2. Bundesliga:TSV 1860: Pereira schielt nach oben

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Der Nächste, bitte! 1860-Investor Hasan Ismaik (links) aus Jordanien präsentiert stolz den portugiesischen Trainer Vitor Pereira. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Der immer kriselnde TSV 1860 stellt seinen neuen Trainer vor. Der hat große Ziele - und dank Investor Ismaik wohl ein üppiges Budget zur Verfügung.

Von Philipp Schneider, München

Der TSV 1860 hat diesmal nicht in seinen Pressecontainer geladen, auch nicht wie zuletzt auf die Geschäftsstelle an der Grünwalder Straße, sondern in den adretten Konferenzsaal "Schwabing 3" eines der besseren Münchner Hotels. Es steht ja auch nicht weniger auf dem Programm als das, was nun endgültig den Aufbruch in eine neue Epoche bedeuten soll: Der seit zwölf Jahren in der zweiten Liga darbende Traditionsklub präsentiert diesmal den lange gesuchten Trainer, mit dem der Aufstieg in die Bundesliga nach einigen vergeblichen Anläufen realisiert werden wird. Ernsthaft, jetzt aber wirklich.

Mit 55-minütiger Verspätung parken am Montag drei geräumige schwarze Limousinen vor der Lobby des Hotels, und hinaus steigen so viele Menschen, dass der zeitliche Verzug begreiflich wird: Dolmetscher, Familienangehörige, Freunde der Familie, irgendeiner sucht ja doch immer noch seine Mütze, wenn es endlich losgehen soll.

Weitere 50 Millionen Euro will Ismaik in die Mannschaft investieren

Der neue Trainer Vitor Pereira läuft gleich vorneweg, an seiner Seite Investor Hasan Ismaik, der Mann, der den chronisch klammen Klub nun bereits im sechsten Jahr künstlich am Leben erhält mit seinen Darlehen, die das Defizit in der Bilanz von 1860 ausgleichen. 60 Millionen Euro hat der Jordanier seit 2011 in den Klub gepumpt, von dem ihm 60 Prozent gehören, ohne ihn in dieser Zeit sportlich auch nur einen Millimeter voranzubringen.

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Doch glaubt man den Meldungen, die am Samstag von der Weihnachtsfeier des Fanklubs "Ilmtal-Löwen" drangen, war das noch gar nichts, dann geht es jetzt erst richtig los. Weitere 50 Millionen Euro will Ismaik nun investieren in die Mannschaft seines neuen Trainers, das hat er zumindest den Ilmtal-Löwen erzählt in einem Hotelgasthof in der Nähe des oberbayrischen Pfaffenhofen. Hat er das auch Pereira erzählt?

"Was mir versprochen wurde, der erste Schritt, den wir gehen werden, um unsere Ziele zu erreichen", sagt der Portugiese ganz am Ende seiner Vorstellung: "Es werden andere Spieler hierher gebracht, um die Mannschaft zu verstärken."

In der Tat wird es Ismaik, der sich seit einiger Zeit von einem Londoner Zirkel um den umstrittenen Fußball-Geschäftsmann Kia Joorabchian beraten lässt, ohne Versprechen kaum möglich gewesen sein, Pereira in das deutsche Fußballunterhaus zu locken. Der 48-Jährige mag kein Riese im globalen Fußballgeschäft sein, aber er hat mit dem FC Porto zwei Meisterschaften gewonnen und 14 Partien in der Champions League gespielt, ehe es ihn weiterzog zu Al-Ahli Dschidda nach Saudi Arabien, Olympiakos Piräus und zuletzt zu Fenerbahce Istanbul - wo er gehen musste, nachdem er die Qualifikation für die Königsklasse verpasste hatte.

In München reize ihn das Projekt, sagt Pereira, der einen Vertrag bis Juni 2018 unterschrieb. In der kurzen Zeit wolle er zunächst die sportliche Talfahrt des Tabellen-14. bremsen, danach werde ihm eben das gelingen, woran schon eineinhalb Fußballmannschaften von Trainern bei Sechzig verzweifelten. "Ich möchte den Verein in die Bundesliga führen, dieser Verein müsste zu den ganz Großen in Deutschland gehören", sagte Pereira also, der dann noch ankündigte, einen "aggressiven und sehr technischen" Fußball spielen zu lassen.

Auch in der zweiten Liga? "Logischerweise werde ich meine Idee vom Spiel anpassen an das Niveau, auf dem sich die Spieler befinden." Das klang nach einer guten Idee. Andererseits: Den Aufstieg versprochen haben schon viele bei 1860, ein üppiges Budget zur Verfügung gestellt bekommen hat noch keiner. Warum jetzt?

Was die jüngste Entlassungswelle beim TSV 1860 nahelegt

Nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages 2011 hatte es Ismaik zunächst mit einem Präsidium zu tun, das sämtliche Investitionen aus Sorge vor einer Verschuldung des e.V. blockierte. Dazu muss man wissen, dass der Jordanier kein Mäzen ist: Er investiert sein Geld seit jeher nur in Form von Darlehen, die er sozusagen seiner eigenen Fußballfirma gewährt. Und diese Schuld lastet auch auf dem Verein als zweitem Gesellschafter. Auf dieses Präsidium, das im Machtkampf mit Ismaik entnervt aufgab, folgte eines, das überaus offen war für Investitionen und Verschuldung. Aber das Vertrauen in den damals gemeinsam erwählten Sportchef Gerhard Poschner hielt sich offenbar in Grenzen. Jedenfalls hatte Poschner (im Nachhinein muss man wohl sagen: zurecht) weitaus weniger Mittel zur Verfügung.

Dass es einen Strategiewechsel geben könnte, deutete Ismaik erstmals im September an. Allerdings nur unter der Bedingung, sagte der Jordanier, dass die aus seiner Sicht leidige 50+1-Regel in Deutschland wegfallen würde, die vorschreibt, dass Vereine in Konstruktionen mit Investoren die Entscheidungshoheit behalten. Nur dann werde er dem Verein "100 Millionen Euro für neue Spieler zur Verfügung stellen. Vielleicht auch 200 Millionen Euro. Dann würde ich zu Thomas Eichin und Kosta Runjaic sagen: Jetzt kauft 1860 Stars".

Sportchef Eichin und Trainer Runjaic, beide von Ismaik ausgesucht und erst im Sommer eingestellt, sind schon wieder weg. Im Gegensatz zur 50+1-Regel, die noch immer gilt. Zumindest in der Theorie. Denn wenn die jüngste Entlassungs- und Degradierungswelle um Runjaic und Eichin beim TSV 1860 einen Schluss nahelegt, dann ist es dieser: Klubintern wird 50+1 nicht länger benötigt.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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