Tipps zum Skifahren am Saisonbeginn:"Das Hauptproblem ist Selbstüberschätzung"

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Eindeutig kein Anfänger ist dieser Skifahrer auf einem Hang bei St. Märgen im Hochschwarzwald - und fit ist er auch, denn nach jeder Spur musste er die Abfahrt wieder hinaufsteigen (Foto: dpa/dpaweb)

Nicht nur Anfänger, auch Könner sollten sich körperlich auf die Skisaison vorbereiten - und auf der Piste nicht alle Regeln vergessen. Ein Gespräch mit Skilehrer Max Prem über Unfallgefahren, kleine und große Raser und verzweifelte Anfänger im Tiefschnee.

Von Katja Schnitzler

Seit fast 20 Jahren unterrichtet Max Prem Skifahrer und diejenigen, die es einmal werden wollen. Er ist Mitglied im Lehrteam des Bayerischen Skiverbands und wundert sich, wie sorglos sich manche Sportler ins Gelände wagen - und wie rücksichtslos einige die Pisten für sich beanspruchen.

SZ.de: In den Bergen laufen dieser Tage die Lifte an. Wie bereitet man sich im Tal richtig auf die Skisaison vor?

Max Prem: Eigentlich sollten sich Anfänger wie Könner auch im Sommer fit halten, mit Kraft- und Ausdauertraining wie Radeln oder Joggen. Wer zwei- bis dreimal in der Woche Sport treibt, ist bereit für das Freizeitskifahren. Wer das nicht schafft, sollte zumindest Skigymnastik-Kurse besuchen. Das ist nur ein kleiner Einstieg, aber besser, als gar nichts zu tun.

Woran merkt der Skifahrer, dass er doch nicht so fit ist wie gedacht?

Gerade am Saisonanfang fährt man auf bis zu 3000 Metern, eben da, wo schon Schnee liegt. Nur ist dort der Sauerstoffgehalt der Luft geringer, da muss das Herz ganz schön pumpen, das Kreislaufsystem ist stark belastet. Wer dann von neun Uhr morgens bis nachmittags auf die Piste will, aber schon mittags beim Gehen Probleme hat, weil der muskuläre Akku leer ist, für den wird es gefährlich.

Weil Stürze wahrscheinlicher sind?

Ja, was auch daran liegt, dass müde und untrainierte Fahrer nicht so schnell reagieren wie sie möchten. Zudem sinkt die Aufmerksamkeit, dabei muss man rundherum stets alles im Blick haben. Durch die Carving-Techniken schießen viele kreuz und quer über die Pisten, und diese sind auch noch deutlich voller als noch vor Jahren.

Woran liegt das?

Über den genauen Grund rätseln wir auch: Vor 15 Jahren konnte man um acht Uhr morgens am Stubaier Gletscher noch in der vordersten Reihe parken, heute füllen sich dann schon die Reihen des dritten Parkplatzes. Dabei ist das Alpinfahren ja alles andere als günstig. Früher gingen aber eher Leute aus der Region zum Skifahren, heute reisen auch Frankfurter, Düsseldorfer und Berliner an. Und eine neue Kundenklientel aus dem Osten entdeckt den Skisport für sich: Russen, Tschechen, Slowaken und Polen. Weil dort die Gebiete oft wenig ausgebaut sind, nehmen sie für einen Kurzurlaub 800 Kilometer Anreise und mehr in Kauf.

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Das heißt, nun treffen sich Anfänger und untrainierte Könner auf vollen Pisten in dünner Luft. Was ist da der häufigste Fehler der Skifahrer?

Das Hauptproblem ist Selbstüberschätzung. Viele sind zu schnell unterwegs und fahren nicht vorausschauend: Wenn der Kunstschnee auf einer steilen Strecke eisig und abgekratzt ist, muss man das Tempo eben drosseln. Und zum Einstieg sollten Anfänger sowieso erst einmal Skigebiete mit vorwiegend blauen und roten Pisten wählen. Ist der Hang überfüllt, fährt man lieber an den Seiten und gemütlicher, um keine Zusammenstöße zu riskieren.

