Biathlon in Ruhpolding:Kraft der vier Herzen

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Arnd Peiffer (re.): Wie schon in Oberhof mit starkem Staffelauftritt (Foto: AP)

Die deutschen Biathleten zeigen mit Platz zwei in Ruhpolding, dass sie in der Vorbereitung auf die WM im März im Plan liegen. Arnd Peiffer braucht dringend solche Erlebnisse - die WM-Norm fehlt ihm nämlich noch.

Von Volker Kreisl, Ruhpolding

Staffel-Wettkämpfe im Biathlon zeigen eine erstaunliche Wirkung. Sie können ganze Teams, wie das der deutschen Frauen in Sotschi, in vorübergehende Trübsal stürzen, und sie vermögen zweifelnden Mannschaften den lange ersehnten Schwung mitzugeben. Die deutsche Männer-Staffel erlebte am Donnerstag die positive Kraft der Staffel. Sie landete in Ruhpolding hinter Norwegen und vor Russland auf Rang zwei und verzeichnete endlich mal wieder einen Gemeinschaftserfolg. Setzt sich der Trend in den kommenden Rennen fort, dann dürfte wohl auch der Plan aufgehen, zur diesmal späten WM in Kontiolahti/Finnland im März den Höhepunkt der Form zu erreichen.

Auf die heilende Wirkung eines Staffeleinsatzes war vor allem Arnd Peiffer angewiesen. Er war ja 2011 mal Weltmeister im Sprint, doch seitdem gelang es ihm nicht, das Niveau zu halten. Immer wieder schien er sich zu erholen, aber am Schießstand unterliefen ihm trotzdem wieder unerklärliche Fehler. In die laufende Saison war der erfahrene Mann aus Clausthal-Zellerfeld wie immer zuversichtlich gestartet, doch statt sich zu steigern, ließ er immer mehr nach. Peiffer begann mit einem 16. Platz in Östersund und war dann kurz vor dem Weltcup in Ruhpolding zweimal auf Platz 64 gelandet. "Er braucht das Erfolgserlebnis in der Staffel", sagte Bundestrainer Andreas Stitzl vorab.

Peiffer braucht vor allem auch noch die Norm für die WM-Qualifikation, also mindestens einen achten oder zwei 15. Plätze, und allzu viele Gelegenheiten dafür hat er nicht mehr. Nach diesem Einsatz in Ruhpolding immerhin hat Peiffer die Erkenntnis, dass er nicht alles verlernt hat, womöglich hat er sogar außer seinem Selbstbewusstsein alles behalten. Er überzeugte als dritter Läufer durch kluge Renneinteilung und zwei Schießeinlagen, die über dem Durchschnitt lagen. Nur zwei Fehler, jeweils sauber und schnell nachgeladen und korrigiert, brachten ihn sogar auf einen Platz, den er schon länger nicht mehr innehatte: den des Führenden.

Bundestrainer Mark Kirchner, der mit Peiffer in Oberhof trainiert, sagte: "Er hat gezeigt, dass er zu den Besten des Teams gehört." Peiffer will den Schwung in die nächsten Einsätze, den Sprint und vielleicht auch den Massenstart, mitnehmen. "Es war ein guter Einstieg", sagte er, "vielleicht gibt mir das jetzt Selbstvertrauen für die Einzel."

Der Erfolg des ehemaligen Weltmeisters war also die Überraschung des Tages. Die tadellose Leistung des Restes der deutschen Mannschaft konnte man hingegen erwarten. Dass Erik Lesser, Silbergewinner im Langstreckenrennen bei den Olympischen Spielen von Sotschi, nun als Startläufer mithielt, war nichts Besonderes. Lessers Formkurve zeigte zuletzt leicht bergauf. Ein Zeichen seiner Stärke in der Loipe war der Umstand, dass er mit dem norwegischen Rekordsieger Ole Einar Björndalen mithielt, der zwar demnächst 41 Jahre alt wird, aber wegen seiner überragenden Laufstärke einst auch Kannibale genannt wurde. Zu erwarten war ferner, dass Andreas Birnbachers Erfahrung genügt, um als zweiter deutscher Läufer die Position in der Spitzengruppe zu halten.

Und auch die Vorstellung von Schlussläufer Simon Schempp entsprach den bekannten Qualitäten. Er hatte womöglich ein Déjà-vu aus Sotschi. Wie damals war Schempp nach nervenstarkem Schießen als Erster auf die Schlussschleife davongebraust - und kurz vor dem Ziel fehlte ihm abermals das letzte Prozent Kraft für den Schlussspurt, Norwegens Emil Hegle Svendsen hängte ihn mit einem kurzen Antritt ab. Kirchner und Stitzl, die beiden Trainer, und auch das gesamte deutsche Quartett werden es verschmerzen. Mit Platz zwei liegen sie wieder im Plan.

© SZ vom 16.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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