Argentinien bei der Fußball-WM:Wo Messi zulegen muss

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Noch nicht zufrieden mit seiner Leistung: Lionel Messi bei der WM (Foto: AP)

Lionel Messi jubelt über sein erstes WM-Tor seit acht Jahren und bestimmt beim Erfolg der Argentinier das Spiel entscheidend mit. Doch in Topform ist der kleine Stürmer in Brasilien nicht, wie unsere WM-Analyse des Tages zeigt.

Von Lisa Sonnabend

Es ist immer etwas Besonderes, wenn zwei Große des Fußballgeschäfts aufeinandertreffen. Am Sonntagabend trabte Lionel Messi, der wohl großartigste Fußballer seit Diego Maradona, ins legendärste Stadion der Welt, das ausverkaufte Maracanã. Fast alle der 74 738 Zuschauer erhoben sich, sie klatschten, sie sangen, als der 1,69 Meter kleine Argentinier aus dem Spielertunnel kam. Es war einer der ersten magischen Momente dieser WM - auch wenn viele finden: Bei Messi und dem Maracanã ist derzeit einiges nicht so, wie es sein sollte.

Das Stadion von Rio wurde vor der WM aufwendig umgebaut, Stehplätze wurden zu Sitzplätzen, Eintrittskarten können sich nun nur noch die Betuchten leisten. Nicht wenige fürchten, der Fußballtempel habe seine Seele verloren. Und auch Messi ist momentan nicht derjenige, der er einmal war. Die Wahl zum Weltfußballer hat der Stürmer gegen Cristiano Ronaldo verloren, er wirkte in dieser Saison beim FC Barcelona oft lethargisch, lauffaul und traf nicht mehr ganz so oft.

Die Welt blickt auf Messi

Wie würde der kleine Argentinier seinen ersten WM-Auftritt im sagenumwobenen Maracanã meistern? Die ganze Welt blickte genau hin.

Messi spielte beim 2:1-Erfolg seines Teams keine atemberaubende Partie, aber immerhin gelangen ihm einige präzise Pässe, er dribbelte einige Gegner aus - und er bewegte sich mehr als zuletzt in der spanischen Liga. In der 65. Minute tanzte er die Abwehr von Bosnien-Herzegowina aus und erzielte von der Strafraumgrenze sein erstes WM-Tor seit acht Jahren. Vom Innenpfosten war der Ball ins Tor gerutscht und Messi schrie, als habe er soeben den WM-Titel geholt. Die Statistiken unseres Partners Opta und der Fifa geben jedoch noch genauer Aufschluss über die Leistung des kleinen Argentiniers - und zeigen auch, wo es hakt.

97 Mal war Messi gegen Bosnien-Herzegowina am Ball, nur der Mittelfeldspieler Javier Mascherano hatte mehr Ballkontakte (112). Messi hatte also einen entscheidenden Anteil am Spiel der Argentinier. Von zwölf Torschüssen gingen vier auf seine Kappe. An beiden Toren war er beteiligt, denn den ersten Treffer der Partie zwirbelte der Bosnier Sead Kolasinac nach einem Freistoß von Messi ins eigene Tor.

Doch es gibt auch Werte, die verdeutlichen, dass Messi noch immer nicht in Topform ist. Die Passquote des 26-Jährigen lag bei nur 80 Prozent, nur bei einem Kollegen aus der Startformation verunglückten noch mehr Zuspiele: Bei Verteidiger Marcos Rojo lag die Quote bei 78,6 Prozent. Den Teamdurchschnitt drückten die beiden Fußballer gewaltig - der lag nämlich laut Opta bei 90,2 Prozent.

Wer jedoch bei dem Mitternachtsspiel nach der ersten Halbzeit ins Bett ging, dem entging, dass Messi sich in der zweiten Hälfte gehörig steigerte. Das belegen auch die Statistiken. So zählte die Fifa in den ersten 45 Minuten zwölf Sprints, in der zweiten Halbzeit dann 22. In der ersten Hälfte lief Messi vier Kilometer, in der zweiten Hälfte legte der Stürmer 600 Meter mehr zurück. Zudem wurde er spritziger: Nach der Pause erreichte er eine Höchstgeschwindigkeit von 28,9 Stundenkilometern, davor war er nur auf 24,3 Stundenkilometer gekommen.

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Im Vergleich zum offensiven Mittelfeldakteur Ángel Di María sind jedoch auch diese Werte nicht herausragend. Der Real-Madrid-Spieler kam insgesamt auf 46 Sprints, er lief mit 10,8 Kilometern 2,2 Kilometer mehr als sein Teamkollege im Sturm und er beschleunigte auf 31,1 Stundenkilometer.

Dass Messi in der zweiten Hälfte stärker wurde, ist auch anhand der Opta-Statistik "Aktionszonen" zu erkennen. Der Spielanteil der Argentinier wurde nicht größer (er lag bei jeweils etwa 59 Prozent), doch das Spiel verlagerte sich zunehmend nach vorne. In den ersten 45 Minuten fand 13,7 Prozent des argentinischen Spielgeschehens im Angriffsmodus statt, in den Minuten 45 bis 90 waren es dann 21,5 Prozent. Das zeigt, wie abhängig das Spiel der argentinischen Nationalmannschaft von Messis Form ist. "Nach einer mauen ersten Hälfte erschien er, als die Mannschaft ihn am meisten brauchte", analysiert die argentinische Zeitung La Nación am Tag danach.

Fest steht: Messi wird sich noch steigern müssen, damit sich am 13. Juli in Rio erneut zwei Große des Sportgeschäftes begegnen.

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