Verteilungsaktion der Salafisten:Druckerei prüft Produktions-Stopp von Koranen

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"Der Koran wird für extremistische Umtriebe missbraucht": Die Empörung gegen die bundesweite Verteilungsaktion von 25 Millionen Gratis-Koranen wächst. Mittlerweile hat die von den radikalislamistischen Salafisten beauftragte Druckerei reagiert und prüft einen Auftragsabbruch.

Die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel prüft einen Produktions-Stopp der Gratis-Korane, die bundesweit von Islamisten verteilt werden. Zuvor hatte Welt unter Berufung auf einen Sprecher des deutschen Mutterunternehmens CPI gemeldet, das Unternehmen habe den Druck eingestellt. "Wir prüfen momentan rechtliche Auswirkungen, wenn wir nicht produzieren oder aber wenn der Auftraggeber den Auftrag abzieht", sagte ein Druckerei-Sprecher.

Bundesweit wollen Salafisten 25 Millionen Korane verteilen - wie hier an einem Stand in Offenbach am Main. (Foto: dapd)

Die Produktion einer fünfstelligen Anzahl von Exemplaren steht nach SZ-Informationen noch aus. Noch sei nicht entschieden, ob man weiter mit dem Auftraggeber zusammenarbeite. CPI habe erst aufgrund der Medienberichterstattung von der Aktion erfahren, sagte der Sprecher. Das Unternehmen habe sich auf der sicheren Seite gefühlt, da es nicht gewusst habe, für welche Zwecke die Bücher bestellt worden waren. Dass der Auftraggeber "im kritischen Licht" steht, sei dem Verlag bekannt.

"Wir hatten das am Anfang prüfen lassen durch den Verfassungsschutz und die Kripo", sagte der Sprecher von Ebner & Spiegel. Der Druck der Korane sei als "unbedenklich" eingestuft worden. "Für uns ist das ein Auftraggeber wie jeder andere auch. Wir produzieren für unsere Kunden, wie vermarktet und verteilt wird, darauf haben wir keinen Einfluss", sagte der Sprecher. Seit Oktober 2011 hatte die Druckerei im Auftrag der Organisation "Die wahre Religion" mehr als 300.000 Korane ausgeliefert.

In den vergangenen Tagen war die Empörung über die koordinierte Verteilungsaktion angewachsen. Verfassungsschützer warnten, Ziel sei es nicht, die Menschen zum Islam zu bringen, sondern zum radikalen Salafismus. Auch Politiker von Grünen und SPD wandten sich gegen die Verteilung. CDU und CSU sprachen sich dafür aus, die "aggressive Aktion" zu stoppen.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder verurteilte das Vorhaben scharf. "Der Koran wird hier für extremistische Umtriebe missbraucht", sagte Kauder der Deutschen Presse-Agentur. "Zurecht distanzieren sich muslimische Verbände in Deutschland von diesem Missbrauch der Religionsfreiheit. Im Übrigen würde mich dringend interessieren, woher das Geld für diese Aktion stammt", sagte der CDU-Politiker.

Die CDU in Niedersachsen will den Verfassungsschutz einschalten. Der Landtagsfraktionsvorsitzende Björn Thümler sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, zwar sei das Verteilen des Korans nicht verwerflich. Bei Verfassungsverstößen müsse aber die Abschiebung einzelner Salafisten geprüft werden. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte dem Blatt: "Die Gefahr liegt darin, dass durch die Verteilaktion junge Leute für die salafistische Ideologie geworben werden sollen." Diese biete einen ideologischen Nährboden für den islamistischen Terrorismus.

"Verbot nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar"

Die FDP sieht allerdings wenig Chancen für ein Verbot der Verteilung. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage, sagte Gisela Piltz, die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Solange bei der konkreten Verteilung in Fußgängerzonen oder anderswo keine Gesetze verletzt werden, ist ein Verbot nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar." Die Verfassung schütze das Werben für den eigenen Glauben, solange dieser nicht die Verfassung ablehne.

Wegen ihrer kritischen Berichterstattung über die Aktion werden Journalisten einem Zeitungsbericht zufolge eingeschüchtert. Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau und des Tagesspiegel seien in einem Video auf Youtube namentlich genannt, beschimpft und offen bedroht worden, berichtete die Welt. In dem Beitrag, der von Karfreitag bis Mittwochmorgen zu sehen war, wurden auch private Fotos der Autoren gezeigt. Zwischen dem Videoproduzenten und dem Organisator der Verteilaktion gibt es dem Bericht zufolge eine enge persönliche Verbindung.

Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Islam und streben einen Gottesstaat an. In NRW leben etwa 500 Anhänger der Glaubensrichtung. Für den Religionssoziologen Rauf Ceylan ist die Koran-Verteilung in erster Linie eine große PR-Kampagne der Salafisten. "Fundamentalistische Gruppen wollen vor allem eins: Aufmerksamkeit", sagte der Islamwissenschaftler der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Radikalislamistische Salafisten hatten erklärt, in Fußgängerzonen sowie im Internet 25 Millionen Koran-Exemplare kostenlos an Nicht-Muslime abgeben zu wollen. Die 500-seitigen Bücher beinhalten eine kommentarlose deutsche Übersetzung des Korans und werden bereits bundesweit verteilt.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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