Outer Banks in North Carolina:Abheben und Abtauchen

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Wo kann man den Traum vom Fliegen besser verwirklichen, als dort, wo die Wright-Brüder einst abhoben? In den Outer Banks locken der Himmel - aber auch reiche Tauchgründe.

Darrell Collins ist noch immer fasziniert von dem, was die zwei Brüder vor mehr als 100 Jahren vor der Küste Carolinas geschafft haben. "Die Wright-Brüder hatten eine Idee - und sie haben nicht locker gelassen, bis sie sie verwirklicht haben", sagt der Mann in der grün-beigefarbenen Uniform eines Park Rangers.

"Jeder Besucher, der auf den Pfaden der Wright-Brüder wandelt, fühlt sich als Pionier am Himmel". (Foto: Foto: outerbanks.org/dpa/tmn)

Ein Museum steht heute an der Stelle, an der Orville und Wilbur 1903 zum ersten Mal zu einem Flug abhoben, der länger dauerte als ein paar Sekunden und mit der Hilfe eines Motors zustande kam. "Das war damals eine Sensation", sagt der Historiker Collins, der sich bereits seit Jahrzehnten mit den fliegenden Brüdern beschäftigt und als Ranger sein Wissen an die jährlich 500.000 Besucher weitergibt, die das Wright Memorial in Kill Devil Hills auf den Outer Banks besuchen.

Lange hatten die beiden Fahrrad-Ingenieure nach einem Ort gesucht, an dem es weite Sandstrände gab, Wind und Ebenen. Der Wetterdienst erstellte ihnen eine Liste, nach der Chicago der am besten geeignete Platz für ihre Experimente war - des Windes am Michigansee wegen. Doch Chicago war schon stark bevölkert, also kein geeigneter Ort für Testflüge. Die Brüder sichteten also ihre Liste genauer und entschieden sich, auf die Outer Banks zu reisen, die schmale Atlantik-Inselkette vor der Ostküste der USA.

Sie bauten sich ein kleine Bude aus Holz, in der sie sich - geschützt vor Sonne, Mücken und dem für sie so wichtigen Wind - einrichteten. Zu sehen ist ein Nachbau heute auf dem Areal des Wright-Museums in Kill Devil Hills.

Die langen und breiten Sandstrände ziehen auch Touristen aus aller Welt zum Badeurlaub an. Denn auf den Outer Banks gibt es alles, was zu einem Strandurlaub gehört: Sonne, Meer, kilometerlange weiße Strände, schmucke Orte, Geschichte, Geschichten, ein bisschen Kultur und allerlei Möglichkeiten, sich auszutoben - Surfen und Segeln, Kajakfahren, Reiten und Radeln, Schwimmen und Fliegen zum Beispiel.

Besonders beliebt ist "Hanggliding" - der Flug mit einem Drachen von einer Sanddüne. "First in Flight" steht auf den Autoschildern des Staates North Carolina. "Jeder Besucher, der auf den Pfaden der Wright-Brüder wandelt, fühlt sich als Pionier am Himmel", sagt Fluglehrer John, der seinen Schülern den Traum vom Fliegen erfüllt.

Wilde Pferde und Wracktauchen

"Die meisten heben nur wenige Sekunden ab und landen dann wieder im weichen, warmen Sand." Genügend Platz für die ersten Flugversuche ist jedenfalls vorhanden: Von Nord nach Süd erstrecken sich die Outer Banks auf etwa 80 Meilen, also mehr als 128 Kilometer. Auf der Ostseite liegt der Atlantik, auf der Westseite der schmalen "Barrier Islands" erstrecken sich die Sounds. Die Region gehört zu den ältesten von Europäern besiedelten Amerikas. Currituck County, der nördliche Kreis der Banks, wurde etwa schon 1668 erwähnt - keine 50 Jahre zuvor hatten die Pilgerväter im heutigen Neuengland eine neue Heimat gefunden. Eine britische Kolonie hatte es schon Jahrzehnte früher gegeben. Was aus den mehr als 100 Briten geworden ist, die bereits Ende des 16. Jahrhunderts den Atlantik querten, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Über diese sogenannte verlorene Kolonie hat der einheimische Autor Paul Green sogar ein preisgekröntes Musical geschrieben: "The Lost Colony" wird jeden Sommer unter freiem Himmel in Roanoke aufgeführt. Richtig besiedelt sind die Outer Banks erst seit rund 30 Jahren. Nur wenige tausend Menschen leben das ganze Jahr über in der Region.

Nördlich des Städtchens Corolla gibt es eine ganz besondere Attraktion: Eine riesige Herde wilder Pferde, die in den Dünen leben und sich Abenteuerlustigen zeigen, die sich mit einem Allrad-Auto in den Sand vorwagen. "Man muss schon genau wissen, wo man hinfährt", sagt James Easily, der verschiedenen Touren in diese Wildnis leitet.

Noch Jahrhunderte nach der ersten Besiedlung ist die Küste vor North Carolina für viele ein mysteriöser Ort. Vor allem Schiffskapitäne fürchteten lange Zeit den Weg dorthin. "Wegen der Winde und der Sandbänke ist die Küste gefährlich", erklärt James Charlet, ein kleiner Mann mit Kugelbauch und wirrem Bart, der die historische Station der Küstenwache mit dem schwierigen Namen Chicamacomico leitet. Entlang der Outer Banks liegen mehr als 1000 Schiffswracks auf dem Meeresgrund. "Es gibt Touristen, die nur zum Wracktauchen nach North Carolina kommen." Der Atlantik ist flach, und die Strömungen und Winde tun ein Übriges, um den Sand unter Wasser ständig in Bewegung zu halten.

Läuft ein Schiff während eines Sturms auf Grund, zerschellt es leicht in den dann riesigen Wellen. "Weil das Wasser vor Cape Hatteras so gefährlich war, ist von hier aus der Life Guard Service entstanden, der so manchen verunglückten Seemann rettete", erzählt Charlet. Heute ist die frühere Rettungsstation ein Museum, in dem das schwierige Leben der ersten Lifeguards nachgestellt wird.

© Verena Wolff/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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