Deutschland im Achtelfinale der Fußball-WM:Beide weiter - Schwamm drüber

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Handschlag, Freude, weiter geht's: Jürgen Klinsmann und Joachim Löw nach dem 1:0 der DFB-Elf gegen die USA (Foto: Getty Images)

Mögen die bösen Geister von Gijón ruhen: Beim 1:0 gegen die USA beweist die deutsche Elf, dass sie aus der Geschichte gelernt hat. Neue Bilder für den WM-Historienfilm liefert die zähe Partie aber kaum.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Gut, dass es heute allerorten funktionierende Drainagen gibt. So war die erste historische Assoziation schnell verflossen, die sich umgehend einstellte, als man vor Anpfiff die Bilder der überfluteten Straßen von Recife sah. Jene WM-Erinnerung an 1974, die Wasserschlacht von Frankfurt, nach der sich die Polen beschwerten, die Feuerwehrleute hätten Anweisung gehabt, nur die polnische Hälfte mit ihren Wasserwalzen zu bearbeiten. In der deutschen Hälfte aber hätten die Pfützen gestanden, um die Angriffe der Polen zu bremsen.

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:Wacker durch die Wasserschlacht

Regen von oben, Flanken von rechts, Müller in der Mitte: Deutschland zieht durch ein schwer erkämpftes 1:0 gegen die USA als Gruppensieger ins WM-Achtelfinale ein. Das einzige Tor erzielt Thomas Müller mit einem trockenen Distanzschuss - am Ende kann sich auch Jürgen Klinsmann freuen.

Weil aber die Drainage von Recife eine Seenplatte verhindert hat, wurde mehr und mehr die zweite historische Assoziation stärker, nämlich jene unselige an die Vorfälle von 1982 in Gijón.

Sicher, Löw und Klinsmann haben nicht miteinander telefoniert, aber so eine WM-Erinnerung an den Nichtangriffspakt zwischen Deutschen und Österreichern, zum Schaden damals der Algerier, wird halt automatisch präsenter, wenn das Spiel sich wie in Recife weigert, Fahrt aufzunehmen. Wenn der Gedanke sich Bahn bricht, solange dieses 0:0 hält, sind eben beide im Achtelfinale.

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:"Wir wollen unbedingt Weltmeister werden"

Mesut Özil gibt sich mit dem Achtelfinaleinzug nicht zufrieden. Bundestrainer Löw ärgert sich über verpasste Chancen. US-Coach Jürgen Klinsmann sieht bei seiner Mannschaft noch Steigerungspotential.

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Vor einem solchen Gedanken ist niemand gefeit, zumal er sich von Minute zu Minute verstärken kann, da die Uhr gegen die 90 dreht. Da die Bälle nicht präzise geschoben werden, weil doch der eine oder andere Tropfen bremst. Die deutsche Elf hat es vor allem vor der Pause versäumt, mit Tempowechseln die Amerikaner zu irritieren, da hat sich purer Ballbesitz ohne Zielstrebigkeit zum Selbstzweck reduziert. Und je länger dieser Abtastfußball mit reduzierter Ambition voranschreitet, kommt halt der andere Film, jener von Gijón 1982, immer stärker in die Kopfkinos des Publikums.

Bis zur 55. Minute, bis zu dem Augenblick, in dem Thomas Müller dem Spuk ein Ende bereitete. Ein Schuss wie ein Strich, als ginge im Kino plötzlich das Licht an. Neue Bilder für den WM-Historienfilm hat diese 90-Minuten-Dusche kaum geliefert. Anders als das 4:0 gegen Portugal, das 2:2 gegen Ghana. Der folgende Sieg von Löw im Duell mit Klinsmann, seinem einstigen Chef, taugt zu keiner Kolportage. Trotzdem sind beide weiter. Schwamm drüber.

© SZ vom 27.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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