Warschau:Polen setzt Chef von Nato-Spionageabwehr ab - mitten in der Nacht

  • Polens neue rechtskonservative Regierung wechselt mitten in der Nacht der Chef des in Warschau befindlichen Nato-Abwehr aus.
  • Die Regierung spricht davon, dass die Beamten nicht mehr das Mandat der neuen Regierung hätten. Ein Sender spricht von einem Spionageverdacht für die USA.
  • Die polnische Opposition drückt ihre Verwunderung über die nächtliche Aktion aus.

Frühmorgens, um 1.30 Uhr, verschafften sich hochrangige Beamte des Verteidigungsministeriums Zugang zum Nato-Spionageabwehrzentrum in Warschau. Mit dabei hatten sie Militärpolizisten, berichtete die Agentur PAP.

Ziel der nächtlichen Aktion: Den Leiter der Einrichtung auswechseln.

Mit der nächtlichen Aktion sorgt die neue rechtskonservative Regierung von Polen für neues Aufsehen - und für die Ausweitung des eigenen Einflusses.

Auch Deutschland an Spionageabwehr beteiligt

Als Grund für den Einsatz gab ein Sprecher des Ministeriums an, eine Reihe von Mitarbeitern des Zentrums habe sich einer Versetzungsorder widersetzt. Die betreffenden Offiziellen würden nicht von der vor Kurzem ins Amt gekommenen Regierung in ihren Funktionen unterstützt, sagte der erst Mitte November ins Amt stellvertretende Verteidigungsminister Bartosz Kownacki zum Radiosender RMF.

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Der Sender TVP Info behauptete, es gebe den Verdacht, dass Personen für die USA spioniert hätten.

Die Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stand zuletzt vermehrt in der Kritik, weil sie zahlreiche Spitzenposten in Verwaltung und Staatsbetrieben neu besetzt hatte. Als starker Mann Polens gilt Parteichef und Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski.

Das Nato-Spionageabwehrzentrum wird unter Führung von Polen und der Slowakei errichtet, aber auch Deutschland ist an dem Projekt beteiligt.

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Ex-Präsident Bronislaw Komorowski von der oppositionellen Bürgerplattform (PO) äußerte im Sender TOK FM "Verwunderung und Beunruhigung" über die nächtliche Aktion.

Zuletzt hatte der Freiheitsheld und polnische Ex-Präsident vor einem Bürgerkrieg in seiner Heimat gewarnt.

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