Windkraft:Industrie auf hoher See

Lesezeit: 2 min

Die Windkraft-Industrie boomt geradezu. (Foto: SZ-Grafik: Keller; Quelle: Deutsche Windguard)
  • Seit vorigem Jahr boomt in Deutschland der Ausbau von Windkraftanlagen auf hoher See.
  • 400 Windräder wurden neu errichtet oder in Betrieb genommen, weitere zwei Gigawatt kommen in diesem Jahr voraussichtlich hinzu - das entspricht der Leistung zweier Atomkraftwerke.
  • Rund neun Prozent des deutschen Stroms werden mittlerweile aus Windkraft erzeugt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Es gibt in deutschen Häfen Schiffe, die laufen morgens mit einem halben Dutzend Türmen für Windräder aus - und pflanzen auf hoher See Turm für Turm. Andere Schiffe fahren da draußen ihre Stelzen aus, verankern sich am Meeresboden - um dann mit einem Kran Gondeln auf die Türme zu setzen, vor denen sich dann später die Rotoren drehen. So geht das mittlerweile zu auf dem Meer. "Wir sind jetzt in der Phase der Industrialisierung", sagt Sigmar Gabriel, der Bundeswirtschaftsminister von der SPD.

Örtliche Bürgerinitiativen gibt es auf dem Meer keine, dafür aber recht stetigen Wind. Inzwischen gibt es sogar Windräder mit den dazugehörigen Stromleitungen zum Festland - diese waren in der Vergangenheit mitunter Mangelware. Fünf Jahre lang ging der Ausbau zur See nur schleppend voran, seit dem vorigen Jahr boomt er regelrecht. 400 Windräder wurden neu errichtet oder in Betrieb genommen, weitere zwei Gigawatt kommen in diesem Jahr voraussichtlich hinzu - das entspricht der Leistung zweier Atomkraftwerke.

Das passt zur Planung für die Windkraft zur See: Bis 2020 sollen den aktuellen Regierungsplänen zufolge Windräder mit einer Leistung von 6,5 Gigawatt in Nord- und Ostsee stehen. "Wir sind ziemlich sicher, dass wir das erreichen", heißt es beim Branchenverband BWE. Womöglich sogar deutlich vor 2020.

Alle Prognosen übertroffen

Auch an Land werden derzeit alle Prognosen übertroffen. Damit die Energiewende stetiger fortschreitet, peilt der Bund hier jährlich neue Windräder mit einer Kapazität von 2,5 Gigawatt an. Doch die aktuelle Prognose der Branche liegt bei 4,2 Gigawatt - mit guten Chancen, die auch zu schaffen. Das entspricht rund 1600 neuen Windrädern allein in diesem Jahr - allerdings werden mancherorts im Gegenzug auch alte Anlagen abgebaut. Bei dem sogenannten Repowering verschwinden kleine, ältere Windräder. Sie werden dann durch größere ersetzt, die im Schnitt etwa viermal so viel Strom erzeugen können. Da ein großer Teil der deutschlandweit 25 000 Windräder zu Beginn des Jahrtausends errichtet wurde, gäbe es hier durchaus noch einiges zu holen. Im vorigen Jahr wurden so an die 400 Anlagen ersetzt.

Rund neun Prozent des deutschen Stroms werden mittlerweile aus Windkraft erzeugt, die großen Windparks im Meer sind da noch nicht eingerechnet. Sie haben sich auch noch nicht im Konto des Fördergesetzes EEG niedergeschlagen. Das Konto, auf das Stromkunden über die sogenannte EEG-Umlage einzahlen, finanziert die garantierten Vergütungen für den Ökostrom. Im Mai lag es mit 4,8 Milliarden Euro im Plus, ein Rekordwert für diese Jahreszeit.

Noch ist aber unklar, wie sich die teureren See-Windparks hier am Ende bemerkbar machen - weshalb das Wirtschaftsministerium schon an der nächsten Reform arbeitet: Künftig sollen sich die Windpark-Betreiber in spe per Ausschreibung um den Zuschlag bewerben. Bauen dürfen dann diejenigen, die mit den geringsten Fördersätzen auskommen. Das soll die Preise senken. Kleine Bürger-Projekte tauchen in dieser Art Rationalisierung kaum noch auf.

Lesen Sie das Interview mit Baden-Württembergs Umweltminister mit SZ plus:

SZ PlusUmweltminister
:"Ich habe unterschätzt, wie viel Zeit das alles kostet"

Franz Untersteller, Umweltminister von Baden-Württemberg, im Gespräch über die Mühe, mehr Windräder ins Land zu stellen.

Interview Von Josef Kelnberger

Wie der Widerstand gegen Windturbinen wächst - mehr dazu mit SZ plus:

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEnergiewende
:Gegenwind

Windkraftwerke klingen wie ein Versprechen, doch der Widerstand gegen die grauen Riesen wächst.

Von Thomas Hahn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: