Bayern besiegt PSG:Bayern erfüllt Heynckes' Versprechen

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Bayerns Corentin Tolisso überzeugt mit zwei Toren gegen Paris Saint-Germain (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern München gewinnt das letzte Spiel in der Champions-League-Gruppenphase 3:1 (2:0) gegen Paris Saint-Germain.
  • Die Münchner stehen als Gruppenzweiter im Achtelfinale.
  • Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen und hier geht es zu allen Ergebnissen.

Aus dem Stadion von Claudio Catuogno, München

Unrealistisch! Illusorisch! Vermessen! Kein Wort war Jupp Heynckes zu absolut vor diesem Wiedersehen mit Paris Saint-Germain, um klarzumachen, dass es an diesem Abend um eines ganz sicher nicht gehen würde: um den Gruppensieg. Mit vier Toren Abstand gegen Neymar, Mbappé und Co. gewinnen - wie bitte sollte das möglich sein? Das wäre aber nötig gewesen nach jenem 0:3 im Hinspiel Ende September, das noch in der darauffolgenden Nacht den Trainer Carlo Ancelotti den Job gekostet hatte.

Schon vor mehr als einer Woche hatte Heynckes deshalb damit begonnen, seinen Spielern aufzuzeigen, worum es tatsächlich gehen würde in diesem Spiel. Ums "Prestige". Darum, "ein Zeichen zu setzen", eine subtile Botschaft zu senden an all die anderen Topklubs in Europa: Übrigens, ihr dürft euch gerne wieder fürchten vor dem FC Bayern. Fürs Achtelfinale qualifiziert war man ja bereits. "Nicht 4:0 im Kopf haben", hatte Heynckes seinen Spielern also gesagt. "1:0 im Kopf haben."

Aber nun waren halt erst sieben Minuten gespielt am Dienstagabend in der Münchner Arena, und zum ersten Mal lag der Ball im Tor der Franzosen. Das kam so: Franck Ribéry hatte James Rodríguez bedient, der hatte beinahe von der Torauslinie in den Strafraum geflankt. Von Kingsley Comans Kopf sprang der Ball weiter zu Robert Lewandowski, dem Mittelstürmer. Und der schoss aus der Drehung, Tor für die Bayern. Die Gäste wollten eine Abseitsstellung geltend machen, aber das blieb vergeblich. Das 1:0 hatte es also aus dem Köpfen auf den Rasen geschafft, in der 8. Minute - sollte man jetzt vielleicht doch anfangen, von mehr zu träumen?

Das Illusorische wäre nicht mehr illusorisch

Sprung in die 37. Minute: Wieder führt Franck Ribéry auf der linken Seite den Ball am Fuß, wieder gibt er ihn weiter an James, wieder zaubert der Zugang von Real Madrid eine passgenaue Flanke aus seinem Fußgelenk, diesmal nickt der heranstürmende Corentin Tolisso sie am Pariser Keeper Alphonse Areola vorbei ins Netz. 2:0. Im Kopf und auf dem Platz.

Jetzt noch mal so eine Halbzeit, und das Illusorische wäre nicht mehr illusorisch, das Vermessene nicht mehr vermessen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:James meistert das Meckern und Flanken

Der Offensivspieler läuft und läuft und bereitet ein Tor vor. Sebastian Rudy spürt in sich den Geist eines Chilenen. Corentin Tolisso ist jetzt: Doppeltorschütze. Der FC Bayern gegen Paris in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Es kam anders. Es kam nämlich so, dass in der 51. Minute Edinson Cavani den Ball geschickt auf den Kopf von Kylian Mbappé lupfte, der erzielte den Anschlusstreffer für Paris. Tolisso sollte später noch auf 3:1 erhöhen. Enttäuscht war hinterher niemand. Schon gar nicht, wenn man dieses 3:1 jenem verstörenden 0:3 vom September gegenüberstellt.

Sein zentrales Versprechen hatte Heynckes eingelöst: "So offen wie im Hinspiel werden wir sicher nicht auftreten", hatte er weniger angekündigt als verfügt. Darauf ist der 72-Jährige ja zu Recht stolz: dass er die Mannschaft nach seiner Rückkehr ins Traineramt in erster Linie stabilisiert hat. Insofern überraschte dann Heynckes' Aufstellung ein bisschen: Boateng, Martínez, Vidal und Müller nahmen auf der Bank Platz, dafür rotierten Süle, Rudy, Tolisso, Alaba und Ribéry in die Startelf, und auch der junge James Rodríguez war dort wieder anzutreffen. Nicht, dass man diesen versierten Fachkräften keine Stabilität zutrauen durfte. Aber es war eben so, dass die Bayern-Formation nun auf einigen Positionen just an jene traurige Elf erinnerte, die unter Ancelottis Anleitung in Paris hilf- und orientierungslos gewirkt hatte.

Aber die Bayern von heute sind offenkundig nicht mehr die Bayern von damals. "Der Schlüssel zum Erfolg war die Einstellung der gesamten Mannschaft. Wir haben taktisch nicht nur clever gespielt, sondern sehr klug", urteilte Heynckes später. Besonders augenfällig wurde das im Laufe der Partie anhand der Offensivkräfte James und Coman. Der Kolumbianer, von dem Heynckes sagt, er sei nun endgültig angekommen in München, erinnerte fast ein wenig an Toni Kroos, wenn er mit guter Übersicht und feiner Technik die Bälle verteilte; und der Franzose, der früher oft mit zielloser Verspieltheit auffiel, glänzt nun durch ungeheure Zielstrebigkeit. Von James kam der Pass auf den linken Flügel, der Coman zu einem kraftvollen Sprint animierte - ehe er den Ball vors Tor schob zu Tolisso, der ihn zum 3:1 versenkte (69.).

So sehr, wie die Bayern diesmal überzeugten, so sehr enttäuschten aber auch die Franzosen. Neymar, der 222-Millionen-Euro-Mann? Trat zum ersten Mal in der 21. Minute wirklich in Erscheinung, da reichten aber ein paar energische Hüftschwünge des ihn durch den Strafraum eskortierenden Sebastian Rudy - und Neymar war vom Ball getrennt. Kurz darauf spitzelte David Alaba dem Brasilianer den Ball vom Fuß (25.). Und kurz vor der Pause wähnte sich Neymar in aussichtsreicher Position für einen Kopfball - Ribéry war aber tatsächlich zurück in den eigenen Strafraum gelaufen und klärte rechtzeitig.

Kylian Mbappé (180 Mio.) war da schon deutlich gefährlicher: Sven Ulreich musste bereits in der 4. Minute einen beachtlichen Reflex zeigen nach einem Schuss des jungen Franzosen; und der Bayern-Keeper, der ja eigentlich bloß den verletzten Manuel Neuer vertritt, ließ noch einige Glanzparaden folgen. Dass man derzeit noch nicht mal den Nationalkeeper vermisst bei den Bayern: Das ist wahrlich Wunder genug, auch ohne Gruppensieg.

Und Julian Draxler, der deutsche Nationalspieler in Diensten von Paris, sprach am Ende jenes Lob aus, das die Münchner so gerne hören wollten. "Die Bayern haben es gut gemacht, da sieht man, dass die immer noch zu den besten Mannschaften in Europa gehören."

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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