BVB:Der sensible Herr Aubameyang

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Thomas Tuchel hält Aubameyangs späten Treffer zum 3:0 für einen ganz wichtigen. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die Tage nach seinem Maskenjubel haben Pierre-Emerick Aubameyang zugesetzt, verrät Trainer Tuchel.
  • Beim 3:0 gegen den HSV gelingt dem BVB-Stürmer erst in der Nachspielzeit ein Tor.
  • Ein ganz wichtiger Treffer für Aubameyang, findet Tuchel.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Phasen des Selbstzweifels gehören zum Superhelden wie das Kostüm. Batman, Spiderman, Superman - sie alle hatten ihre Zeiten des Misserfolgs und der Verzweiflung, aber sie haben sie alle binnen ungefähr 90 Minuten überwunden, weil die Welt mit dem Abspann schließlich wieder in Ordnung zu sein hat. Da geht es dem maskierten Vollstrecker nicht anders.

Pierre-Emerick Aubameyang hat am Dienstagabend gegen den Hamburger SV derart viele hochkarätige Torchancen vergeben, dass er zwischendurch mit dem Schicksal hätte hadern dürfen, aber kurz vor dem Ende, gewissermaßen kurz vor dem Abspann, hat er sich selbst ein triumphales Finale beschert.

Damit war die Dortmunder Welt wieder in Ordnung. Neun Minuten vor Schluss bereitete er Shinji Kagawa das 2:0 vor und in der Nachspielzeit erzielte er selbst den 3:0-Endstand. Der maskierte Vollstrecker blieb unmaskiert diesmal, solchen Zinnober veranstaltet er nämlich nur im Derby gegen Schalke.

Tuchel ist "hin und her gerissen"

Dortmund hatte also 3:0 gegen den Hamburger SV gewonnen, als der Trainer Thomas Tuchel sagte, mit Blick auf das weitere Programm werde ihm Angst und Bange. Das klingt verwunderlich, aber das reine Ergebnis verrät ja auch nicht, dass die Dortmunder trotz eines überlegen geführten Spiels bis zur 81. Minute nur mit 1:0 geführt und tatsächlich um den Sieg gebangt hatten. Den Hamburgern wäre der Ausgleich jederzeit möglich gewesen. "Hin und her gerissen" war Tuchel zwischen absoluten Erfolgserwartungen und zwischenzeitlichen Remis-Befürchtungen trotz "gefühlten hundert zu zwei Torschüssen", weshalb er die Partie als "Achterbahnfahrt" in Erinnerung behält.

Er lächelte hinterher, dabei mögen Trainer keine fußballerischen Achterbahnfahrten, schon gar nicht, wenn sie für die Spieler so kraftraubend sind und diese am Samstag darauf beim FC Bayern München antreten müssen und am Dienstag danach in der Champions League AS Monaco empfangen. Diese noch einmal ungleich höheren Herausforderungen hatte Tuchel im Sinn, als er sich über die unnötig kraftraubende Spielgestaltung seiner Mannschaft mokierte. Er hätte den Sieg gern früher als in der 81. Minute klar gehabt. "Fahrlässig", nannte er den Umgang mit den Torchancen.

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In seinem 25. Saisonspiel hat Pierre-Emerick Aubameyang also erst in der Nachspielzeit sein 25. Saisontor erzielt und sich damit zunächst wieder allein an die Spitze der Torjägerliste gesetzt, weil Robert Lewandowski und Anthony Modeste am Dienstagabend nicht getroffen haben. Die Torjägerkanone ist dem gebürtigen Franzosen, der für Gabun spielt, bislang verwehrt geblieben. 2014 wurde er mit 13 Treffern Elfter, 2015 mit 16 Treffern Vierter und 2016 mit 25 Treffern Zweiter. Nun ist er auf gutem Wege, am Ende ganz vorne zu stehen. "Klar will er die Torjägerkanone", behauptet sein Teamkollege Gonzalo Castro, der gegen den HSV das 1:0 erzielt hatte. "Lewandowski hat sie ihm letztes Jahr weggeschnappt - diesmal brennt er darauf, sie mit nach Hause zu nehmen."

Für alle, die dachten, Aubameyangs spätes Tor zum 3:0 gegen Hamburg sei eigentlich nicht mehr wichtig gewesen, stellte Tuchel die Dinge klar: "Ich glaube, dass dieses Tor für uns und für Auba noch ein ganz wichtiges werden kann." Es ist nämlich so, dass Aubameyang, der ja schon im Revierderby auf Schalke eine Großchance zum möglichen 2:0 (Endstand 1:1) vergeben hatte, auch gegen Hamburg drei Hundertprozenter versäumte. "Er ist ein sensibler Mensch", erklärt Tuchel, "und die Spieler unterschätzen manchmal, wie einen solche Dinge beeinflussen." Die Debatte um seine kommerzielle Maskerade im Schalke-Spiel, glaubt sein Trainer, habe bei Aubameyang nämlich durchaus Wirkung gezeigt: "Stürmer sind sensibel, wenn ein bisschen Wind aufkommt." Aber er sei natürlich auch selbst schuld daran.

Mit Aubameyangs Einsatz, seiner Leidenschaft und seiner Körpersprache war Tuchel am Dienstag zufrieden. Es schien auch geholfen zu haben, dass Aubameyang diesmal als Kapitän auflaufen durfte, weil Marco Reus, Marcel Schmelzer und Sokratis ausgefallen waren. "Entscheidend ist Aubas Körpersprache, und die war diesmal gut", sagte Tuchel.

Und so geht Aubameyang am kommenden Samstag mit einem Tor Vorsprung gegenüber Lewandowski ins direkte Duell um die Torjäger-Trophäe. Es ist dies der spannendere Teil des Spiels, die Bayern sind schon zu weit entrückt. BVB-Trainer Tuchel wird sehen wollen, dass seine Spieler effektiver werden, drei Tage später gegen Monaco wird dies dann nämlich ganz unbedingt erforderlich sein. Vielleicht erlebt der unmaskierte Vollstrecker dann seine triumphale Wiedergeburt.

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