Angelique Kerber:"Egal, was passiert: Ich werde am Montag die Nummer eins sein!"

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Will jetzt auch noch das Finale der US Open gewinnen: Angelique Kerber (Foto: USA Today Sports)

Angelique Kerber geht als Favoritin ins Endspiel der US Open gegen Karolina Pliskova. Wie der Tag abläuft und wie sie sich vorbereitet, verrät die Weltranglistenerste im Interview.

Aufgezeichnet von Jürgen Schmieder, New York

Freitagmittag, Spielergarten im Arthur Ashe Stadium. Novak Djokovic bereitet sich sich mit Gummiball und Stretchbändern auf seine Partie gegen Gael Montfils vor, sein Trainer Boris Becker beobachtet die Übungen wachsam und hebt bisweilen gar selbst das Bein. Zwei deutsche Reporter stecken die Köpfe zusammen, weil Stan Wawrinka gerade vorbei geht. "Nicht lästern", sagt die junge Frau, die hinter den beiden geht. Diese junge Frau, das ist Angelique Kerber, sie wird von Montag an auf Platz eins der Tennis-Weltrangliste geführt werden.

Sie kommt vom Training, kurzes Abklatschen mit Laura Siegemund, die eine Stunde zuvor die Mixed-Konkurrenz gewonnen hat. Es sind so viele Fernsehkameras da, dass selbst Boris Becker anerkennend nickt, bevor er sich wieder zu Djokovic umdreht. Becker weiß, wie das ist, wenn plötzlich alle an einem interessiert sind.

Kerber hat ihr drittes Grand-Slam-Finale in diesem Jahr erreicht (in Melbourne besiegte sie, in Wimbledon verlor sie gegen Serena Williams), dazu stand sie im Endspiel der Olympischen Spiele in Rio. Sie geht entspannt mit dieser Situation um - bestimmt aber auch, was gemacht wird. Ihrer Physiotherapeutin Cathrin Junker etwa erklärt sie genau, worüber die mit einem TV-Sender sprechen darf. Ganz am Ende der Interview-Tour, beantwortet Angelique Kerber noch einer Handvoll deutscher Journalisten ein paar Fragen.

Wie kurz war Ihre Nacht, vor der Sie erfahren haben, dass Sie zur Nummer eins aufsteigen?

Angelique Kerber: Lang war sie nicht - aber sie war gut. Ich habe lange gebraucht, bis ich einschlafen konnte, weil das dann doch ein bisschen viel war gestern Abend. Ich bin aber mit einem guten Gefühl aufgewacht.

Ist Ihnen das erst heute bewusst geworden, dass Sie die Nummer eins der Welt sein werden?

Natürlich war das der erste Gedanke in meinem Kopf. Die vergangenen Wochen waren nicht immer einfach, weil es immer wieder die Fragen nach der Weltrangliste gab und die Gegnerinnen bei den US Open nicht einfach waren. Jetzt ist der Druck abgefallen und ich habe bemerkt, dass ich die Nummer eins bin.

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Wie oft ist in den Interviews bislang eigentlich der Name "Steffi Graf" gefallen?

Immer wieder und ich kann immer nur das Gleiche antworten: Sie ist immer mein Vorbild gewesen, sie ist eine Legende - aber ich muss meinen eigenen Weg gehen. Darauf bin ich auch stolz: Dass ich das alles, auch die Auf und Abs, nach meinen Bedingungen geschafft habe.

Hat Graf schon gratuliert?

Sie hat mir eine Nachricht geschickt, gratuliert und viel Glück fürs Finale gewünscht.

Sie wird aber nicht zum Finale kommen ...

Wir haben nicht andauernd Kontakt. Die SMS heute Morgen war die erste nach einigen Monaten.

Es gab, wie auch auf Twitter zu sehen war, zahlreiche Gratulanten.

Das macht mich stolz, nicht nur für mich. Es ist schön zu sehen, dass Tennis lebt in Deutschland und dass hoffentlich viele Menschen das Finale am Samstag ( Anm. d. Red.: 22 Uhr, Eurosport) schauen werden.

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Ganz ehrlich: Nervt Sie dieser Rummel jetzt? Würde Sie sich lieber aufs Finale vorbereiten?

Ganz neu ist das nicht für mich, ich habe diese Erfahrung auch schon nach den Australian Open gemacht. Ich habe gelernt, dass das dazu gehört, dass ich danach aber auch abschalten muss. Es ist auch ein Privileg, nun so viel Aufmerksamkeit zu bekommen.

Sie sagten, dass es belastend gewesen war, immer diese Frage nach der Nummer eins hören zu müssen? Ist dieser Druck nun weg?

Egal, was passiert: Ich werde am Montag die Nummer eins sein. Das kann mir niemand mehr nehmen, genau so wenig wie den Sieg bei den Australian Open. Es war tatsächlich belastend, immer wieder die gleiche Frage gestellt zu bekommen - und ich musste immer wieder die gleiche Antwort geben: Ich bin hier in New York, weil ich dieses Turnier gewinnen möchte. Die Sache mit der Nummer eins läuft nebenher. Jetzt ist dieser Tag endlich gekommen - und nun kann ich mich voll und ganz auf dieses Finale konzentrieren.

Wie läuft dieser Finaltag ab für Sie?

Ich werde wie immer um neun Uhr frühstücken, dann werden wir bald auf die Anlage fahren - weil es in New York immer Staugefahr gibt. Ich werde mich gegen 13.30 Uhr einschlagen und mir danach noch ein bisschen Zeit für mich selbst nehmen. Die letzten fünf Minuten vor dem Finale gehören mir: Ich höre ein bisschen Musik und konzentriere mich nur auf mich. Dann bin ich bereit für die zwei Stunden, die da vor mir liegen.

Und wenn Sie gewinnen? Sie und Ihr Trainer Torben Beltz sind bekannt für skurrile Wetten ...

Wir haben diesmal nichts verabredet, weil wir auch einige Wetten noch nicht eingelöst haben. Wir sind in Australien in einen Fluss gesprungen und Achterbahn gefahren. Tanzkurs und Fallschirmsprung machen wir dann nach dieser Saison. Sollte ich gewinnen, lassen wir uns spontan was einfallen - vielleicht was mit Wasser. Mal sehen, aber das gehört dann schon zur Tradition.

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