Passagier- und Fahrgastrechte:Die Grenzen der höheren Gewalt

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Reisenden wird im Winter einiges abverlangt, doch sie dürfen auch Forderungen stellen: Was Passagiere und Fahrgäste an Entschädigung erwarten können.

H. Freiberger, D. Kuhr

Es ist Kulanz - aber eigentlich auch das Mindeste, was man erwarten darf: Fahrgäste, die in den nächsten Tagen bis Weihnachten ihre gebuchte Bahnreise nicht antreten wollen, dürfen kostenlos stornieren. Doch nicht bei allem sind die Kunden auf Kulanz angewiesen. Sie haben auch Rechte.

So können sie seit Sommer 2009 bei längeren Verspätungen Entschädigung verlangen. Kommen sie eine Stunde später als geplant am Zielort an, können sie ein Viertel des Fahrpreises zurückverlangen, bei zwei Stunden sogar die Hälfte. Allerdings gilt das nicht, wenn sich die Bahn auf höhere Gewalt berufen kann. "Genau da wird es heikel", sagt Hartmut Buyken vom Fahrgastverband Pro Bahn. "Denn womöglich kann die Bahn ja tatsächlich nichts dafür, wenn ein Baum unter der Schneelast zusammenbricht und die Oberleitung beschädigt." Und so sagt denn auch ein Bahnsprecher, es werde in jedem Einzelfall geprüft, woran die Verspätung genau lag - "ob wir verantwortlich waren oder das Wetter".

Buyken rät aber, sich bei Verspätungen grundsätzlich das Fahrgastrechte-Formular zu besorgen. "Das gibt es beim Schaffner, am Servicepoint im Bahnhof oder im Internet." Nach Möglichkeit solle der Kunde sich schriftlich bestätigen lassen, dass und wie viel sein Zug Verspätung hatte. "Ich bin ziemlich sicher, dass sich die Bahn im Zweifelsfall kulant verhalten wird", meint er.

Das sollten Fluggäste wissen

Auch bei ausgefallenen Flügen haben Passagiere Anspruch auf Ersatz. "Trotz höherer Gewalt durch Eis und Schnee dürfen Fluggesellschaften ihre Kunden nicht alleine lassen", sagt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Geregelt ist das in der EU-Fluggastverordnung. Verschiebt sich ein Flug, je nach Länge der Flugstrecke, um mehr als zwei, drei oder vier Stunden, muss die Airline die Passagiere kostenlos betreuen. Auf Wunsch stehen ihnen Mahlzeiten und Erfrischungsgetränke zu, sie haben Anspruch auf zwei Telefongespräche, Fax oder E-Mail. Wer wegen einer Verspätung auf die Bahn umsteigen wolle, müsse mit der Fluggesellschaft abklären, ob sie die Kosten übernimmt, sagt Gollner.

Verzögert sich ein Flug um mehr als fünf Stunden, können die Kunden komplett darauf verzichten. "Die Airline muss ihnen dann den Ticketpreis inklusive Steuern und Gebühren zurückzahlen", sagt Gollner, und zwar in Form von Bargeld, nicht als Gutschein. Startet der Jet erst am nächsten Tag, müssen die Fluggesellschaften ihren Passagieren zudem eine Hotelübernachtung und die Fahrt dorthin zahlen.

© SZ vom 21.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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