Und dazwischen rasen Kinder bergab, oft völlig ohne Kontrolle. Wie bremsen Eltern sie aus, bevor das schiefgeht?

Ich habe beobachtet, dass Eltern ihre Kinder entweder überfordern oder überbehüten, dabei wäre die goldene Mitte sinnvoll. Im Skikurs lernen die Kleinen in drei oder vier Tagen, Pflugbögen und Kurven zu fahren. Danach sollten Eltern den Ball flach halten und mit ihnen einfache blaue Pisten fahren. Sonst kommt das Kind an einen Punkt, wo es überfordert ist und wortwörtlich die Kurve nicht mehr bekommt. Dann fährt es eben Schuss, bis es aufgehalten wird.

Und die Übervorsichtigen?

Diese Eltern trauen dem Ski-Nachwuchs wiederum zu wenig zu. Besser wäre es, die Kinder an schwierige Situationen bewusst heranzuführen. Sie werden ja von Saison zu Saison besser, wenn man regelmäßig mit ihnen fährt und nicht nur an ein paar Tagen im Winter. Wenn sie dann über ihre erste kleine Schanze springen wollen, sollte man das nicht verbieten, sondern sich erst einmal anschauen, wie es dahinter aussieht. Gesprungen wird also erst bei der zweiten Abfahrt auf dieser Piste mit wenig Anlauf - wenn die Eltern das Signal gegeben haben, dass dahinter niemand sitzt. Wer den Kindern erklärt und auch vorlebt, etwa dass man nicht in Engstellen oder unübersichtlichen Kurven hält, sondern am Pistenrand, führt sie an die Pistenregeln heran. Das ist wie bei der Verkehrserziehung: Irgendwann gehen die Kleinen allein in die Schule - und auf der Piste überholen sie die Eltern. Das Problem ist nur, dass sich manche Erwachsene im Verkehr viel besser auskennen als mit Pistenregeln. Da wäre gesunder Menschenverstand gefragt.

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Was würden Sie sich von Skifahrern wünschen?

Mehr Toleranz und Rücksicht aufeinander. Wer an einer Familie mit kleinen Kindern vorbeikommt, kann doch kurz das Gas rausnehmen und danach wieder losfetzen. Manche fahren stattdessen mitten durch. Wenn wir mit Gruppen unterwegs sind, rasen manche so knapp hinter unserem letzten Mann vorbei, dass der ihn atmen hören kann.

Dabei riskieren sie doch ihre eigene Gesundheit.

Einige üben einfach brutal ihren Sport aus und überschätzen sich selbst: Ihnen passiere schon nichts, sie könnten im Notfall schon noch schnell genug ausweichen - meinen sie. Andere bringen sich in Not, weil sie ihr eigenes Können falsch einschätzen und die alpinen Gefahren nicht berücksichtigen: Sie folgen einfach Spuren in den Neuschnee abseits der Pisten. Doch darunter können sich Steine und Spalten verbergen. Wenn wir mit Gruppen oder anderen Skilehrern ins alpine Gelände fahren, zum Beispiel beim Lawinenlehrgang, haben wir die nötige Ausrüstung dabei, von ABS-Rucksäcken und Schaufeln bis hin zum Piepser. Nur so verlassen wir den gesicherten Bereich. Wenn wir uns dann umsehen, fahren oft schon drei Fremde hinterher.

Schicken Sie die dann zurück?

Wenn sie nur wenige Meter wieder aufsteigen müssen, schon. Ansonsten müssen wir damit leben, dass sie uns folgen. Manche überschätzen ihr Tiefschnee-Können völlig und stehen dann mit Tränen in den Augen im Hang, weil sie nicht weiterkommen. Aber ich spring doch auch nicht in den See, wenn ich kaum schwimmen kann!

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