Champions League: Englands Scheitern:"Wenn du sie nicht besiegen kannst, kauf sie"

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Wähernd Alex Ferguson über "typische Deutsche" lästert, steht kein englischer Klub im CL-Halbfinale. Das Ende der Insel-Hegemonie? Eher nicht.

Thomas Hummel

Sir Alex Ferguson war stinksauer. "Typische Deutsche" schimpfte er nach dem 3:2 gegen den FC Bayern, womit sein Manchester United nach dem 1:2 in München das Champions-League-Viertelfinale verlor. Sein Furor richtete sich gegen die Szene nach dem zweiten Foul von Rechtsverteidiger Rafael, der nach 50 Minuten Franck Ribéry leicht am Arm gezogen hatte und dafür mit Gelb-Rot vom Platz musste.

"Sie haben den Schiedsrichter bedrängt und es geschafft, dass Rafael raus musste. Der Referee wollte gar nichts tun, doch sie haben ihn gedrängt, die zweite gelbe Karte zu zeigen. Aber das haben wir schon öfter von Mannschaften wie diesen gesehen." Zudem hätten die Münchner Verteidiger zielgerichtet den angeschlagen Wayne Rooney attackiert bis dieser raus musste. Der 68-Jährige redete sich fast in Rage.

Die zwei Szenen Anfang der zweiten Halbzeit hatten am Mittwochabend im Stadion Old Trafford tatsächlich entscheidenden Charakter, doch ob Daniel Van Buyten Gegenspieler Rooney wirklich absichtlich zweimal am rechten Knöchel traf, und ob nicht dem 19-jährigen Rafael eher seine Unerfahrenheit zum Verhängnis wurde als der bayerische Protest, bleibt unergründlich. Fergusons Worte waren wohl auch dem Frust geschuldet, zum ersten Mal seit drei Jahren das Halbfinale der Champions League verpasst zu haben.

Dass Manchester United gegen den FC Bayern ausgeschieden ist, muss als Überraschung gewertet werden. Dass im Halbfinale zum ersten Mal seit 2003 kein einziger Klub der mit Geld vollgepumpten Premier League steht, ist fast eine Sensation. Die europäische Topliga wurde je zuletzt von England aus regiert, besser gesagt vom Vierer-Kartell Manchester United, FC Liverpool, Arsenal und Chelsea: Dreimal kamen zuletzt je drei von ihnen ins Halbfinale, fünfmal in Folge stand mindestens ein Verein im Finale.

Liverpool scheiterte diesmal schon in der Vorrunde an Florenz und Lyon, der Klub ist in Schwierigkeiten, weil die amerikanischen Eigentümer Gillett und Hicks zu wenig Geld in die Mannschaft investieren. Chelsea kommt etwas in die Jahre und verlor gegen eines von Ex-Trainer José Mourinho aufgeputschtes Inter Mailand. Arsenal ging gegen ein brillantes FC Barcelona mit der Zaubermaus Lionel Messi unter. Und Manchester United ist nach den Abgängen von Cristiano Ronaldo und Carlos Tévez in der Offensive zu sehr von Wayne Rooney abhängig.

Nun also Bayern - Lyon und Inter - Barcelona. Das Ende der englischen Hegemonie? Haben die anderen Ligen trotz erheblich weniger Einnahmen aufgeholt und holen die Premier League nun vom Thron? Trotz des diesjährigen Scheiterns ist das wohl nicht abzusehen.

Die Stimmung vor dem Manchester-Bayern-Vergleich in England darf als exemplarisch für das englische Problem in dieser Spielzeit gelten: Ein wenig übertrieben ausgedrückt, verglichen viele die Münchner mit einem Freilos. Wer in der Premier League vorne liegt, kann gegen eine deutsche Mannschaft gar nicht rausfliegen. Eine Haltung als Sinnbild für fehlenden Respekt vor dem Gegner, für eine Sättigung nach all den Erfolgen. Fergusons Hader mit dem Schiedsrichter setzt diese Einstellung fort: "Sie hätten niemals gewonnen, wenn wir zu elft gewesen wären", beklagte er noch einmal die Hinausstellung von Rafael.

Später allerdings blickte er voraus: Die Premier League "ist immer noch die stärkste Liga in Europa", sagte er, "aber du kriegst nicht immer, was du willst". Sir Alex und die Kommentatoren in England sehen in dem vorzeitigen Scheitern ihrer Klubs einen einmaligen Unfall. "Lass den Vorhang fallen, wir sehen uns wieder im nächsten Jahr", schreibt der Guardian.

Die Times führt dabei das schlagkräftigste Argument für eine starke Rückkehr der Engländer: das weiterhin im Überfluss vorhandene Geld. Franck Ribéry könnte auf die Insel geholt, José Mourinho zurückgeholt werden. "Wenn du sie nicht besiegen kannst, kauf sie!"

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