BVB-Sieg im DFB-Pokal:Mühelos mit Version Istanbul

Lesezeit: 2 min

Marco Reus (Mi.): Spielgestalter gegen St. Pauli (Foto: Bongarts/Getty Images)

Borussia Dortmund kann in nationalen Wettbewerben doch noch gewinnen: Beim FC St. Pauli gelingt ein 3:0-Erfolg im DFB-Pokal. Das Team überwindet auch einen Schreckmoment.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Findige Fußballanalysten haben zuletzt zwei Versionen von Borussia Dortmund erforscht. Die erste, die kaum ein Bundesligaspiel gewinnt und auf Tabellenrang 15 abgerutscht ist. Und die zweite, die in der Champions League ohne Punktverlust die eigene Gruppe anführt und dort zuletzt Galatasaray Istanbul 4:0 bezwang.

Diese Erkenntnisse halfen am Dienstagabend zunächst wenig weiter, denn es stand weder ein Bundesliga- noch ein Champions-League-Spiel an. Die zweite DFB-Pokal-Runde führte den BVB zum FC St. Pauli ans Hamburger Millerntor, und so ergab sich die Frage, welche Version denn im Pokal Gültigkeit besitzt: Die stolze Königsklassen-Borussia? Oder doch die arg gebeutelte Schmalspurversion aus dem heimischen Ligabetrieb?

Es läge Chefcoach Jürgen Klopp fern, die Suche nach dem Fehler im BVB-System nach nur einem gelungenen Auftritt für beendet zu erklären, doch das 3:0 im DFB-Pokal nach Toren von Ciro Immobile, Marco Reus und Shinji Kagawa dürfte die Anspannung zumindest etwas lindern, ehe am Samstag das Bundesligaduell gegen den FC Bayern ansteht. Der BVB kann wieder Spiele in nationalen Wettbewerben gewinnen, so die Botschaft des Abends.

Dortmund wollte Wiedergutmachung für die misslichen Auftritte der vergangenen Wochen, das war vom Anpfiff weg zu spüren. Zu diesem Zweck hatte Klopp seine Elf personell umgemodelt, teilweise notgedrungen: Pierre-Emerick Aubameyang und Ilkay Gündogan blieben zu Hause, offiziell wegen "Belastungserscheinungen". Ob der Wechsel auf der Torwartposition mit den jüngsten Irritationen um die Stammkraft Roman Weidenfeller zu tun hatte, blieb ebenso Interpretationssache.

Nach Weidenfellers jüngster Unsicherheit gegen Köln hatte Kapitän Mats Hummels deutlich vernehmbar in Richtung seines 34-jährigen Torwarts gemotzt. Da ging es um Bälle, die so lange durch die Luft flogen, dass sie doch haltbar hätten sein müssen. Hummels entschuldigte sich für seine Wortwahl, doch Weidenfeller wurde durch Mitchell Langerak ersetzt.

Dem FC St. Pauli ergeht es im Ligabetrieb aktuell kaum besser, wenn auch eine Klasse tiefer. Auf den Relegationsrang ist das Team abgerutscht, die Abstiegsgefahr ist beträchtlich. Die Euphorie nach der Installierung von Klub-Idol Thomas Meggle als Chefcoach ist schon wieder passé. Schnell wurde klar, wie wenig der Zweitligist den Dortmundern entgegenzusetzen hatte, und wie fern eine Pokal-Überraschung lag.

Shinji Kagawa (9.), Hummels (16.), Immobile (18.) und abermals Kagawa (22.) hätten den BVB früh in Front bringen können. Immobile jubelte sogar bereits, ehe sein aus drei Metern über die Linie gedrückter Ball abseits erklärt wurde - eine knappe Entscheidung. Klopp wurde unruhig in seiner Zone, stampfte auf und ab, zuppelte seine Barthaare. Was, wenn es wieder nicht gelänge, aus zahlreichen Chancen einen Sieg zu generieren, wie gegen Köln, wie gegen Hannover?

DFB-Pokal
:Hannover blamiert sich, Bremen darf jubeln

Überraschendes Aus in der zweiten Runde: Hannover 96 verliert im DFB-Pokal bei Zweitligist VfR Aalen 0:2, auch Hertha BSC scheitert - aber erst im Elfmeterschießen. Werder Bremen macht dem neuen Trainer ein Geschenk zur Premiere.

Dass die Zweifel verflogen, war vor allem Marco Reus zu verdanken. Der Nationalspieler hatte sich das Spiel in der ersten halben Stunde recht teilnahmslos angeschaut, doch dann initiierte er am linken Strafraumeck ein Doppelpass-Verwirrspiel, das St. Pauli augenblicklich überforderte. Im größten Hamburger Schwiemel gelangte der Ball über Kagawa zu Immobile, der schoss ein, diesmal zählte das Tor (33.). St. Pauli berappelte sich kurz, kam durch Sören Gonther zu einer hübschen Kopfballchance (39.), ehe Reus die Partie mit einem ins lange Eck gezirkelten Ball zum 2:0 in geordnete Bahnen lenkte (44.).

Der Schreckmoment zu Beginn der zweiten Halbzeit, als der frühere Dortmunder Florian Kringe St. Pauli mit einem abgefälschten Schuss beinahe herangebracht hätte, war bald verflogen. Ohne größere Mühe verwaltete der BVB das Ergebnis, bis Kagawa kurz vor Ende nach einem Schnitzer von Pauli-Torwart Tschauner das 3:0 erzielte. Einen sonderlich engagierten Eindruck hinterließ er dabei nicht. Die lange rausgebolzten Bälle von Neven Subotic, die vielen Rückpässe zu Langerak, die unkonzentriert zu Ende gespielten Gegenstöße - schön war das nicht, und dabei stand Dortmund in den vergangenen Jahren stets für den schönen, den spektakulären Fußball. Diesmal ging es um etwas ganz anderes.

© SZ vom 29.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: