Champions League: CFR Cluj:Der nächste Partygast

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Wieder ein osteuropäischer Emporkömmling: Der CFR Cluj fordert den FC Bayern in der Champions League. Mit dem schnellsten Riesen der Welt und einem großen Patron-Talent.

Christof Kneer

Arpad Paszkany hat es nicht weit in die Arena. Er besitzt ein Haus in München, kein sehr kleines, wie man hört. Er ist dort nicht sehr oft, seine Geschäfte halten ihn auf Trab, und sein wahres Zuhause hat er auch längst wieder dort, wo er herstammt: in Cluj (ehemals: Klausenburg), der viertgrößten Stadt Rumäniens, gelegen im Westen Siebenbürgens.

Der schnellste Riese der Welt: Lacina Traore, l., vom CFR Cluj. (Foto: Getty Images)

Dort hat er es mit Autoteilen und Immobilien zu erheblichem Reichtum gebracht, sein Vermögen wird auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt. Paszkany hat viel Einfluss in Rumänien, aber vor allem besitzt er eine Fähigkeit, die zum Alleinstellungsmerkmal taugen könnte: Er ist womöglich der einzige Fußballfunktionär weltweit, der am dritten Vorrundenspieltag der Champions League ein Heim- und ein Auswärtsspiel gleichzeitig hat. Seit er nach der Wende einige Jahre in München verbrachte, liebt er den dort ansässigen FC Bayern; aber er hat auch einen recht guten Grund, am Dienstagabend zum Bayern-Gegner CFR Cluj zu halten. Der gute Grund ist der, dass der CFR Cluj ihm gehört.

"Ohne den Patron geht in diesem Klub nichts", sagt Dorinel Munteanu. Der frühere Bundesligaprofi (198 Spiele für Köln und Wolfsburg) hat diesen Verein von Sommer 2005 an anderthalb Jahre trainiert, es war seine erste Trainerstation. Man kann sagen, dass er abgehärtet ist seitdem. Er hat die damals eher mittelmäßig ambitionierte Elf in den UI-Cup geführt, und in seiner zweiten Saison in Cluj lag er mit dem Team zehn Spieltage lang auf Platz eins. Er ist dann wenig später entlassen worden, aus einem sehr konkreten Grund: Er war plötzlich nur noch Zweiter.

"Geduld ist nicht die Stärke des Chefs", sagt Munteanu, 42. Er kann sich ein Urteil erlauben, er trainiert zurzeit Otelul Galati, eine Art Mainz 05 Rumäniens. Erster ist Munteanu mit seinem Team, Cluj ist nur Elfter. Aber Munteanu empfiehlt, sich vom dünnen Saisonstart nicht täuschen zu lassen. Er hält Cluj weiterhin für die potenteste Mannschaft in Rumänien, für ein Team, das schnellen, aggressiven Fußball spielen kann und außerdem über einen Stürmer namens Lacina Traoré verfügt, bei dem es sich, folgt man Munteanus Schwärmerei, um den schnellsten Riesen der Welt handeln dürfte.

Ob sich Europas Establishment an den Namen CFR Cluj gewöhnen muss, ist aber noch nicht bewiesen. Der von Mäzenen und Oligarchen angeschobene Aufschwung Ost hat viele neue Namen hervorgebracht, viele unerwartete Gäste sind in die europäischen Fußballpartys hineingeplatzt, Metalist Charkow aus der Ukraine, Bate Borisov aus Weißrussland oder der rumänische Klub Unirea Urziceni, der vorige Saison plötzlich in der Stuttgarter Champions-League-Gruppe aufkreuzte. Aber nach einer langen Partynacht sind sie auf einmal verschwunden und werden vom nächsten Überraschungsgast ersetzt, der meist auch nicht lange bleibt.

"Das Problem ist, dass nichts wachsen kann, wenn die Klubchefs so ungeduldig sind", sagt Munteanu. Der CFR Cluj ist in den letzten drei Jahren zweimal Meister und einmal Zweiter geworden, immer mit anderen Trainern. Laut Munteanu ist dies "das Problem im rumänischen Fußball: Viele Klubs hängen von ihrem großen Patron ab, und der entscheidet alles. Dabei sollte im Sport der Trainer das Sagen haben."

So aber wechseln Spielsysteme und Mannschaftspersonal so oft wie die Trainer, und dann wundern sich die Patrone, warum ihre teuer ausstaffierte Elf nicht harmoniert, worauf sie einen neuen Trainer holen, der dann Spielsystem und Mannschaftspersonal verändert.

Dem CFR Cluj stellt Munteanu dennoch eine gute Prognose, er hält den Bayern-Fan Paszkany "für den besten und seriösesten Patron in Rumänien". Paszkany ist erst 40, und mit der Weisheit des 42-Jährigen sagt Munteanu voraus, "dass der Patron dazulernen wird und dann seltener die Trainer wechselt". Ein entwicklungsfähiger Patron quasi, ein großes Patron-Talent.

Munteanu selbst spekuliert nicht mehr auf eine Rückkehr nach Cluj, er träumt von einem Job in Deutschland. Auch er hat ja noch ein Haus dort, zwar nicht in München wie der Patron, aber wenigstens in Köln.

© SZ vom 19.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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