Champions League:Ronaldo und Real fegen über Juventus hinweg

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Real Madrids Sergio Ramos hält die Champions League Trophäe nach dem Spiel. (Foto: dpa)
  • Eine Halbzeit lang leistet Juventus Widerstand, dann gelingt Real ein entscheidender Doppelschlag.
  • Zum ersten Mal überhaupt verteidigt eine Mannschaft den Champions-League-Titel.
  • Cristiano Ronaldo war mit zwei Toren der entscheidende Mann des Abends.

Von Javier Cáceres, Cardiff

Die einzigartige Liaison des spanischen Rekordmeisters Real Madrid mit dem Königsklassenpokal ist um ein Kapitel reicher. Dank zweier Treffer von Cristiano Ronaldo sowie Toren von Casemiro und Marco Asensio besiegte Spaniens Rekordmeister den italienischen Champion Juventus Turin mit 4:1 - und sicherte sich damit zum zwölften Mal in seiner Geschichte den Henkeltopf, der ihm schon immer zum Fetisch gereicht. "Dies ist eingzigartig, wir haben Geschichte geschrieben", sagte Sergio Ramos unmittelbar nach dem Spiel.

Die Mannschaft von Trainer Zinédine Zidane ist das erste Team, das den Titel verteidigen konnte, seit die wichtigste Vereinstrophäe Europas im Champions-League-Modus ausgetragen wird. Der Triumph war auch in anderer Hinsicht historisch: Real Madrid schaffte es erstmals seit 1958, im gleichen Jahr spanischer Meister und europäischer Champion zu werden. "Diese Saison war spektakulär", sagte Zidane.

Und der Sieg war überaus verdient. Real Madrid schenkte den Italienern mehr Tore ein, als Juventus in den elf vorangegangenen Champions-League-Spielen kassiert hatte. Besonders bitter war das für den 39-jährigen Juve-Torwart Gigi Buffon, der wohl vor einer der letzten, wenn nicht der letzten Chance stand, erstmals in seiner brillanten Karriere den größten Pokal Europas zu gewinnen. "Es ist eine große Enttäuschung, weil wir dachten, wir haben alles notwendige geleistet für den Sieg", sagte Buffon, nur um anzufügen: "Um diesen Pokal zu gewinnen, muss man stärker sein als alle anderen. Sie haben verdientermaßen gewonnen."

Zu den Spielereien, die einem Finale vorausgehen, zählt der Eins-gegen-Eins-Vergleich der beiden Mannschaften. Und es war dabei die Frage erlaubt, welcher Spieler der Juventus einen Platz in der Mannschaft von Real Madrid sicher hätte. Um es mal so zu sagen: Der Kolumbianer James Rodríguez, die Entdeckung der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, saß am Samstag in Cardiff nicht einmal auf der Bank. Dort fand sich - ausgerechnet in seiner Geburtsstadt Cardiff - der unlängst verletzte Waliser Gareth Bale wieder. An seiner Stelle spielte, wie erwartet, der Ballkünstler Isco. Dieser Macht, gespeist aus individueller Klasse, hatte Juventus perfekte Organisation, taktische Klasse und defensive Erfahrung entgegenzusetzen. Doch das war nur eine Halbzeit lang genug.

Real Madrid brauchte in der Anfangsphase lange Minuten, um mit der Organisation der Italiener zurechtzukommen. Die Juve wirkte von Beginn an entschlossener und konzentrierter als die Madrilenen. Und sie war gefährlicher: Nach nur vier Minuten schoss Gonzalo Higuaín aus 20 Metern aufs Tor, doch Madrids Torwart Keylor Navas konnte im Nachfassen retten. Weit spektakulärer war die Parade, mit der Navas auf einen weiteren Distanzschuss antwortete, eine Volleyabnahme von Miralem Pjanic, die der Keeper aus Costa Rica zur Seite abwehren konnte. Nur allmählich vermochte es Real, sich des Balles zu bemächtigen, vor allem durch Toni Kroos, der dann auch bei der Führung der Madrilenen eine Hauptrolle spielte.

