BVB:Dortmund schließt mit der Champions League ab

Die Sitzschalen im "Stade Louis II" in Monte Carlo sind immer gelb. Es handelte sich bei der Farbwahl also um keine Verbrüderungsaktion für die eine Woche zuvor vom Sprengstoffanschlag schockierten Fußballer von Borussia Dortmund. Dass der AS Monaco kurz vor dem Rückspiel am Mittwochabend jedoch eigens die BVB-Hymne "You'll never walk alone" einspielte, war ein großes Zeichen der Solidarität. Die Spieler wirkten auch bei der herzlichen Begrüßung im Kabinengang vereint. Es herrschte Harmonie - bis der Anpfiff durchs Stadion schrillte.

Danach kannten die Gastgeber keine Freunde mehr. Nach zweieinhalb Minuten brachte Kylian Mpabbé die Monegassen in Führung. In der 17. Minute traf Radamel Falcao per Kopf zum 2:0. Dortmund hätte nach der 2:3-Niederlage im Hinspiel zwar ohnehin drei Tore benötigt, aber auch die brachte der BVB nach dem ernüchternden Spielbeginn nicht mehr zusammen. Bei einem Treffer von Marco Reus unterlagen sie Monaco am Ende 1:3 (0:2), werden aber nicht allzu lange darüber grübeln können. Am Samstagabend spielen sie in Mönchengladbach schon wieder um Bundesliga-Punkte und nächsten Mittwoch in München um den Einzug ins Pokalfinale.

Ein 50. Champions-League-Sieg hätte dem BVB im 100. Champions-League-Spiel den Einzug ins Halbfinale bescheren können. Doch Jubiläumsanlässe helfen im Fußball selten. Nach Bayern München am Dienstag ist am Mittwoch auch Dortmund im Viertelfinale ausgeschieden. Keine deutsches Team im Halbfinale der Königsklasse - das gab es zuletzt 2009. In Monaco hingegen steht erstmals seit 2010 wieder ein französisches Team im Halbfinale. Damals gelang dies Olympique Lyon.

Durm muss nach 26 Minuten gehen

Vor dem Spiel hatte sich die Abfahrt der Dortmunder ins Stadion verzögert, weil die örtliche Polizei-Eskorte nicht gleich bereit stand. So saßen die Dortmunder eine Viertelstunde im wartenden Bus und harrten ungeduldig der Dinge. Im Bus fühlen sie sich seit dem Anschlag aber nicht mehr wohl. Dass der Spielbeginn trotzdem bloß um fünf Minuten verschoben wurde, missfiel Trainer Thomas Tuchel. Erfreulicher geriet nach Ankunft im Stadion eine Begegnung in der Kabine: Marc Bartra, der einzige beim Anschlag körperlich verletzte Spieler, der am Samstag aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war seinen Teamkollegen nach Monaco hinterhergereist.

Obwohl die Dortmunder ihr Bundesligaspiel am Samstag gegen Frankfurt mit 3:1 gewonnen hatten, änderte Tuchel seine Startelf auf drei Positionen. Den Innenverteidiger Sven Bender ersetzte er durch Matthias Ginter, den Linksverteidiger Marcel Schmelzer durch Raphael Guerreiro und den Rechtsangreifer Christian Pulisic durch Erik Durm.

Seit dem Attentat war der Franzose Ousmane Dembélé kein Startspieler mehr. "Ous wirkt mental angeschlagen", hatte Tuchel vor dem Spiel gesagt. Doch diesmal lag der Trainer mit seiner 3-4-3-Formation falsch. Er korrigierte sie bald. Nach 26 Minuten, da stand es bereits 0:2, wechselte er Dembélé für Durm ein und formierte das Team zu einem 4-2-3-1 um.

Reus als Kapitän

Auch Gonzalo Castro hat in nun drei Spielen nicht mehr zur Startelf gehört. Das Attentat hat etwas verändert bei Borussia. Wichtigere Rollen hatten nun Nuri Sahin und Shinji Kagawa. Der Türke und der Japaner, beide 28 Jahre alt, hatten bereits als Abschiedskandidaten gegolten, ihre Verträge laufen 2018 aus. "Nuri hat nach den Ereignissen eine tragende Rolle in der Verarbeitung der Dinge für die Mannschaft gespielt", sagte Tuchel, tauschte Sahin zur Pause aber trotzdem gegen Schmelzer aus.

Marco Reus, der vergangene Woche noch verletzt war und beim Attentat nicht mit im Bus saß, trug die Kapitänsbinde. Schon nach 30 Sekunden tauchte er gefährlich im Strafraum der Gastgeber auf. Doch zwei Minuten später stand es 1:0 für Monaco; Torwart Roman Bürki faustete einen Fernschuss von Benjamin Mendy nach vorne weg - Mbappé schoss kühl ein. Danach hatte der BVB Pech. Sahin zirkelte einen Freistoß an den Pfosten (14.). Drei Minuten später stand es 0:2. Falcao verwertete eine Flanke von Thomas Lemar per Kopf.

Tuchel ließ seine Wut an einem Kaugummi aus. Er bearbeitete es so grimmig wie die Dortmunder kurz nach dem Wechsel die Monegassen. In der 47. Minute verkürzte Reus nach Dembélé-Vorlage auf 1:2. Hoffnung keimte. Wie schon im Hinspiel kam Dortmund nach misslungener erster Halbzeit wie verwandelt aus der Pause. Auch die Reihenfolge der Tore war ähnlich.

Falcao hatte schon in der 65. Minute Monacos 3:1 auf dem Fuß, lupfte den Ball aber übers Tor. Dortmund blieb hartnäckig, verzweifelte nicht. Pulisic kam für Guerreiro. Mit fünf offensiven Spielern ging der BVB volles Risiko. Aber gegen eine so konterstarke Elf wie Monaco immer mehr riskieren zu müssen, ist gefährlich. In der 81. Minute machte der gerade eingewechselte Valère Germain mit dem 3:1 alles klar. Dortmunds "Champions-League-Traum", wie Tuchel ihn genannt hatte, war vorbei.

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