Deutsches Aus bei der Handball-EM:Weit besser als befürchtet

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Überzeugenden Handball spielte Deutschland bei dieser EM selten - trotz der verpassten Olympiaqualifikation verlief das Turnier aber besser, als viele prognostizierten. Eine Diskussion um Bundestrainer Martin Heuberger ist deshalb wenig zielführend. Auch weil der Abstand zur Weltspitze messbar ist.

Carsten Eberts

Als Gruppenerster in die Zwischenrunde, gute Chancen auf das Halbfinale, am Ende fehlten nur zwei Tore zur Olympiaqualifikation: Wer den deutschen Handballern vorab einen solchen EM-Verlauf prognostiziert hätte, wäre für verrückt erklärt worden.

In guter Gesellschaft: Pascal Hens (links) und Bundestrainer Martin Heuberger. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Auch wenn das EM-Aus gegen Polen äußerst knapp war und das erstmalige Verpassen eines olympischen Handballturniers besonders bitter ist: Die EM ist für die deutschen Handballer besser verlaufen als erwartet. Auf dem vermeintlichen Tiefpunkt dieser Handball-Generation gelangen gegen Schweden oder Serbien überraschende Auftritte, am Ende fehlten gegen Polen, ebenfalls ein Team aus der erweiterten europäischen Spitze, nur Nuancen zum Halbfinaleinzug.

Deutschland hat derzeit keine goldene Generation, wie 2007, als man im eigenen Land Weltmeister wurde. Damit muss man sich abfinden. Auch für die kommenden Jahre sind Titel bei großen Turnieren kaum in Reichweite. Die Handballer, die Bundestrainer Martin Heuberger mit nach Serbien nahm, sind die besten, die Deutschland derzeit hat. Nur wenige Positionen sind überragend besetzt, viele andere dafür nur leicht überdurchschnittlich.

Und: Es ist nicht so, dass frische, hungrige Jugendspieler vehement nachdrängen. Heuberger muss mit dem bescheidenen Erbe arbeiten, das ihm vermacht wurde. Durch das verpasste Olympiaturnier hat er nun ein ganzes Jahr Zeit, punktuell junge Spieler zu integrieren. Vor allem im Rückraum, wo die deutsche Mannschaft am dringendsten frisches Personal braucht.

Diese Perspektive dürfte Heuberger den Job als Bundestrainer retten. In Serbien überzeugte er mit richtigen Entscheidungen; dass Deutschland am Ende Siebter wurde (und damit besser als bei den vergangenen Turnieren), ist auch sein Verdienst. Nun kann er seine eigentliche Stärke ausspielen: junge Spieler formen, wie zu seiner Zeit als Junioren-Trainer. Damals bewies Heuberger, dass er junge Handballer entwickeln, ihre Stärken ausarbeiten, sie stetig verbessern kann. 2009 und 2011 wurde Deutschland unter ihm Junioren-Weltmeister.

Mit dieser Perspektive sind die deutschen Handballer in Europa nicht allein. Denn auch andere Nationen haben Probleme: Es ist eine seltsame EM, mit überraschenden Ergebnissen, mit Schwächen der Favoriten: Die Dänen etwa, die nur durch die deutsche Niederlage in letzter Sekunde ins Halbfinale rutschten, auch die Kroaten spielen wenig imposant. Sogar die Franzosen, denen nach vier großen Titeln in Serie ein Umbruch bevorsteht. Ein Überteam gibt es derzeit nicht, einzig die starken Spanier scheinen ein wenig voraus zu sein. Die Deutschen sind mit ihrer mittelmäßigen Mannschaft in guter Gesellschaft.

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