Wenige Tage nach dem Tod des nordkoreanischen Dikators Kim Jong II bereitet sich das Land auf die Machtübergabe an den designierten Nachfolger vor: seinen Sohn Kim Jong Un. Damit verbunden sind weltweit Hoffnungen, dass sich das isolierte Land öffnen möge - politisch, wirtschaftlich und auch touristisch. Bisher waren Besuche streng reglementiert: Keine Handys, keinen Small Talk, Fotos nur mit Erlaubnis. Wer in Nordkorea Urlaub machte, wurde streng überwacht. Fotograf David Guttenfelder gelang das Unmögliche: Mit seiner Kamera bereiste er auch die entlegensten Ecken eines der abgeschottesten Länder der Welt. Sozialistische Architektur in Reinform: Der Blick aus dem Hotelzimmer wirkt erst einmal trist. Dennoch hat dieser Blick auf das Zentrum von Pjöngjang Seltenheitswert. Ausländische Touristen, zumal aus dem Westen, sind von Nordkoreas Regierung nicht gern gesehen. Selbst ein unverfänglicher Schnappschuss kann hier gefährlich werden.
Dabei gilt die Demokratische Volksrepublik laut Auswärtigem Amt als "vergleichsweise sicheres Reiseland". Selbst die Spannungen zwischen Südkorea und Nordkorea - das Bild zeigt das Denkmal für die Wiedervereinigung des Vaterlandes - beeinträchtigen demnach die Sicherheitslage kaum.
Vorausgesetzt natürlich, die Einreise wird gewährt - für ein Visum brauchen Deutsche in der Regel eine Einladung aus Nordkorea. Wer die Hauptstadt mit ihren mehr als drei Millionen Einwohnern - das Bild zeigt den Taedong-Fluss in Pjöngjang - verlassen will, muss sich das extra genehmigen lassen.
Diktator Kim Jong Il und sein autoritärer Staatsapparat wachten seit 1994 über den gesamten Reiseverlauf. Informations- und Pressefreiheit existieren in Nordkorea praktisch nicht, auch Touristen haben in der Regel keinen Zugang zum Internet. Handys müssen für die Dauer des Aufenthalts am Flughafen hinterlegt werden.
Der unkontrollierte Kontakt mit Einheimischen ist für Ausländer praktisch unmöglich - und den Nordkoreanern unter Strafandrohung verboten. Selbst ein spontaner Small Talk in der U-Bahn in Pjöngjang kann den Angesprochenen in Schwierigkeiten bringen, warnt das Auswärtige Amt.
Gerade deshalb sind die Fotos von David Guttenfelder so besonders: Sie liefern einen seltenen Einblick in den Alltag eines der abgeschottensten Länder der Welt.
Guttenfelder gelang, was vielen Touristen verwehrt bleibt: Bei seiner Reise wurde er nur von einem nordkoreanischen Journalisten begleitet. Selbst in eine Grundschule durfte der preisgekrönte AP-Fotograf seine Kamera mitnehmen.
Intim ist auch sein Blick auf den in Nordkorea überall praktizierten Personenkult - wie hier vor dem Kumsusan-Mausoleum in Pjöngjang, in dem die Überreste des "Ewigen Präsidenten" Kim Il Sung aufbewahrt werden.
In einem Land, in dem viele Regionen für Ausländer gar nicht zugänglich sind, bereiste Guttenfelder auch abgeschiedene Ecken - wie das Myohyang-Gebirge nordöstlich der Hauptstadt.
Am Westmeerstaudamm (West Sea Barrage), einem der größten Staudämme der Welt, der den Taedong-Fluss nahe der Stadt Nampho vom Gelben Meer (in Korea: Westmeer) trennt, fotografierte er die Arbeiter, ...
... in Kaesong an der Grenze zu Südkorea die Bauern. Seit 17 Jahren berichtet David Guttenfelder für die Nachrichtenagentur AP aus Asien und Afrika, auch in Nordkorea war er bereits mehrfach unterwegs.
Die Fotos, die er von seiner letzten Reise mitgebracht hat, zeigen nicht nur das tägliche Leben in Nordkorea, sondern auch den ungewohnten Umgang mit Touristen: Schüchtern winkt eine Angestellte am Flughafen von Pjöngjang in die Kamera eines Urlaubers.
Mehrfach gab es in Nordkorea allerdings auch Übergriffe auf fotografierende Ausländer. Selbst ein Schnappschuss einer fast menschenleeren Straße kann dort verdächtig wirken.
Auch bei scheinbar harmlosen Motiven sollte man deshalb lieber vorher um Erlaubnis fragen. Der Staatsapparat will sein Image um jeden Preis schützen und hat deshalb Fotos von ärmeren Stadtvierteln verboten.
Auch dieses Bild dürfte dem kommunistischen Regime nicht gefallen: Das Foto eines Parkplatzes in Pjöngjang zeigt Luxusimporte aus dem propagandistisch bekämpften Westen.
Selbst Guttenfelders Aufnahme des traditionellen Nudelgerichts Naengmyeon in einem Restaurant wirkt aus Sicht der Regierung nur auf den ersten Blick unverfänglich. Nordkorea hat seit vielen Jahren Schwierigkeiten bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln.
Nach einem harten Winter und Überschwemmungen soll sich nun die Lage dramatisch verschlimmert haben. Die EU-Kommission teilte Anfang Juli mit, sie wolle Lebensmittel im Wert von zehn Millionen Euro nach Nordkorea liefern, um mehr als eine halbe Million Menschen vor dem Verhungern zu bewahren.
Reisende bekommen davon eher wenig mit, dafür sorgt das Regime. Das Dilemma allerdings bleibt: Sollte man angesichts von Hungerkrise und Geschichten über Arbeitslager, Folter und Geheimdienst wirklich in einer Diktatur Ferien machen? Massentourismus zumindest wird es in Nordkorea auf absehbare Zeit nicht geben. Auch dafür sorgt das Regime.