Bundesliga: Bayer Leverkusen:Luxuriöses Dilemma

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Seit der spätrömischen Dekadenz unter Reiner Calmund hat sich in Leverkusen eine Transferpolitik mit Weitblick etabliert. Im Sommer kommt ein 20-Jähriger aus Braunschweig und auch das nächste Trainertalent ist bereits gesichtet.

Philipp Selldorf

Jupp Heynckes hat am Mittwoch Stellung zu seinen Problemen als Trainer von Bayer Leverkusen nehmen müssen. Es ging darum, dass er mehr Stammspieler hat, als er einsetzen darf, weil sein Kader mittlerweile nur noch aus Spielern zu bestehen scheint, die Stammspieler sein müssten, aber Heynckes meint, das sei "kein Dilemma, das ist Luxus".

Das Konzept des Luxus hat Leverkusen schon vor einigen Jahren praktiziert, allerdings im Ausmaß spätrömischer Dekadenz. Manager Reiner Calmund hatte zwar beim Spielerkauf und der Talentsuche das Richtige gewollt, aber die Übersicht verloren. Seine ehedem schlaue Rekrutierungspolitik verlor sich im Konsumrausch.

Calmunds Erben, die meisten von ihnen ehemalige Kollegen aus der Fußballabteilung der Bayer-AG, haben gelernt. Deswegen wächst Jahr für Jahr das Stammspielerpotential in Heynckes' Team, und deswegen ist Bayer als letzter oder wenigstens vorletzter Titelrivale von Borussia Dortmund übriggeblieben.

Während Heynckes über die Eröffnung der Rückrunde räsonierte, meldete sein Verein wieder die Verpflichtung eines Nachwuchsmannes, der ins Beuteschema passt: Der 20-jährige Mittelfeldflitzer Karim Bellarabi kommt ablösefrei aus Braunschweig und steht in der Folge anderer Leverkusener Transfers mit Perspektive.

Stammspieler wie Schwaab, Barnetta, Derdiyok, Sam, Vidal, auch Rolfes oder Helmes kamen unter ähnlichen Vorzeichen, bei André Schürrle macht nur die hohe Ablöse einen Unterschied. Wie Schürrle wurde auch Bellarabi angeblich von der halben Liga umworben, auf jeden Fall aber von Borussia Dortmund und der TSGHoffenheim.

Diese Vereine kommen sich bei der Talentsichtung ständig in die Quere, dann ist es vorteilhaft, wenn man die Beute untereinander aufteilen kann. Wie bei den Bender-Zwillingen: Lars ging nach Leverkusen, Sven nach Dortmund.

Leverkusen plant, disponiert und kauft mit Weitblick, so einfach lässt sich das sagen. Rücksicht auf Eventualitäten ist im Programm inbegriffen. Diese Politik macht weder beim Stammtorwart René Adler, der womöglich ein Angebot von Manchester United erwarten darf, noch beim Trainer Halt: Sollte Jupp Heynckes den Ruhestand einem weiteren Jahr bei Bayer vorziehen, ist angeblich ein Trainertalent aus Freiburg für die Nachfolge ausersehen.

Vermutlich aber nicht im Sommer 2011, sondern im Sommer 2012, wenn Robin Dutts Vertrag ausläuft.

© SZ vom 13.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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