Klettersteig:Am Hohen Göll

Lesezeit: 3 min

Schustersteig und Mandlgrat: So heißen zwei mittelschwere Klettersteige an dem 2522 Meter hohen Berg in den Berchtesgadener Alpen.

Stefan Herbke

Schon lange vor dem Boom der Klettersteige wurden die Schlüsselstellen der klassischen Anstiege rund um Berchtesgaden entschärft. Und bieten heute - wie der Mannlgrat und der Schustersteig auf den Hohen Göll - kurzweilige Touren inmitten einer grandiosen Kulisse.

Geschafft! Das Gipfelkreuz am Hohen Göll (Foto: Foto: Herbke)

Der Hohe Göll ist eine der imposantesten Berggestalten über dem Berchtesgadener Talkessel und rangiert demzufolge in der Gipfelwunschliste ganz weit oben. Ein Felsklotz, der trotz mächtiger Felsabstürze wie der Westwand vor allem bei Skitourengehern einen guten Ruf genießt. Die zieht es im Frühjahr in Scharen durch das Alpeltal auf den flachen Gipfel.

Wer im Markt Berchtesgaden steht und auf König Watzmann als Wahrzeichen schaut, der sieht den Göll als östlichen Abschluss des Gipfelkreises, der sich über Hohes Brett, Steinernes Meer, Watzmann, Hochkalter und Reiter Alpe fortsetzt und in dessen Rücken sich der Untersberg als isolierter Bergstock versteckt.

Vom Rossfeld zum Purtscheller Haus

Vor der Kür kommt die Pflicht, und die ist beim Anstieg zum Purtscheller Haus pures Vergnügen. Nach kurzem Abstieg in den Eckersattel stehen zwei Wege zur Auswahl: entweder direkt über den Rücken oder durch die ostseitigen Hänge, die bereits früh morgens in der Sonne liegen, aber einen wunderbaren Blick in die mächtige Ostwand des Hohen Göll mit ihren Schneefeldern ermöglichen. Ein schöner Steig inmitten eines bunten Blumenteppichs, über dem die Insekten munter summen. Eine Naturidylle, die allerdings gelegentlich durch das Brummen der PS-starken Zweiräder gestört wird, welche in den Kurven der Rossfeldstraße ihre Stärke zeigen.

Staatsgrenze durch die Toilette

Das geräumige Purtscheller Haus (Foto: Foto: Herbke)

Das Purtscheller Haus thront auf dem Rücken des Eckerfirsts und besitzt eine echte Grenzlage. Direkt durch Küche, Hausgang und Toiletten verläuft die Staatsgrenze, ein Strich auf dem Boden markiert die Linie und wird von den Gästen etwas ungläubig registriert. Früher, als die Grenzen noch geschlossen waren, passten Grenzer auf, dass auch ja keiner den falschen Weg einschlug und ins Nachbarland abstieg. Später wurde dann noch gelegentlich kontrolliert, doch das ist Geschichte.

Zum Einstieg des Schustersteigs sind es noch ein paar Höhenmeter. Erst folgt ein wunderbarer Gang über den grünen Gratrücken bis zu einem Felsaufschwung im Nordostgrat. Hier weicht der Steig den Felsen noch aus und quert auf einem Band harmlos in die Nordflanke des Kammes. Über Schrofen und Felsstufen gewinnt man wieder an Höhe, bis letztlich doch die Grathöhe erreicht wird und die Wandstufe unter der Gölleiten in greifbare Nähe rücken.

So abschreckend die Felsstufe auf den ersten Blick auch ausschaut, beim Näherkommen zeigt sich das Gelände gut gestuft mit reichlich Griffen und Tritten. Der Einstieg in den Schustersteig ist kaum zu verfehlen, ein roter, von weitem zu sehender Plastikmantel schützt die ersten Meter des Seiles. Schnell gewinnt man an Höhe, Griffe und Tritte sind reichlich vorhanden, so dass das Seil wirklich nur der Sicherung dient.

Keine hundert Meter höher ist bereits der breite Rücken der Gölleiten erreicht und damit der Endpunkt des Klettersteigvergnügens. Der Rest ist munteres Laufen, bei dem das Panorama auf die Berchtesgadener Alpen, auf die Hohen Tauern und hinüber zum Dachstein mit jedem Meter weiter wird.

Abstieg über den Mandlgrat

Wer über den Schustersteig aufgestiegen ist, der kann auch über den Mandlgrat zum Kehlstein absteigen. Von der Gölleiten aus betrachtet nichts Tragisches, doch der Eindruck täuscht. Denn am Mannlgrat geht es auf und ab, die schweren Felszacken werden dabei alle umgangen. Der im Jahr 1957 erbaute Steig ist die Kür für Klettersteiggeher: kurze senkrechte Passagen, Klammern und Stifte in glatten Kalkplatten, straffe Drahtseile, an denen man immer wieder die Gratseite wechselt, und dann plötzlich eine letzte Markierung in einem Felsenrund, aus dem kein Weg hinaus führt.

Doch die Auflösung ist schnell gefunden, statt oben drüber geht es unten durch, ein schmaler Spalt unter den mächtigen Felsblöcken lässt genügend Platz zum Durchrobben. Und dazwischen immer wieder Gegenanstiege und Latschenfelder, in denen schon mal die Hitze flimmert.

Anfahrt: Salzburger Autobahn bis Ausfahrt Bad Reichenhall, über Reichenhall und Berchtesgaden zum Parkplatz bei der Kehlstein-Busabfahrt am Obersalzberg. Anreise mit Bahn und Bus möglich. Ausgangspunkt ist das Rossfeld, mit Bus vom Obersalzberg zu erreichen. Endpunkt ist der Kehlstein, von dort geht es mit dem Bus zurück zum Obersalzberg.

Zeit: 7 Stunden

Schwierigkeit: Der Schustersteig überwindet einen kurzen Felsabbruch zwischen Gölleiten und Nordostgrat, ist perfekt gesichert und nicht allzu schwer. Sehr kurzweilig ist der Klettersteig über den Mannlgrat zwischen Kehlstein und Hoher Göll, wobei die steilsten Felszacken umgangen werden.

Einkehr: Purtschellerhaus (1692 m)

Karte: BLVA UK 1, Nationalpark Berchtesgaden (1:25.000); BLVA UK L 4, Berchtesgadener Alpen (1:50.000)

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