Mount Everest:Auf dem Müllberg von Nepal

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Um Natur und Menschen in armen Ländern zu schonen, bilden Trekkinganbieter vor allem einheimische Mitarbeiter aus. Und setzen auf die Sensibilität der Touristen.

Hans Gasser

"Nur eine heiße Dusche in zehn Tagen!!!" Die drei Ausrufezeichen machen deutlich, wie schwer das der deutschen Trekkingtouristin in Nepal gefallen sein muss.

Mount Everest
:Berg voller Rekorde und Tragödien

Der Mount Everest ist der höchste Berg der Welt und treibt viele zu Höchstleistungen an. Aber die Bezwingung eines Mythos aus Fels und Eis birgt viele Gefahren.

Sie gibt ihre Kritik als "Umweltschutzbeitrag" an, in einer Studie der Universität Salzburg, bei der 230 Trekkingtouristen nach ihren Motiven befragt wurden.

Ein anderer schreibt, dass er seinen ganzen Müll wieder mit nach Hause genommen hat. Ganz viele, die zum ersten Mal in der Himalayaregion waren, erzählen daheim nicht nur von den majestätischen Gletscherbergen, sondern auch von den Müllbergen, die im Kathmandutal vor sich hin gammeln.

"Das Ausmaß an kultureller und ökologischer Sensibilität unter Trekkingtouristen ist groß", sagt Professor Kurt Luger, der die Motivstudie realisierte. Luger ist gleichzeitig Gründer der österreichischen Entwicklungshilfeorganisation Ecohimal.

Seit 1992 versucht er, mit Projekten im Himalaya "die Regionen so zu entwickeln, dass die Leute sich selbst und später auch einmal Touristen versorgen können". Es gehe zunächst einmal um Trinkwasserleitungen, Schulen, dichte Dächer, dann auch um saubere Energie, Naturschutz und Abfallmanagment.

Die Touristen sollen einen Zusatzverdienst bringen, etwa in Nepal, wo 80 Prozent der Menschen als Subsistenzbauern leben und sich oft mit ihren Felderträgen nur das halbe Jahr lang ernähren können.

"Pro Poor-Tourism" nennt sich das im sozialwissenschaftlichen Jargon, und damit es pro und nicht contra Einheimische geht, setzt Ecohimal sehr stark auf die Ausbildung derer, die später mit den Trekkinggästen aus dem Westen zu tun haben werden.

In der Dholaka-Region, sechs Busstunden nordöstlich von Kathmandu, bauen Dorfgemeinschaften Campingplätze und Gästehäuser; Trekkingführer werden von einheimischen Fachleuten und österreichischen Bergführern zehn Tage lang ausgebildet, lernen Gruppenführung, Erste Hilfe, Vermittlung kulturellen Wissens und ökologische Grundregeln.

Die Ausbildung sei den lokalen Agenturen oft gar nicht so recht, so Luger.

"Wer zu gut ausgebildet ist, der kostet mehr", sei deren Argumentation.

Während die Einheimischen unter anderem auch von den großen deutschen Trekkingveranstaltern auf die Fremden vorbereitet werden, sei die Information der Reisenden nicht ausreichend, kritisiert Luger.

Zwar würden sich viele selbst informieren, aber wie das Trekkinggeschäft ablaufe, wisse kaum jemand.

Durch den 11. September, Sars und schließlich durch den Volksaufstand gegen den nepalesischen König hat die Zahl der Trekkingurlauber von mehr als 100.000 im Jahr 1998 auf 70.000 im vergangenen Jahr abgenommen.

Viele örtliche Agenturen sind dadurch unter Druck geraten, die Arbeitsbedingungen für Führer und Träger haben sich verschlechtert.

"Es herrschen zum Teil Verhältnisse wie vor 20 Jahren", sagt Luger: kaum feste Anstellungen, dadurch kaum Sicherheit und dazu schlechte Bezahlung. Viele Agenturen in Kathmandu würden alle Lebensmittel in der Stadt kaufen, weil sie dort am billigsten sind und sich damit Profit machen lässt.

Die Dorfgemeinschaften am Weg können deshalb nicht von den Wandertouristen profitieren.

"Wo dies möglich ist, werden Gemüse, Reis, frische Eier und Fleisch unterwegs zugekauft", sagt Manfred Häupl, Geschäftsführer von Hauser Exkursionen, dem größten deutschen Trekkingreiseveranstalter. Zum einen wegen der Frische, zum anderen gehöre es zum Grundprinzip des Unternehmens, die lokale Bevölkerung so viel wie möglich profitieren zu lassen.

"Drecksack" für die Gäste

Man engagiere sich auch stark in der Ausbildung, 25 nepalesische Reiseleiter, die deutsch sprechen, seien fest unter Vertrag.

Die Sirdas, die Trekkingverantwortlichen, seien bei der lokalen Agentur das ganze Jahr über angestellt und nicht nur während der Saison. Pro Trekkinggast seien zwei Einheimische beschäftigt als Träger, Koch und Führer.

Auch der DAV-Summit-Club, der zweitgrößte deutsche Veranstalter, legt Wert auf die Nachhaltigkeit seiner Angebote. Bei 95 Prozent der Nepalreisen gebe es einheimische Reiseleiter, etwa 100 Nepalesen habe der Summit-Club bereits ausgebildet, sagt Abteilungsleiter Markus Herrmann.

In punkto Müll könne man "natürlich nur auf die Entsorgung zurückgreifen, die das Land hergibt". Deswegen gebe man seit 1990 den Gästen einen "Drecksack" mit der Bitte mit, Verpackungen ganz zu vermeiden oder Problemmüll wie Batterien wieder mitzunehmen.

Weil man Lebensmittel in wiederverwendbaren Behältern transportiere, fielen heute nur noch 20 Prozent des Mülls von vor 16 Jahren an, heißt es beim Summit-Club.

Entwicklungshelfer Luger stellt denn den großen deutschen Veranstaltern im Großen und Ganzen auch ein gutes Zeugnis aus. Sie würden sich sehr bemühen die Nachhaltigkeit betreffend und ihre Macht verantwortungsvoll nutzen.

So hat man sich in den 1980er Jahren sehr für das Kochen mit Kerosin statt mit dem knappen nepalesischen Holz eingesetzt. Als dann die Lodges aufkamen, begann alles wieder von vorn: Weil sie schlecht isoliert waren, arbeiteten die Holzöfen auf Hochtouren.

Das ist vielerorts immer noch so, obwohl manche Veranstalter sanften Druck ausüben und die Zusammenarbeit an ökologische Mindeststandards knüpfen.

© SZ vom 30.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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