Verhandlungen über iranisches Atomprogramm:Rohani macht Tempo

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Bislang nutzte Iran jede Möglichkeit, um Gespräche über sein Atomprogramm hinauszuzögern. Seit dem Amtsantritt von Präsident Hassan Rohani kann es Teheran plötzlich nicht schnell genug gehen. Der neue Staatspräsident will über die heikle Materie reden - und zwar noch im September.

Will möglichst schnell die Atomverhandlungen wiederaufnehmen: Irans Präsident Hassan Rohani (Foto: dpa)

Irans neuer Präsident korrigiert die polarisierende Politik seines Vorgängers Mahmud Ahmadinedschad. Nach positiven Gesten für iranische Frauen, an den Westen und an Juden, forciert Hassan Rohani die Gespräche über Irans Atomprogramm.

Der neue Staatpräsident schlägt vor, die Atomverhandlungen seines Landes mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland schon Ende September stattfinden zu lassen. Die Gelegenheit ist günstig, trifft sich doch die diplomatische Welt dann zur UN-Vollversammlung in New York. "Die Verhandlungen könnten schon mal dort beginnen und später dann an einem anderen Ort weitergeführt werden", sagte Rohani nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna. Ob er persönlich an den Verhandlungen über das umstrittene Nuklear-Programm teilnehmen wird, verriet Rohani nicht.

Im staatlichen Fernsehen gab Rohani am Dienstag jedoch bekannt, dass er in New York auch Außenminister einiger Verhandlungsstaaten treffen werde. Ob er auch den amerikanischen Außenminister John Kerry treffen werde, ließ er offen. "Wir wollen den Streit so beenden, dass beide Seiten am Ende zu einer Win-win-Situation kommen und keiner die Verhandlungen als Verlierer verlässt", sagte der Präsident.

Rohani verweist auf Sanktionen

Rohani räumte ein, dass eine baldige Beilegung des Atomstreits enorm wichtig sei - und verwies auf internationale Sanktionen gegen sein Land. Wegen des Boykotts befinde sich Iran in einer Wirtschaftskrise, die Inflationsrate liege zwischen 39 und 44 Prozent.

Der Westen verdächtigt Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie an Nuklearwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet dies. Rohani hatte zuvor gesagt, im Atomstreit mit dem Westen könne eine schnelle Lösung gefunden werden. Er wolle sich persönlich der Causa a unnehmen.

Falls Rohanis aktueller Vorschlag angenommen werden sollte, wäre es das erste Atomtreffen nach den gescheiterten Verhandlungen im April in der kasachischen Stadt Almaty. Bisher war geplant, dass die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am 22. September in New York erstmals mit dem neuen iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zusammenkommt, um Ort und Datum der nächsten Verhandlungen zu besprechen.

Abkehr von Ahmadinedschads Kurs

Der als moderat geltende Rohani hatte die Präsidentschaftswahl im Juni überraschend gewonnen. Seitdem forciert der neue Staatspräsident eine Abkehr vom Kurs seines aggressiv agierenden Vorgängers Mahmud Ahmadinedschad.

Dieser hatte immer wieder gegen den Westen und vor allem gegen die USA und Israel agitiert, außerdem leugnete und relativierte er den Holocaust und suchte die Nähe zu autoritären Staatenlenkern.

Demonstrativ zeigt Rohani seit seinem Amtsantritt Gesten des Wandels. So setzte er den als Hardliner geltenden Chefunterhändler für die Atomverhandlungen ab. Zwar sprach er kurz nach seiner Wahl von Israel als "elendem Land", vermeintlich harschere Aussagen sind umstritten. Den Juden in aller Welt gratulierte er via Twitter zum Neujahrsfest. Inzwischen soll seine Regierung die Judenvernichtung durch Nazi-Deutschland als historische Tatsache anerkannt haben.

Rohani will nur noch humanitäre Hilfe leisten

Rohani stärkte mit Personalentscheidungen die Rolle der in Iran stark benachteiligten Frauen. Er ernannte inzwischen zwei Vizepräsidentinnen. Erst vor wenigen Tagen schrieb er an das Europaparlament. "Eines der Hauptziele der neuen iranischen Außenpolitik ist, Missverständnissen ein Ende zu setzen und über ein besseres Verständnis eine neue politische Ära zu beginnen", hieß es in dem Brief an Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

Zwar bestätigte Rohani nach seinem Amtsantritt, das syrische Assad-Regime weiterhin zu unterstützen. Allerdings kommentierte der Präsident die jüngste Entwicklung im Syrien-Konflikt positiv. Er begrüßte den russischen Vorschlag zur internationalen Kontrolle der Chemiewaffen in Syrien und zeigte sich zuversichtlich, dass ein Militäreinsatz der Amerikaner vermieden werden kann.

Iran habe sein Bestes versucht, eine Konfrontation in Syrien ganz zu vermeiden, sagte Rohani. Anders als von Ajatollah Ali Chamenei, Irans starker Mann im Hintergrund, ist von Rohani keine Drohung in Richtung Washington zu vernehmen. Im Falle eines Krieges hoffe er auf einen kurzen Einsatz mit geringen Schäden, sagte er. Teheran werde dann humanitäre Hilfe leisten. "Wir können ja nicht zusehen, wie ein islamisches Land ohne Brot dasteht", sagte der Präsident. Von einer anderen Reaktion seines Landes sprach er nicht.

Mit Material von dpa

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