1. FC Köln:Komödie um Anthony Modeste

1. FC Koeln Training Session

Anthony Modeste: Warmer Empfang in Köln

(Foto: Christof Koepsel/Getty Images)
  • Er wollte nach China wechseln, doch nach dem geplatzten Transfer erscheint Anthony Modeste wieder beim Trainingsauftakt beim 1. FC Köln.
  • Die Kölner hatten in Jhon Cordoba schon seinen Nachfolger verpflichtet - nun erwartet beide ein harter Konkurrenzkampf.
  • Manager Jörg Schmadtke wirkt angespannt.

Von Ulrich Hartmann, Köln

In der chinesischen Hafenstadt Tianjin war es am Montagabend 20.50 Uhr, als der Fußballer Anthony Modeste eine Kabine verließ und unter erheblicher Anteilnahme der Fans etwa 400 Meter zum Trainingsplatz schritt. Die Fans in Tianjin hätten sich womöglich gewünscht, der Franzose hätte dabei die weinrote Kleidung des örtlichen Klubs Quanjian getragen, aber er trug einen ganz anderen Rot-Ton: das Rot des 1. FC Köln. Modeste trainierte am Montag 7950 Kilometer westlich von Tianjin am Geißbockheim in Köln-Klettenberg. Sein Wechsel nach China, der bereits als verabredet galt, hat sich wohl zerschlagen, sein Umzug nach Tianjin gilt nunmehr als höchst unwahrscheinlich. Seine neue Heimat liegt offenbar künftig nicht in der chinesischen Millionenstadt am Golf von Bohai. "Bohei" bedeutet im Deutschen übrigens: Viel Lärm um Nichts.

Manager Schmadtkes Laune wirkt mau

In Köln war es erst 14.50 Uhr, als Modeste durch ein Spalier neugieriger Zuschauer zum Auftakttraining des FC lief - ein Gang nach Canossa sieht anders aus. Modeste zeigte ob seines allseits bekannten Flirts mit Tianjin keinerlei Buße, sondern an einem sonnigen Julitag ein strahlendes Lächeln. Die Menschen waren ihm zugetan. Sie baten ihn alle zwei Meter um Selfies, und Modeste erfüllte jeden einzelnen Wunsch, so als sei er dankbar für jedes Beweisfoto, dass davon zeugt, dass er pflichtbewusst zum Trainingsauftakt erschienen war. Sein Vertrag in Köln läuft ja noch vier Jahre. "Tony", riefen die Fans sehnsüchtig. "Scheiß auf China,", rief ihm einer hinterher, und als Modeste nach diesem 300 Meter langen Parcours der Begeisterung am Trainingsplatz ankam, brach das Publikum vollends in Applaus aus.

"Modeste" ist ein französisches Adjektiv und heißt übersetzt "bescheiden". Das ist ein bemerkenswerter Widerspruch zu all den monetären Details, die in dieser rheinisch-chinesischen Posse zutage getreten waren: dass der Franzose sein Gehalt in China hätte verachtfachen können; dass aber auch der 1. FC Köln seine vor zwei Jahren für Modeste nach Hoffenheim überwiesenen 4,5 Millionen Euro Einsatz mit einer möglichen 35-Millionen-Ablöse aus China genauso gern verachtfacht hätte; und dass Modestes Berater vom 1. FC Köln eine millionenschwere Transferbeteiligung gefordert haben sollen; zudem, dass Köln für Modeste bereits einen Nachfolger verpflichtet hat, den Kolumbianer Jhon Cordoba aus Mainz, der geschätzte 15 Millionen gekostet hat - und dass Modeste zwar nach China gereist war, am Wochenende der Bild-Zeitung dann aber ein Interview gab, in dem er erklärte, er habe niemals die Absicht geäußert, den Verein zu verlassen. Eine herrlich skurrile Komödie.

Konkurrenz mit Cordoba

Als Modeste also den Platz betrat, stand Cordoba brav neben dem FC-Trainer Peter Stöger und ließ sich als Neuzugang ablichten. In vielen anderen Klubs wäre einer wie Cordoba zur Begrüßung der Held gewesen, aber an diesem Tag in Köln nahm ihn niemand so richtig wahr. Niemand setzt ja allzu große Hoffungen in ihn, solange Modeste noch da ist. Dabei war Cordoba mit seinem geschätzten Kaufpreis auch nicht gerade ein Schnäppchen, sondern Kölns Rekordtransfer. Nebeneinander spielen werden Cordoba und Modeste eher nicht. Die Rolle der beiden in Stögers taktischem System dürfte nahezu identisch sein.

Was also tun? "Wenn Tony dableibt, ist es gut", sagte am Montag Trainer Stöger, "und wenn er geht, dann sicher deshalb, weil er's möchte." Betonung: er! Modeste hatte in seinem Sonntags-Interview ja den Eindruck erweckt, der FC habe ihn quasi gegen seinen Willen nach China veräußern wollen, um die 35 Millionen einzusacken.

Am Montag trainierten Modeste und Cordoba nun erst mal Seite an Seite, als nähmen sie den Konkurrenzkampf um die Sturmspitze auf. "Auch für Tony gilt wie für alle Spieler das Leistungsprinzip", sagte Stöger. Aber geht das überhaupt: Modeste und Cordoba behalten? Manager Jörg Schmadtke mochte am Montag gar nichts sagen zur Causa Modeste, das vorgesehene Gespräch mit dem Stürmer hatte bis zum Trainingsauftakt noch nicht stattgefunden. Schmadtkes Laune wirkte mau, er hat eine harte Nuss zu knacken.

Statt Modeste soll unterdessen Pierre-Emerick Aubameyang in China wieder heiß gehandelt werden. Auch der in Frankreich geborene Gabuner von Borussia Dortmund gilt als Kandidat für Tianjin - aber mindestens für das doppelte Ablösevolumen. Sollte der Torschützenkönig der Vorsaison (31 Tore) Dortmund verlassen, benötigte der BVB wiederum einen Sturm-Ersatz. Und könnte sich dann nicht auch der drittbeste Bundesliga-Torjäger der vergangenen Saison für Dortmund eignen?

Das war mit 25 Toren: Anthony Modeste vom 1. FC Köln.

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