Denn als er in der Mittellinie den Ball erhielt, gab er ihn nicht weiter. Er führte ihn mit großer Entschlossenheit Richtung gegnerisches Tor, schüttelte unterwegs einen Gegenspieler ab, durchbrach damit den Zement der bis dahin dicht gestaffelten Juve-Abwehr und spielte Benzema an, der wiederum Rechtsverteidiger Dani Carvajal bediente. Der frühere Leverkusener legte den Ball zurück auf Ronaldo, der womöglich ein wenig Glück hatte, dass sein Flachschuss ins linke Toreck noch von Innenverteidiger Leonardo Bonucci touchiert wurde: Torwart Gigi Buffon, der bis dahin nicht ein einziges Mal intervenieren musste, weil Real nicht ein Mal aufs Tor geschossen hatte, war machtlos. Wer meinte, dass dies die erschlagende Wucht der Real-Madrid-Historie belegen würde, sah sich allerdings zunächst widerlegt: Durch ein Traumtor des Kroaten Mario Mandzukic, das den Ausgleich bedeutet.

Denn der frühere Bundesliga-Profi, der schon 2013 im Champions-League-Finale mit dem FC Bayern gegen Borussia Dortmund in Wembley ein Finaltor erzielt hatte, nahm in Reals Strafraum einen von Higuaín abgelegten Flankenball mit der Brust an - und jagte ihn dann, mit dem Rücken zum Tor, mit einem spektakulären Fallrückzieher ins Netz. Torwart Navas konnte das 1:1 nicht verhindern. Die größte Nachricht bis zur Pause war dann (neben einem völlig missglückten Kopfball von Ronaldo), dass der 39-jährige Buffon, der seine Karriere wohl ohne europäische Krone beenden wird, in der 44. Minute tatsächlich erstmals intervenieren durfte, als er einen Flankenball vom Himmel pflückte.

Khediras Unglück leitet die Niederlage ein

Nach der Pause aber war es mit der Beschäftigungslosigkeit für Buffon rasch vorbei. Die drei Angriffswälle der Juventus standen lange nicht mehr so nah beieinander wie noch in der ersten Halbzeit. Real Madrid roch Blut - und begann, mit Geduld zu kombinieren. Vor allem mit Isco und Luca Modric. In der 54. Minute musste Buffon einen 18-Meter-Schuss von Luka Modric blocken.

Das 2:1 folgte in der 61. Minute. Ein Schuss von Toni Kroos aus der zweiten Reihe wurde noch abgeblockt, den Abpraller aber drosch dann der defensive Mittelfeldmann Casemiro aufs Tor - und hatte Glück. Sami Khedira fälschte den Schuss mit der Wade unerreichbar für Gianluigi Buffon ab. Das war Teil eines für Juventus letztlich tödlichen Doppelschlags. Denn drei Minuten später kämpfte sich Modric bis zur Grundlinie durch und passte den Ball auf Ronaldo, der am ersten Pfosten den Ball ins Tor stupste.

Das 3:1 war gleichbedeutend mit dem virtuellen Ende der Partie. "Así, así, así gana el Madrid", rief die Menge, "so, auf diese Art und Weise", siegt Real Madrid. Es blieben nur noch Anekdoten: der Waliser Gareth Bale wurde eingewechselt, der insgesamt gute Schiedsrichter Felix Brych (Berlin) stellte noch den eigenwechselten Juan Cuadrado vom Platz - und der spät eingewechselte Marco Asensio setzte mit seinem Treffer nach Pass von Marcelo den Schlusspunkt, der gleichsam in die Zukunft weist: Asensio ist der Spieler der Zukunft. Er ist womöglich der Garant dafür, dass die Diktatur Real Madrids in Europa (drei Finalsiege seit 2014) weitergeht.

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