Bundesliga:Der Retter des Medizinballs

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Bernd Hollerbach bei seiner Vorstellung in Hamburg. (Foto: dpa)

Bernd Hollerbach ist ein Gegenentwurf zur neuen Trainergeneration. Hat er beim HSV Erfolg, würden die fast vergessenen Überzeugungen seines Lehrers Felix Magath in der Bundesliga weiterleben.

Von Christof Kneer

Die Profis des Hamburger SV haben Bernd Hollerbach im Training am Montag bereits kennengelernt: Dieser Satz ist im Jahr 2018 einfach nur eine Feststellung und außerdem eine Selbstverständlichkeit. Denn es kann ja nicht schaden, wenn Spieler und Trainer sich kennen, gerade beim HSV. Vor anderthalb Jahrzehnten wäre es für Fußballprofis allerdings etwas problematischer gewesen, Hollerbach im Training kennenzulernen. Ihm an einem Montag zu begegnen, hätte bedeutet, dass man dienstags und mittwochs wegen irgendeiner hervorragenden Blessur erst mal vom Sport befreit ist. Als Spieler hat der gelernte Metzger Haltung und Werte der Metzger-Innung auf den Platz gebracht, Hollerbach gehörte zu den aufrichtigen Eisenfüßen, die mit Ansage durch die Gegend holzten. Die Fertigkeit, an den Schienbeinschützern des Gegners vorbei zu treffen, wurde damals noch "ehrliche Arbeit" genannt, und dank dieser vorbildlichen Arbeitsmoral hat es Hollerbach geschafft, in seiner letzten Saison als Profi in 13 Partien zehnmal Gelb zu sehen. Er spielte damals übrigens für den HSV.

Die Hamburger Mannschaft dürfe "damit rechnen, dass sie jetzt besser trainiert und geführt wird", hat Felix Magath gerade zur Verpflichtung Bernd Hollerbachs gesagt. Er gehe sogar davon aus, "dass der HSV mit dem Abstiegskampf nichts mehr zu tun haben wird".

Hollerbach ist Magath light. Er war dessen langjähriger Assistent und Vollstrecker, bevor er sich in der Medizinballbranche selbständig machte, und so hat der HSV - in der Theorie - den perfekten Trainer gefunden: einen Mann, der wie all die hippen Neo-Coaches aus unteren Ligen kommt und dennoch aus der guten, alten Zeit stammt. Einen Mann, der den Laptop mit dem Medizinball versöhnt.

In der Praxis bahnt sich allerdings eher ein interessanter Feldversuch an: Nach allem, was man über Hollerbachs Methodik weiß, ist er doch eher ein Gegenentwurf. Er tritt nun in Konkurrenz zu all jenen Kollegen, die versuchen, ihre Teams mit akademischer Lehre und spielerischen Lösungen in der Liga zu halten - Menschen namens Kohfeldt (Bremen), Ruthenbeck (Köln), Schwarz (Mainz) oder Wolf (Stuttgart), die noch nie in ihrem Leben ein Erstligafoul begangen haben. Hollerbach dürfte sich eher an das Magath'sche Glaubensbekenntnis halten, wonach Qualität von Qual kommt.

Sollte Hollerbach den HSV retten, wäre das gut für den HSV, aber noch besser für Hollerbach. Auf dem Trainermarkt hätte er dann ein Alleinstellungsmerkmal: Er wäre der natürliche Kandidat für all jene, die immer noch auf den Magath-Effekt setzen, aber Magath nicht mehr verpflichten wollen. Es wäre eine sensationelle Neuheit nach 55 Jahren Bundesliga: Es gäbe da einen ehemals großen Trainer, der beruhigt aufhören kann, weil er in jüngerer Form ja einfach weitermacht.

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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