Klage auf Entschädigung für Flugannullierung:Kein Geld bei Streik

Streiks und schlechtes Wetter werten Fluggesellschaften als "außergewöhnliche Umstände" und zahlen daher keine Entschädigung für annullierte Flüge - zu Recht, wie nun der Bundesgerichtshof entschied.

Reisende, deren Flüge wegen eines Pilotenstreiks annulliert werden, können dafür keine Ausgleichzahlung verlangen. Auch die Streiks eigener Piloten seien "außergewöhnliche Umstände", die von Fluggesellschaften nicht beherrscht werden könnten, entschied der Bundesgerichtshof (BFGH) in einem in Karlsruhe verkündeten Urteil. Damit scheiterte die Klage eines Reisenden gegen die Lufthansa. Eine zweite Klage wies das Gericht zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück. (Az: X ZR 138/11)

Die Kläger hatten einen Ausgleich von je 600 Euro gefordert, weil ihre Flüge wegen Pilotenstreiks im Februar und März 2010 annulliert und sie mit mehrtägiger Verspätung auf andere Flüge umgebucht worden waren. Die Lufthansa hatte den Betroffenen zwar Hotels und Verpflegung bezahlt, eine darüber hinausgehenden Ausgleichsleistung für die annullierten Flüge jedoch verweigert.

Der BGH verwies in seiner Urteilsbegründung unter anderem auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Fluggesellschaften keinen Ausgleich für Annullierungen aufgrund von ihnen "nicht zu beherrschenden Gegebenheiten" zahlen müssen. Dazu zählten ausdrücklich auch von Gewerkschaften veranlasste Streiks: Auch wenn es sich dabei um eigene Mitarbeiter der Fluglinie handelt, wirkten die Streiks laut BGH "von außen" auf das Unternehmen ein und seien von ihm nicht beherrschbar, da eine Streikentscheidung von den Beschäftigten im Rahmen ihrer Tarifautonomie getroffen werde.

Der BGH verwies zudem darauf, dass die Lufthansa nach dem Streikaufruf der Gewerkschaft Cockpit im ersten Fall ihren Flugplan am Airport Frankfurt/Main so reorganisiert hatte, dass möglichst wenige Fluggäste darunter leiden mussten. Betroffene könnten deshalb keinen Ausgleich mit der Begründung fordern, die Streichung ihres Fluges sei vermeidbar gewesen, weil stattdessen ein anderer Flug hätte annulliert werden können. Ob dies auch für den Sonderflugplan vom Airport Köln im zweiten Fall gilt, muss nun das dortige Landgericht prüfen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Rechte Passagiere haben, wenn ihr Flug verspätet ist oder gar annulliert wird.

Diese Rechte haben Passagiere

Trotz der aktuellen BGH-Entscheidung gehen Fluggäste nicht leer aus, wenn sie wegen eines Ausstands am Flughafen stranden. Diese Rechte haben sie:

[] Entschädigung: Bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung ab drei Stunden haben Passagiere zwar laut EU-Verordnung Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro - aber nur, wenn kein "außergewöhnlicher" Umstand daran schuld ist. Die Fluggesellschaften werten Streiks aber wie miserables Wetter als außergewöhnlichen Umstand - und zahlen eine Entschädigung dann nicht. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschied.

[] Stornierung: Einen wegen Streiks gestrichenen Flug kann der Kunde stornieren, er bekommt dann sein Geld zurück. Wer trotzdem fliegen will, hat Anspruch auf einen späteren Flug. Das kann aber dauern, bis der Streik vorbei ist - und auch länger, da ein Rückstau entstehen könnte.

[] Verspätung: Bei Flügen bis zu 1500 Kilometern haben Fluggäste ab zwei Stunden Verspätung Anspruch auf Betreuungsleistungen - also Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometern gibt es Unterstützung nach drei Stunden, ab 3500 Kilometern Strecke nach vier Stunden. Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

[] Ersatzbeförderung: Die Airline ist verpflichtet, die Fluggäste schnellstmöglich an ihr Ziel zu bringen. Ist dies auf dem ursprünglich vorgesehenen Weg nicht möglich, muss sie sich laut Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg um eine Ersatzbeförderung kümmern. "Innerhalb von Deutschland kann das zum Beispiel eine Umbuchung auf die Bahn oder ein Bustransfer sein", so die Reiserechtsexpertin. Auf längeren Strecken gibt es eventuell die Möglichkeit, von einem benachbarten Flughafen zu starten.

[] Essen und Trinken: Müssen Passagiere am Flughafen warten, stehen ihnen laut der Verbraucherschützerin Essen und Getränke zu. In der Regel verteilen die Fluggesellschaften Gutscheine. Keine genauen Vorschriften gibt es, wie hoch der Betrag sein muss. In der EU-Verordnung heißt es nur, dass Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit stehen müssen. "Bei einer Verspätung von drei Stunden, reicht durchaus ein Gutschein über 10 Euro pro Person", so Fischer-Volk.

[] Telefonate: Ebenso wie Speisen und Getränke muss gestrandeten Passagieren die Möglichkeit eingeräumt werden, zu telefonieren, Faxe zu versenden oder E-Mails zu schicken. Hier ist die Anzahl genau geregelt: Laut einer EU-Verordnung sind es zwei Telefonate oder zwei Faxe oder zwei E-Mails.

[] Unterkunft: Gibt es erst am kommenden Tag oder noch später die Möglichkeit weiterzufliegen, müssen Airlines Passagieren eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen. "Eine Pritsche im Terminal reicht dazu in der Regel nicht aus", erläutert Fischer-Volk, "aber es muss auch kein Fünf-Sterne-Haus sein." Lediglich in Ausnahmesituationen müssten Fluggäste mit einem Feldbett vorliebnehmen. Dies war zum Beispiel nach den Flugannullierungen wegen der Vulkan-Aschewolke über Island der Fall, als an manchen Flughäfen alle Hotelbetten belegt waren. Auch den Transport vom Flughafen zum Hotel muss die Fluggesellschaft zahlen. Eine Obergrenze, wie viele Nächte die Airline höchstens zahlen muss, gibt es nicht.

Diese Regelungen ergeben sich aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Sie gilt bei allen Abflügen aus der EU und bei Flügen von Airlines, die ihren Sitz in der EU haben und in die EU fliegen.

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