DFB-Länderspiele im Juni:Fußballspielen in den Ferien

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Im Juni beim DFB wohl dabei: Bastian Schweinsteiger (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
  • Im Juni stehen zwei Länderspiele an - und die stellen Joachim Löw vor Probleme. Welche Nationalspieler beordert er aus dem Urlaub zurück?
  • Es werden eher Bastian Schweinsteiger oder Ilkay Gündogan im Flugzeug nach Faro sitzen als Spieler wie Thomas Müller.

Von Christof Kneer

In Faro an der Algarve lässt sich wunderbar Urlaub machen, selbst wenn man kein Engländer ist, nicht Golf spielt und über keine karierte Hose verfügt. Experten empfehlen den Juni als besonders angenehme Reisezeit, im Juni kann man an der Algarve nicht viel falsch machen. Außer eben, man macht es wie Joachim Löw.

Dieses Szenario empfehlen Experten eher nicht: die freie Zeit im kühlen Deutschland zu verbringen, und dann im Juni zum Arbeiten nach Faro zu reisen.

Der Fußball-Bundestrainer Löw hat zuletzt mehr freie Zeit gehabt, als einem jungen, arbeitswilligen Mann gut tun kann, er hätte die Zeit viel lieber mit vier bis sechs Länderspielen und 99 Trainingseinheiten gefüllt, aber der Fifa-Terminkalender hat Europas Nationaltrainer im ersten Halbjahr 2015 zu Teilzeitkräften heruntergestuft, bei vollem Gehalt immerhin. Ein Testspiel (gegen Australien) und ein EM-Qualifikationsspiel (in Georgien) im März, mehr gab es für Löw in den ersten Monaten des Nach-WM-Jahres nicht zu coachen, und so hat der junge Mann versucht, sich mit der Betrachtung von Fußballspielen sowie diversen Workshops in Form zu halten.

In der kommenden Woche, vor dem DFB-Pokalfinale, hat Löw wieder einen Workshop angesetzt, in Berlin trifft er sich mit seinem Trainerstab. Es geht unter anderem darum, wie er im Juni in Faro Fußball spielen lassen will - und mit wem.

Der 13. Juni wird die groteske Pointe unter dieses Halbjahr. Zwar darf Löw dann endlich wieder arbeiten, aber er muss dazu Arbeitnehmer zum Dienst verpflichten, die eigentlich schon im Urlaub sind. Am 23. Mai endet die Bundesliga - und mehr als zwei Wochen später, am 8. Juni, wird Löw seine Nationalspieler aus einem einleuchtenden Grund wieder einbestellen: weil seine Nationalelf auch bei den Spielen in Köln (10.6., Test gegen die USA) und Faro (13.6., EM-Qualifikation gegen Gibraltar) aus mindestens elf Mann bestehen sollte.

Das Ausscheiden des FC Bayern in DFB-Pokal und Champions League hat der grotesken Halbjahrespointe eine noch groteskere Zusatzpointe hinzugefügt. Zwar wäre es nicht leicht gewesen, im Champions-League-Finale besiegte Münchner wieder wettbewerbstauglich herzurichten, und genauso wenig wäre es leicht gewesen, im Champions-League-Finale siegreiche Münchner wieder auszunüchtern. Aber all das hätte Löw gern in Kauf genommen, verglichen mit jenem Szenario, das ihm nun droht. Er muss erschöpfte Bayern erst in den dringend nötigen Urlaub lassen, um sie dann nach zwei Wochen aus dem dringend nötigen Urlaub zurückzupfeifen.

"Wir haben mit den Vereinen Kontakt aufgenommen, und mit deren Informationen wird unser DFB-Athletiktrainer für jeden Spieler einen individuellen Trainingsplan für den Urlaub erstellen", sagt Löws Assistenztrainer Thomas Schneider. Die Situation sei "für keinen ideal", erklärt Schneider, "denn die ersten zwei Urlaubswochen sind für die Spieler eigentlich besonders wichtig, um mal runterzufahren".

Man kann sich vorstellen, dass inzwischen die stille Diplomatie angelaufen ist. Die Vertreter von Verband und Vereinen machen gerade die Einzelfallprüfung, sie gehen miteinander die Namen durch und wägen ab, welche Spieler sie in der Urlaubszeit ins Nationaltrikot stecken sollen und welche nicht. Erleichtert werden die Debatten immerhin dadurch, dass diesmal die Schuldfrage entfällt. "Grundsätzlich muss man sich über den Fifa-Terminkalender dringend Gedanken machen, wir sind dabei, das Rad ein bisschen zu überdrehen, die Spieler haben irgendwann ihre Belastungsgrenze erreicht", sagt Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, "aber für diesen Juni-Termin kann der DFB überhaupt nichts."

Seit der Europaverband Uefa seine EM-Qualifikationsspiele "weeks of football" nennt und zentral vermarkten lässt, haben die Nationalverbände ihren Einfluss auf die Termingestaltung verloren. Früher hat der DFB nach den Qualifikations-Auslosungen seine Gruppengegner immer nach Frankfurt zu einem schönen Arbeitsessen eingeladen, und dann hat der DFB-Teammanager Oliver Bierhoff mit den Kollegen aus Kasachstan, Österreich oder sonstwo festgelegt, wer an welchem Termin im Rahmenterminkalender ein Heimspiel hat, wer an welchem Doppelspieltag ran muss und wer sich den ungeliebten Juni-Termin sparen darf.

Oft kam es dann so, dass sich der freundliche Gastgeber aus Deutschland den ungeliebten Juni-Termin sparen durfte.

Joachim Löw wird den Kader für die Juni-Länderspiele erst nach dem 34. Bundesliga-Spieltag herausgeben, aber man darf davon ausgehen, dass er nicht alle Stamm- und auch nicht alle Bayern-Spieler anfordern wird. Noch hat er die Einzelfallprüfung nicht abgeschlossen, aber grundsätzlich wird er eher Bastian Schweinsteiger oder Ilkay Gündogan ins Flugzeug nach Faro setzen als Spieler wie Thomas Müller. Schweinsteiger und Gündogan haben in dieser Saison noch nicht so viele Bonusmeilen in den Beinen, während Müller seinen Akku doch recht leer gelaufen hat.

Löw kann sich auch nicht mit U21-Spielern behelfen

Für den Bundestrainer kommt erschwerend hinzu, dass er auch den U21-Talenten kein Upgrade für Faro in Aussicht stellen kann, sie werden von Juniorentrainer Horst Hrubesch parallel für die U21-EM in Tschechien benötigt. Löw wird trotz der Personalnöte versuchen, den Bundesliga-Vereinen entgegenzukommen, er wird seinen Kader recht klein halten und die Kann-Stärke von 23 kaum ausnutzen.

Der deutsche Fußball weiß, dass er zusammenhalten muss in diesem Sommer, die nächsten Sommer werden hart genug. Nicht nur, dass die Vereine 2016 und 2018 ihre besten Spieler für EM- und WM-Turniere abstellen müssen. Deutschland ist als Weltmeister auch für den Confed Cup im Sommer 2017 in Russland qualifiziert.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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