FC Bayern und Pep Guardiola:Freundliche Übernahme im Hoeneßland

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Der FC Bayern war immer ein Spieler-Verein, der sich über seine Idole auf dem Platz definierte. Mit Pep Guardiola ändert sich dies grundlegend, weshalb das Engagement nicht nur charmant, sondern auch spektakulär ist. Wer durch die Galerie der bisherigen Bayern-Trainer streift, der sieht: Guardiola fällt angenehm aus dem Rahmen.

Ein Kommentar von Christof Kneer

Als Pep Guardiola im Sommer 2008 die erste Mannschaft des FC Barcelona übernahm, hat er gleich drei Einzelgespräche geführt. Er hat drei Spieler zu sich bestellt und ihnen mitgeteilt, dass er nicht mehr mit ihnen plane. Die drei Spieler hießen Ronaldinho, Deco und Eto'o. Ronaldinho und Deco verließen den Verein sofort, Eto'o ein Jahr später. Muss der FC Bayern jetzt also fürchten, dass Guardiola im Sommer 2013 die Spieler Robben, Ribéry und Gomez zu Einzelgesprächen bestellen wird?

So weit wird es nicht kommen, aber schon jetzt steht fest, dass der neue Trainer eine Herausforderung sein wird für die Bayern. Sonst war es in diesem Klub ja oft umgekehrt: Wenn die Spieler nicht mehr zufrieden waren mit ihrem Trainer, haben sie ein Einzelgespräch mit den Bossen geführt, und oft haben die Bosse dann dem Trainer mitgeteilt, dass sie nicht mehr mit ihm planen. Otto Rehhagel wurde von den Profis weggemeutert, und auch ein paar Kollegen fanden, dass Trainer hier "immer die Schulde" haben, wie Trapattoni sagte, bevor er fertig hatte.

Der FC Bayern, wie man ihn heute kennt, ist durch Franz Beckenbauers Steilpässe gegründet worden, durch Gerd Müllers Po-Wackler und Drehschusstore, durch Sepp Maiers Flug- und sonstige Einlagen. Der FC Bayern ist ein Spieler-Verein, er hat sich immer über seine Stars definiert. Einmal, im März 1979, haben die Bayern-Profis sogar mit Streik gedroht, falls Max Merkel als Trainer käme. Er kam dann natürlich nicht. Stattdessen ging Wilhelm Neudecker, der Präsident.

FC Bayern
:Trainer, für die nur Platz eins zählt

Nach Kovacs Abschied ist die Trainersuche an der Säbener Straße in vollem Gang. Die Anforderungen sind groß, nur deutscher Meister zu werden, reicht nicht aus. Eine Ahnengalerie.

An all das muss man sich noch mal erinnern, wenn nun Pep Guardiola kommt. Er hat in Barcelona nicht mit Stars gearbeitet, sondern mit Messi, Xavi und Iniesta. Das sind die besten Spieler der Welt, aber keiner von ihnen käme auf die Idee, dass ein Spieler größer sein könnte als sein Verein. Selbst wenn es in der Nähe von Barcelona zufällig einen Tegernsee gäbe, würde keiner dieser Spieler zum Präsidenten fahren, um über den Trainer zu klagen. Das ist der Grund, warum die neue Trainer-Personalie beim FC Bayern nicht nur sehr charmant, sondern auch sehr spektakulär ist. Streift man durch die Galerie der Bayern-Trainer, erkennt man: Dieser Coach fällt aus dem Rahmen.

Heynckes, van Gaal, Hitzfeld, Magath, Trapattoni, Rehhagel, Ribbeck, Csernai - bis zuletzt sind die Bayern fast ausschließlich in der gediegenen Herren-Abteilung fündig geworden, und manchen seiner feinen Herren scoutete Uli Hoeneß im eigenen Gästezimmer. Der Klassiker unter den Bayern-Trainern war Ottmar Hitzfeld, ein Vollprofi, der solides Handwerk mit raffinierter Moderationskunst vereinte. Das Profil eines Bayern-Trainers bestand darin, die Helden bei Laune zu halten, neue Helden zum Einkauf vorzuschlagen, sie vernünftig aufzustellen und deutscher Meister zu werden.

Mit der Personalie Guardiola bekennen sich nun auch die Bayern zu jenem modernen Trend, der dem Trainer eine konzeptionell prägende Rolle zuweist. Sie haben den Trend seit einiger Zeit kommen sehen, aber er war ihnen nicht ganz geheuer, und sie hatten noch kein Gefühl für ihn. Sie haben es erst mit Jürgen Klinsmann versucht, er sollte die neue Zeit ins Hitzfeldland bringen, hinterließ aber nur Buddhas und eine Bibliothek. Der zweite Versuch war schon näher dran, Louis van Gaal hat dem Heynckesland ein Gespür für Taktik vermittelt, aber er wollte sich dabei das ganze Hoeneßland unter den Nagel reißen. Die feindliche Übernahme musste krachend scheitern, aber der dritte Versuch könnte nun sitzen.

Guardiola ist ein sehr konsequenter Mann, aber seine Lehre ist freundlicher. Er wird wohl versuchen, seine Lehre mit der von Matthias Sammer und Uli Hoeneß zu kombinieren, und wenn die Bayern bereit sind, sich wenigstens ein bisschen belehren zu lassen, dann könnte Josep Guardiola einmal einen sehr prominenten Platz in der Münchner Trainer-Galerie bekommen.

© SZ vom 18.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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