel.

Mit langen Bällen versuchten die Münchner dem Ball im Mittelfeld möglichst wenig Kontakt mit dem unberechenbaren Untergrund zu gewähren. Sebastian Boenisch, Torwart Stefan Ortega und Liendl schlugen die Kugel stets weit nach vorne, allerdings ergab sich daraus kaum eine Torchance. Und das größte Problem: Weil sich im Mittelfeld kaum ein Löwe zur Ballzirkulation aufhielt, hatten die Lotter bei Balleroberung hier besonders viel Platz. Ihr Stürmer Kevin Freiberger lief über rechts wiederholt mit viel Raum auf Sechzig-Verteidiger und Kapitän Jan Mauersberger zu. So auch in der 28. Minute: Mauersberger hinderte Freiberger nicht am Torschuss aus vollem Lauf, Ortega parierte zwar, doch am linken Pfosten wartete Lottes Jaroslaw Lindnder und drosch den Ball aus spitzestem Winkel zum 1:0 unter die Latte.

Ribamar sieht Rot

Mit Levent Aycicek für den gelb-rot-gefährdeten Aigner wollten die Löwen nach der Pause mehr Druck aufbauen, aber das gelang überhaupt nicht. Im Gegenteil. Lotte hatte noch mehr vom Spiel, häufiger den Ball und die besseren Chancen. Es wirkte tatsächlich so, als fühlten sie sich auf dem matschigen Boden wohl. Erkennbar war bei den Münchnern nach einer knappen Stunde allenfalls eine gewisse Wut, die offenbar aus der Unkontrollierbarkeit von Ball und Gegner erwuchs.

Diese Wut steigerte sich noch erheblich, nachdem Lottes Freiberger in der 58. Minute das 2:0 erzielt hatte, denn er erlief den Steilpass in abseitsverdächtiger Position. Doch der Treffer behielt zurecht seine Gültigkeit. Damit nahm die Löwen-Blamage ihren Lauf. "Wir ham die Schnauze voll", brüllten die mehr als Tausend Münchner Fans auf der Gegentribüne. "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!", spotteten die Zuschauer westfälischer Provenienz. Ihre Lotter hatten noch bessere Chancen aufs dritte Tor als die Münchner aufs erste.

In der Nachspielzeit sah der eingewechselte Ribamar nach einem an eine Tätlichkeit erinnernden groben Foul gar noch die rote Karte. "Das darf ihm nicht passieren", schimpfte Pereira. Die Löwen waren nun endgültig bedient. Pereira blickte dennoch hoffnungsvoll nach vorne. "Wir müssen weiter arbeiten und konzentrieren uns jetzt auf die Liga."

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