Borussia Dortmund:Tuchel und der BVB sind sich fremd geblieben

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Es ist müßig, aufzudröseln, wer Schuld hat an der Trennung zwischen dem BVB und Thomas Tuchel. Klar ist: Auf sozialer Ebene sind die Beteiligten spektakulär gescheitert.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Falls in tausend Jahren die Archäologen in Dortmund buddeln, in der Umgebung des ehrwürdigen Westfalenstadions, könnten sie auf ein rätselhaftes Schriftstück aus der Zeit der "Presseerklärungen" stoßen. Ausgedruckt, zusammengeknüllt, weggeworfen, aber doch von so brisantem Inhalt, dass es eine Herausforderung wäre, es zu decodieren. Blüht doch der Reiz dieser Erklärung, die der Fußballklub Borussia Dortmund am letzten Dienstag im Mai des Jahres 2017 zur Mittagszeit verschickte, tief im Verborgenen.

Denn erklärt wird wenig, geäußert aber der Wunsch, "nicht auf der Basis von Gerüchten bzw. ohne jeden Hintergrund" zu urteilen. Daran schließt die Formulierung an, dass es sich bei der "Ursache der Trennung keinesfalls um einen Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handelt". Entschlüsselt heißt das aus Sicht von heute: dass sich der Scheidungsgrund nicht auf jene Konfliktserie zwischen BVB-Boss Hans-Joachim Watzke und dem aus seinem laufenden Vertrag entlassenen Thomas Tuchel reduzieren lasse. Sondern auf den generellen Dissens zwischen Verein und Trainer.

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Als wäre alles nicht schon kompliziert genug, machen es die Hauptdarsteller selbst im Auseinandergehen noch einmal komplizierter. Dabei hätte sich die Botschaft, die am Ende dieser Geisterbahn-Spielzeit für den BVB steht, auch in einer Kurznachricht bündeln lassen, die sogar in tausend Jahren zu kapieren wäre: "Wir passen einfach nicht zusammen! Und basta!" Wir haben es versucht, haben uns angestrengt, wir hatten nicht nur diesen Pokalsieg 2017 als Erfolg, aber wir funken trotzdem auf völlig verschiedenen Kanälen und gehen uns deshalb gewaltig aufs Gemüt. Im beschönigenden Klartext: Wir sind wie zwei Königskinder des Fußballs, die auf Dauer nicht zusammenfinden konnten!

Kreative, experimentierfreudige Trainer sind meist höchst anstrengende, da radikale Trainer. Der FC Bayern hat dies in seinen drei Jahren mit Pep Guardiola erfahren müssen, hatte aber auch das Glück, dass all der Debatten-Dampf von der Säbener Straße nur selten nach draußen drang - auch weil Guardiola allenfalls leise seine fernen spanischen Kommunikationskanäle speiste. Zudem hatte die Münchner Beziehung keine solch einschneidenden Gefahren wie einen Anschlag auf den Teambus auszuhalten - allerdings ist der viel besprochene "Dissens" in der Moderation der Attacke zwischen Watzke und Tuchel jetzt auch nicht der zentrale Trennungsgrund.

Der liegt darin, dass Tuchel dem BVB und der BVB Tuchel in diesen zwei Jahren fremd geblieben ist. Das Verhältnis ist nicht in den Fußball-Fachfragen, sondern auf der sozialen Ebene spektakulär gescheitert. Müßig, im Nachhinein noch einmal Punkt für Punkt aufzudröseln, wer die Hauptschuld trägt. Der Klub ist der Arbeitgeber, der Klub ist stärker, denn der Klub bleibt. Und Thomas Tuchel wird bald andernorts beweisen wollen, dass er doch erfolgreich zu integrieren ist.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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