2. Bundesliga:Der eiskalte Aigner

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Nach dem Treffer gings für Stefan Aigner ab zu den Fans. (Foto: dpa)

1860-Rückkehrer Stefan Aigner sorgt gegen Bielefeld mit seinem Tor für Ekstase im Stadion. Doch am Ende feiern alle den ersten Saisonsieg erstaunlich leise.

Aus dem Stadion von Jan Geißler

Einige Meter Anlauf, ein ganz leichtes Abbremsen, gefolgt von einem Sprung über die Bande. Für einen kurzen Augenblick musste man Angst haben um Stefan Aigner, der wegen eines Ziehens im Gesäßbereich am vergangenen Donnerstag noch das Training des Zweitligisten TSV 1860 München abbrechen musste und sich erst am Freitag für das Heimspiel gegen Arminia Bielefeld fit gemeldet hatte. Dann allerdings landete der "Fan auf dem Platz", wie er sich selbst nennt, sicher zwischen Bande und Zaun. Der Muskel hielt. Das war die gute Nachricht, die andere: Er streckte beide Arme nach oben, die Hände ballte er zu Fäusten und ließ sich von den Fans auf der Tribüne feiern.

Kurz zuvor hatte der Außenstürmer den mit großen Ambitionen in die Saison gestarteten Münchnern die ersten Punkte beschert. Ausgerechnet bei seiner Rückkehr in die Fröttmaninger Arena, ausgerechnet gegen die Arminia, für die Aigner im Sommer 2008 sein erstes Bundesligaspiel absolvierte, erzielte er das Tor des Tages.

Bis zu seiner Auswechslung in der 79. Minute - begleitet von "Aiges"-Sprechchören und stehenden Ovationen der 24 800 anwesenden Zuschauer - hatte der 28-Jährige alles abgerufen, was sein Körper irgendwie hergab. Auf der rechten Außenbahn war er hoch und runter gerannt, hatte um jeden Ball gekämpft und sich immer wieder an den Bielefelder Verteidigern aufgerieben. So auch vor seinem Treffer. Nur dieses Mal sollte sich der Weg eben lohnen.

Nach einem Aussetzer von Bielefelds eingewechseltem Außenverteidiger Florian Hartherz erkämpfte er sich den Ball an der rechten Strafraumecke, legte ihn sich zweimal vor, um ihn anschließend stramm mit dem rechten Außenrist durch die Beine von Bielefelds Torhüter Wolfgang Hesl zu schieben. Das Stadion, das wegen der fehlenden Ultra-Gruppierungen bisher vor allem durch Stille aufgefallen war, erwachte innerhalb von Sekunden.

Emotionen? Fehlanzeige!

Tatsächlich lieferte dieser sonnige Nachmittag in der Arena reichlich Gründe, ein breites Grinsen im Gesicht zu tragen. Sowohl für Löwenfreunde, für die sich insbesondere Trainer Kosta Runjaic freute, als auch für Aigner. Stattdessen aber wirkte der Rückkehrer erstaunlich sachlich - dafür, dass er sich gerade knapp 80 Minuten mit Muskelbeschwerden durchgekämpft hatte und das 1000. Zweitliga-Tor in der Löwen-Gesichte erzielt hatte. Emotionen? Fehlanzeige! Natürlich sei all das schön, viel mehr freue ihn jedoch, "dass wir nicht nach zwei Spielen schon wieder unter drin stehen".

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Durch den ersten Dreier der Saison klettern die Löwen vom 17. auf den achten Platz. Ein Grund, die kommende Trainingswoche deshalb entspannter anzugehen, ist das allerdings nicht. Zu frisch sind die Eindrücke des Saisonauftaktes, als die neu formierte Mannschaft in Fürth eine verdiente Niederlage hinnehmen musste. Schon damals wurde deutlich, dass sich die vielen Neuzugänge - im Auftaktspiel standen sieben in der Startformation, dieses Mal waren es fünf - erst noch finden müssen.

Auch Aigner weiß das, und vermutlich war genau das der Grund für die eher zurückhaltende Freude. "In der ersten Halbzeit haben wir wieder viele Querpässe gespielt und wenig nach vorn", kritisierte er. Ergänzte dann aber, ohne eine Miene zu verziehen: "Trotzdem haben wir spielerisch eine bessere Leistung abgeliefert als in Fürth." Der Sieg gebe nun bestimmt Selbstvertrauen, die Mannschaft könne sich aber auch noch deutlich steigern.

Das muss sie auch, will sie in diesem Jahr nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Denn obwohl sich die Löwen verbessert präsentierten, hätte das Spiel gegen die Bielefelder auch anders verlaufen können: Die Gäste hatten die besseren Torgelegenheiten, verpassten es allerdings mehrmals, den Ball aus guter Position im Tor unterzubringen. Vor allem zur Pause hätten sich die Münchner Anhänger nicht über einen Rückstand beschweren dürfen.

Bei den Sechzigern hingegen dauerte es 50 Minuten bis zum ersten Torschabschluss. Der viel zu harmlose Versuch von Daylon Claasen ging jedoch deutlich am rechten Pfosten vorbei. Glücklicherweise kam eine gute Viertelstunde später dann Aigner und sorgte bei den eigenen Anhängern sowie Sportchef Thomas Eichin für Glücksgefühle.

Der doppelte KSC

Die Leistung des neuen Kapitäns dürfte Eichin gefallen haben. Rund drei Millionen Euro hatten die Münchner eine Woche vor dem Zweitligastart an Erstligist Eintracht Frankfurt überwiesen. Präsident Peter Cassalette war hierfür extra noch nach Abu Dhabi gereist, wie er berichtete, um auf Investor Hasan Ismaik einzureden und das letzte, fehlende Geld einzutreiben. Mit Erfolg. "Wir mussten irgendwann mal ein Tor schießen und dafür haben wir ihn geholt, und er hat es gemacht", freute sich Eichin. Gleichzeitig mahnte der Sportchef aber vor zu großer Euphorie: "Das war der erwünschte Fortschritt gegenüber Fürth", dennoch habe noch die letzte Konsequenz gefehlt.

Bis zum nächsten Ligaspiel in Karlsruhe bleiben den Löwen zwei Wochen, vorher wartet noch die erste Pokalrunde. Gegner dort: ebenfalls der KSC. Beide Spiele haben laut Eichin einen ähnlich hohen Stellenwert. Vermutlich ist dann auch Stefan Aigner wieder einsatzbereit. Je nach Ausgang dann ja eventuell sogar mit Grinsen im Gesicht.

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