Bundesliga:Weinzierl ist Topfavorit auf Schalke

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Trainiert er nächste Saison den FC Schalke 04? Augsburgs Trainer Markus Weinzierl (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Beim FC Schalke gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass sich der Klub im Sommer von seinem Trainer André Breitenreiter trennen wird.
  • Der Augsburger Markus Weinzierl soll der Topfavorit auf die Nachfolge sein.
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Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

André Breitenreiter hatte viel Gutes zu verkünden, als er seine Sicht des Derbys schilderte und die Leistung seiner Mannschaft bewertete. "Heute haben die Jungs gezeigt, wie es geht", stellte er fest, nicht schwärmend, aber befriedigt. Der Trainer verwies auf Kampfgeist und Behauptungswillen, Moral und Charakter und traf damit den Trend der herrschenden Meinung. Das Publikum hatte Schalkes Spieler mit Applaus verabschiedet, das 2:2 gegen Borussia Dortmund war zwar nicht das Ergebnis, das sich die Leute erträumt hatten, als sie von Thomas Tuchels einladender Mannschaftsaufstellung erfuhren.

Aber nach dem 0:3 gegen Ingolstadt in der vorigen Woche waren die Ansprüche einigermaßen bescheiden, und voller Einsatz der Spieler wird auf Schalke allemal mit Sonderbeifall belohnt. Klaas-Jan Huntelaars furiose Balleroberungen an der Seitenlinie lösten Begeisterungsstürme aus - auch wenn sich daraus nicht mehr als ein Einwurf ergab, der schon im nächsten Moment zum Ballverlust führte.

Breitenreiter gelang es dann aber doch, dem vorwiegend freundlichen Bild einen schwarzen Fleck hinzuzufügen. Zweimal nach Rückstand zurückzukommen und gegen Dortmund zu punkten, "das haben uns die wenigsten zugetraut, hier wird ja im Grunde nur auf Trainerteam und Mannschaft draufgetreten", sagte er im nüchternen Tonfall eines Nachrichtensprechers. Diese Worte klangen nicht nur nach fortgeschrittener Verbitterung, genauso waren sie wohl auch motiviert. Breitenreiter kann nicht entgangen sein, dass in der Branche über das bevorstehende Ende seines Engagements auf Schalke geredet wird, und dass dieses Reden längst mehr ist als eines der vielen haltlosen Gerüchte, die das Seifenoperngeschäft Bundesliga begleiten.

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Spätestens als am vorigen Wochenende der mutmaßliche Bundesliga-Aufsteiger RB Leipzig dem Augsburger Trainer Markus Weinzierl in demonstrativer Öffentlichkeit eine Vereinbarung aufkündigte, die Weinzierl noch gar geschlossen hatte, dürfte auch Breitenreiter den Namen seines mutmaßlichen Nachfolgers kennen. Weinzierl zieht Schalke offenbar den Leipzigern vor; offiziell gibt es natürlich nirgendwo eine Bestätigung dafür.

Alle Beteiligten widmen sich weiterhin ihren Aufgaben, und das wohl noch einige Wochen: Breitenreiter kämpft mit Schalke um den Einzug in den Europapokal, Weinzierl mit Augsburg um den Klassenerhalt, der künftige Schalker Manager Christian Heidel ist weiterhin in Mainz zugange, und der maßgebende Ober-Schalker Clemens Tönnies muss, auch wenn's schwer fällt, den Mund halten. Auch wenn er, wie am Wochenende, ein Interview gibt, schafft er es, zur Trainerfrage nichts zu sagen. Das Bekenntnis zu Breitenreiter, das er nicht gegeben hat, ist allerdings auch ein Bekenntnis.

Mit Volksaufständen am Gelsenkirchener Ernst-Kuzorra-Weg, wie es sie einst bei der unvermuteten Entlassung von Jörg Berger durch Rudi Assauer gab, ist nicht zu rechnen, wenn Breitenreiter zum Saisonende abdanken müsste - womöglich sogar als Europacup-Teilnehmer. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen Breitenreiter auf Schalke im Ansehen eines promovierten Therapeuten gestanden hat. Inzwischen macht der Trainer den Eindruck, als bedürfe er selbst der Hilfestellung, nicht nur hinsichtlich seiner öffentlichen Kommunikation, die ihn regelmäßig zur Korrektur seiner eigenen Aussagen nötigt.

Wer hat da gut lachen? Augsburg-Coach Markus Weinzierl (links) und sein Kollege André Breitenreiter, damals noch Trainer in Paderborn, im April 2015. Demnächst wird Weinzierl wohl Breitenreiters Nachfolger auf Schalke. (Foto: imago)

Die Zeichen haben sich verändert. Im Sommer kam der 42-Jährige nach Gelsenkirchen, um einem kranken Klub wieder auf die Beine zu helfen, wobei man nicht genau wusste, an welchen Punkten dieser Patient schlimmer krankte: an seiner verletzten Großklub-Seele oder an seiner sportlichen Natur, die nach den anstrengenden und widersprüchlichen Perioden mit den Trainern Jens Keller und Roberto Di Matteo schwer verstimmt war. Wie der sympathische Landarzt, der mit einfachen Mitteln komplizierte Irritationen behandelt, legte Breitenreiter Hand an und erzielte rasch ermutigende Ergebnisse. Den komplexen Problemen trat er mit erfrischendem Selbst- und erstaunlichem Sendungsbewusstsein entgegen.

Breitenreiter vergleicht sein Verhältnis zu Schalke mit einer Ehe

Bald äußerten aber Stimmen im Verein, dass das erfrischende Selbstbewusstsein nicht zuletzt auf Selbstüberschätzung beruhte. Diese Einschätzung übertrug sich dann auch auf die Betrachtung seiner Fußball-Lehre, deren Konturen auch im Derby nicht zu erkennen waren. Und wie sich das Maß der Wertschätzung verändert hat, das hat Breitenreiter vorige Woche in einem vielsagenden Vergleich selbst beschrieben.

Im kicker verglich der Trainer das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber mit einer Beziehung zwischen Mann und Frau: "Da ist anfangs auch oft alles toll und es herrscht Euphorie - dann kommt der Alltag." Aus dieser Analogie geht immerhin hervor, dass er seine Verantwortung anerkennt. Es gehören ja im Allgemeinen zwei dazu, um eine Ehe am Alltag scheitern zu lassen.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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