Neuer BVB-Trainer Tuchel:Bereit für eine eigene Erfolgsära

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  • Thomas Tuchel wird bei Borussia Dortmund als neuer Trainer vorgestellt.
  • Am liebsten würde er nach seiner einjährigen Pause sofort mit dem Training beginnen.
  • Sein Start in die Post-Klopp-Zeit wird durch Länderspiele, Asienreise und Europa-League-Qualifikation allerdings erschwert.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Um exakt 12:06 Uhr betrat Thomas Tuchel den Raum im Dortmunder Stadion, in dem er von Sommer an regelmäßig Auskunft geben wird über das, was er mit seinem neuen Verein plant oder gerade erst erlebt hat. Als das Blitzlichtgewitter vorüber war und sich Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc zur wichtigsten Personalie des börsennotierten Fußball-Unternehmens Borussia Dortmund geäußert hatten, hatte der Trainer das Wort.

Tuchel saß auf dem Podium des Presseraums, er wirkte drahtig wie ein Langstreckenläufer, sein Blick hellwach, seine Ansprache energisch und unmissverständlich. Wenn seine Mannschaft auf dem Rasen ähnlich zielstrebig agiert wie der Trainer formuliert, dann muss sich der BVB um die Zukunft keine Sorgen machen. Sein Klub habe nach dem verlorenen Pokalfinale ein paar Tage Zeit gehabt, "um die Wunden zu lecken", hatte Watzke berichtet: "Ab heute sind wir wieder im Kampfmodus."

Neuer BVB-Coach
:Tuchel fordert "Fleiß, Bescheidenheit und Mut"

Thomas Tuchel tritt erstmals als neuer Trainer von Borussia Dortmund auf. Er wirkt konzentriert und erklärt, wie er Jürgen Klopp nachfolgen will.

Der Trainer nahm die rhetorische Steilvorlage gerne auf und ging übergangslos in die Offensive: "Der BVB ist Herausforderer auf die Spitze in allen Wettbewerben, in denen er antritt." Diesen Anspruch will der neue Mann "mit Fleiß, Mut, Offenheit und Beharrlichkeit" verfolgen: "Ich will, dass die Teams vor uns das ständig spüren."

Die Rolle als Verfolger ist gewöhnungsbedürftig für einen Verein, der sich in den vergangenen Jahren stets als erster Jäger des Branchenprimus Bayern München definiert hatte. Die Kräfteverhältnisse haben sich in der für die Borussia gerade so problematisch verlaufenen Spielzeit allerdings verschoben. Tuchel sieht bei seinem Einstieg "einen Rückstand auf die ersten vier Teams aus München, Wolfsburg, Gladbach und Leverkusen". Den gelte es aufzuholen. Über den ewigen Dortmunder Rivalen Schalke 04 verlor er kein Wort.

Leicht wird es nicht, die Hierarchien wie gewünscht zu verschieben. Schließlich ist Tuchels Start alles andere als optimal. Bis Mitte Juni sind die Nationalspieler mit ihren Auswahlteams unterwegs, Anfang Juli geht der BVB auf Werbetour in Ostasien, Ende des Monats und Anfang August sind in der Europa-League-Qualifikation bereits die ersten Pflichtspiele anberaumt. Dem akribischen Arbeiter bleibt mit seiner neuen Mannschaft also wesentlich weniger Zeit auf dem Trainingsplatz als ihm lieb wäre. Tuchel spricht von einer "massiven Beeinträchtigung, wir gehen mit einem Rückstand ins Rennen". Daher bittet er um Geduld, die Aufbauphase mit seinem Team werde "bis weit in die Saison" dauern: "Wir müssen das strecken."

Mit Sicherheit hätte sich der Fußballlehrer bessere Startbedingungen gewünscht für eine Mission, die ohnehin schwer genug wird. Wie riesig der Schatten seines Vorgängers ist, weiß Tuchel genau. Er startet die Zeit nach der Ikone Jürgen Klopp, mit der "größtmöglichen Anerkennung für eine herausragende Trainerleistung. Jetzt werden wir versuchen, hier ein eigenes Kapitel zu schreiben."

Ob er will oder nicht, sein Vorgänger wird Tuchel noch eine ganze Weile begleiten. "Der Vergleich schadet der großartigen Erinnerung und erschwert die großartige Zukunft", schrieb der scheidende Trainer allen denjenigen ins Stammbuch, die sich näher mit dem Fußballverein Borussia Dortmund beschäftigen. Es war ein gut gemeinter Appell, mit dem er dem Kollegen ein wenig von der zentnerschweren Last von den Schultern nehmen sollte, die jedem aufgebürdet wird, der dieses Erbe antritt. Allerdings werden die warmen Worte nicht viel nutzen: Ab sofort wird Thomas Tuchel bei jedem Schritt an dem gemessen, was Jürgen Klopp in Dortmund an Spuren hinterlassen hat.

Der Anfang war schon mal vielversprechend. Vor sieben Jahren beeindruckte Klopp bei seiner Antrittsrede beim BVB, als er den Menschen der Stadt "Vollgasfußball" versprach. Nun vermittelte Tuchel mit einem starken Auftritt, dass er sich bereit fühlt, in Dortmund eine neue Ära zu prägen. Nach der selbst verordneten Auszeit von einem Jahr scheint der Vielumworbene voller Energie zu stecken und es kaum erwarten zu können, wieder loslegen zu dürfen. Dabei will er das Dortmunder Umfeld mitnehmen: "Ich will mich voll auf diesen Verein einlassen." Diese Power müsse "im Stadion jede Minute spürbar sein, in der wir auftreten".

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