Dämpfer in der Bundesliga:Dortmund geht die Puste aus

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Niederlagen gegen Arsenal und Wolfsburg, Kreuzbandriss bei Stammkraft Subotic: Borussia Dortmund ist erschöpft - und es droht ein Stimmungstief. Ausgerechnet jetzt steht das bisher wichtigste Saisonspiel an.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Neven Subotic gab die Diagnose aus dem Knappschafts-Krankenhaus gleich selbst bekannt. Auf seiner Facebook-Seite ließ er am Samstag kurz vor Mitternacht wissen: "Leider keine guten Nachrichten bezüglich meiner Verletzung." An zwei Stellen sei das Kreuzband gerissen. "Aber keine Sorge, ich komme stärker zurück", ergänzte Borussia Dortmunds Innenverteidiger - und setzte ein Smiley hinten dran. Als brauche der Leser mehr Aufmunterung als er selbst.

Die Stimmung im Restverein spiegelte der unerschütterliche Optimismus von Subotic allerdings nicht wider. In verbaler Eintracht hatten sich BVB-Sportmanager Michael Zorc ("Ein Scheiß-Tag") und Vorstandschef Hans-Joachim Watzke ("Heute Abend fühlt es sich scheiße an") nach dem 1:2 beim VfL Wolfsburg für die rustikale Note entschieden.

Dortmund unterliegt Wolfsburg
:Konzeptlos ausgekontert

Borussia Dortmund kann die Genialität im eigenen Team nicht mit nach Wolfsburg bringen und unterliegt 1:2. In der ersten Hälfte macht Marco Reus per Freistoß ein glückliches Tor und schafft es beinahe, den VfL zu entmutigen. Neven Subotic muss mit Verdacht auf Kreuzbandriss vom Platz getragen werden.

Von Saskia Aleythe

Dass Subotic, der als einer der wichtigsten Profis für die Stimmungslage im Team gilt, für den Rest der Saison ausfällt, war die "schreckliche Nachricht" des Tages, wie Trainer Jürgen Klopp meinte - obwohl Dortmund den langfristigen Ausfall des Verteidigers mit Hilfe des griechischen Nationalspielers Sokratis rein technisch gleichwertig abfedern kann. Die unglückliche Niederlage in Wolfsburg setzte allerdings auf die ebenso unglückliche Champions-League-Pleite vom Mittwoch gegen den FC Arsenal (0:1) einen Stimmungsdämpfer oben drauf.

Dank der Länderspielpause können sich die angeknockten Borussen nun zwar ein wenig regenerieren, in zwei Wochen geht es allerdings gegen den FC Bayern gleich in das bisher wohl schwerste Saisonspiel. Nur drei Tage danach muss Dortmund im Heimspiel gegen den SSC Neapel schon final um den Einzug ins Achtelfinale kämpfen. Um nicht erneut früh im Rennen um die Meisterschaft auf der Strecke zu bleiben, müsste Dortmund wohl gegen die Bayern gewinnen, denn auf Schützenhilfe anderer Klubs kann der BVB kaum hoffen.

"Dass unsere Personaldecke nicht so ist wie die der Bayern", wollte Watzke am Sonntag die November-Trübsal ein wenig wegschieben, "wussten wir auch vor dem Ausfall von Neven schon." Man habe in dieser Saison zwar "ungewöhnlich viele Langzeitverletzungen", sei aber finanziell in der Lage, sich im Winter personell zu verstärken: "Wir werden in den nächsten Wochen beobachten, ob und was wir eventuell noch tun müssen."

Dortmund hatte erst jüngst bestritten, schon im Winter beispielsweise noch eine Planstelle für die Rückkehr des Japaners Shinji Kagawa von Manchester United einrichten zu können.

Hinter den Innenverteidigern Mats Hummels und Sokratis stehen Jürgen Klopp derzeit nur die Talente Koray Günter und Marian Sarr zur Verfügung. Wegen der langfristigen Ausfälle des gerade wieder fit gewordenen Kapitäns Sebastian Kehl, von Spielmacher Ilkay Gündogan, dessen Rückenverletzung noch immer nicht auskuriert zu sein scheint, und von Lukasz Piszczek mussten mehrere Spieler (Sahin, Bender, Großkreutz) komplett durchspielen. Auch dem Offensiv-Trio mit Marco Reus, Henrikh Mkhitaryan und Robert Lewandowski konnte Klopp kaum Erholung gönnen.

"Einigen von uns merkt man an, dass sie mal eine Pause bräuchten", bestätigt einer der Spieler hinter vorgehaltener Hand. Ausfälle wie die der Nationalspieler Holger Badstuber oder Bastian Schweinsteiger "merkt man bei Bayern ja gar nicht", stellt Watzke fest.

BVB-Niederlage in Wolfsburg
:"Eine ganz schlimme Woche"

Zu geschockt, um auszurasten: Nach der 1:2-Niederlage beim VfL Wolfsburg und dem Kreuzbandriss von Verteidiger Neven Subotic ist die Stimmung bei Trainer Jürgen Klopp und Borussia Dortmund gedämpft. Am Ende hadert der BVB weniger mit dem Schiedsrichter als mit der eigenen Leistung.

Während Trainer Klopp beharrlich dementiert, dass einigen Spielern "am Ende die Körnchen gefehlt" hätten, räumte Watzke ein, dass es nicht spurlos an der Mannschaft vorüber gegangen sei, "gegen Arsenal acht Kilometer mehr gerannt" zu sein. Auch der in Wolfsburg blasse Mkhitaryan gestand die Strapazen ein: "Ab und zu hat vielleicht die Konzentration gefehlt."

Neben der Ergebnis-Krise muss sich der BVB auch mit einer Fan-Krise befassen. Unter der Woche hatte Watzke den drei wichtigsten Gruppen der "Ultras"- Fans die "Auswärts-Dauerkarten" entzogen - als Reaktion auf die Pyro-Ausschreitungen beim Derby gegen Schalke.

Betroffen sind zwar nur etwa 400 Fans, die allerdings gerade bei Auswärtsspielen die Unterstützung der Mannschaft organisiert haben. "Mir tut das wirklich in meiner BVB-Seele weh", sagte Watzke, "aber uns blieb da einfach keine andere Wahl mehr."

Die Fangruppen, darunter die größte Gruppierung "The Unity", sind zwar nur in einem kleinen Teil gewaltbereit, aber die Mehrheit will nach Erkenntnissen des Klubs "nicht auf Pyrotechnik gänzlich verzichten", so Watzke. Auf dem Heimweg aus Wolfsburg nahmen etwa drei Dutzend BVB-Fans Abteile eines Sonderzugs auseinander.

Am Dortmunder Hauptbahnhof lieferten sie sich Schlägereien mit der dort zuständigen Bundespolizei. 18 Anhänger wurden festgesetzt, mehrere Polizisten und Fans verletzt. Zwar gilt Dortmunds Anhängerschaft überwiegend als friedfertig, bei den Derbys mit Schalke schlagen manche Fans aber über die Stränge. Und derzeit scheinen sich einige Gruppen zu radikalisieren. Hinzu kommt der Ergebnis-Frust aus Wolfsburg.

© SZ vom 11.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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