DFB-Elf:Halstenberg profitiert vom Linksverteidiger-Casting

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Marcel Halstenberg: Mit 26 Jahren doch noch in die Nationalmannschaft gerutscht (Foto: dpa)
  • Linksverteidiger Marcel Halstenberg feiert beim Länderspiel gegen England in London sein Debüt für das DFB-Team.
  • Der Bundestrainer spricht ihm auf der Pressekonferenz vor dem Duell als einzigem Spieler eine Garantie aus, von Anfang an zu spielen.
  • Vor allem auf Halstenbergs Position herrscht im DFB-Team ein Mangel.

Von Christopher Gerards

Für Marcel Halstenberg ging nun doch alles recht schnell. Am Mittwoch hatte er es auf Instagram noch als "Ehre" bezeichnet, sein erstes Training mit der DFB-Elf zu absolvieren. "Unfassbar glücklich" sei er, schrieb er, ein "Kindheitstraum" sei nun "Wirklichkeit". Am Donnerstag erfuhr er dann, dass er es nicht bei dem Training bleiben wird: Bundestrainer Joachim Löw berief ihn in die Startelf gegen England.

Spielt Mario Götze von Anfang an? Startet womöglich Ilkay Gündogan? Wird das DFB-Team mit Dreierkette spielen oder doch lieber mit Vierer- oder Fünferkette? All diese Fragen ließ Löw in der Pressekonferenz vor dem Testspiel offen, er werde er sich abends noch ein paar Gedanken mit seinem Trainerteam machen, sagte er. Nur eine konkrete Aussage zur Aufstellung machte er, und diese Aussage handelte von Marcel Halstenberg: "Den plane ich von Anfang an jetzt einfach mal ein", sagte Löw, "das mache ich auf jeden Fall."

Halstenberg hat in seiner Karriere einige Umwege genommen. Es ist jedenfalls nicht die Norm, dass ein Spieler erst mit 26 sein Länderspiel-Debüt gibt (auch wenn zuletzt Larst Stindl mit 28 und Sandro Wagner mit 29 ihr erstes Spiel gemacht haben). Halstenberg durchlief diverse Jugend-Teams von Hannover 96, er wechselte zu Borussia Dortmund II, stand sogar mal im Kader der ersten Mannschaft, allerdings ohne zu spielen. Er ging zum FC St. Pauli, 2015 wechselte er zu RB Leipig, wo er nun neben Timo Werner und Diego Demme der dritte DFB-Spieler ist. Sein größter Vorteil, obwohl er erst mit 26 berufen worden ist: Halstenberg ist Linksverteidiger.

"Den einen oder anderen Spieler in der Breite zu wenig"

Wer spielt links hinten? Die Frage begleitet Löw in seiner Funktion als Bundestrainer seit Jahren. Diverse Spieler hat er schon gecastet, Benedikt Höwedes bei der WM 2014, Erik Durm, einmal Yannick Gerhardt, zuletzt Marvin Plattenhardt. Eigentlich hatte sich der Kölner Jonas Hector auf der Position festgespielt, nun aber fehlt er wochenlang mit einem Syndesmosebandriss.

"Ziel muss sein, dass man alle Positionen doppelt besetzt", hat Löw auf der Pressekonferenz am Donnerstag gesagt und angefügt: "Wir haben ja auf manchen Positionen eine Überzahl an sehr guten Spielern, auf anderen Positionen den einen oder anderen Spieler in der Breite zu wenig." Was er offenbar meinte: auch auf den Außenverteidiger-Positionen. Schon nach dem WM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland in Belfast hatte Löw über dieses Thema gesprochen, außer Joshua Kimmich müssten die Außenverteidiger "reifen". Was so interpretiert werden konnte, dass er von Marvin Plattenhardt - der durchgespielt hatte - nicht so richtig überzeugt war. Also castet Löw einen weiteren Linksverteidiger: Marcel Halstenberg.

"Er ist physisch sehr stark, kopfballstark, hat aber auch ein gutes Spielverständnis, auch eine gute Offensivkraft, hat international jetzt auch gespielt", sagte Löw am Donnerstag. Die Frage ist, ob das reicht, um nicht nur in einem Testspiel gegen England anzutreten, sondern auch zu den Kandidaten für die WM 2018 zu gehören. Einiges spricht dafür, dass es eher schwierig wird. Halstenberg hat kein einziges Qualifikationsspiel bestritten. Er hat erst 39 Mal in der Bundesliga gespielt. Und der Kandidatenkreis fürs Turnier 2018 umfasst wohl gut 40 Spieler.

Als "Testlauf für manche Spieler" hat Löw die nun anstehenden Freundschaftsspiele bezeichnet (erst gegen England und Frankreich, im Frühjahr 2018 gegen Spanien und Brasilien). Er wolle "vor allem Richtung Turnier, nicht nur diejenigen sehen, die viel spielen". Weshalb nun also Marcel Halstenberg sein erstes Länderspiel macht: "Wenn er mit dabei ist, würde ich ihn gerne in einem Spiel von uns sehen."

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