Neue Töne aus Iran:"Wir verurteilen den Holocaust"

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Entspannung im Atomstreit? Irans Präsident Hassan Rohani (Foto: AFP)

Im Verhältnis Irans zu Israel und zum Westen deutet sich eine veränderte Haltung an: Über ihren Außenminister distanziert sich die neue Regierung - wenn auch inoffiziell - vom früheren Präsidenten und Holocaust-Leugner Ahmadinedschad. Zudem setzt der neue Präsident Rohani den Hardliner Jalili als Atom-Chefunterhändler ab.

Unter dem neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani mehren sich Signale einer Entspannung - in der Haltung des Landes gegenüber Israel und im Atomstreit mit dem Westen.

Vor allem mit Blick auf Israel scheint die neue Führung im Vergleich zum früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad eine deutliche Wende zu vollziehen. Der neue Außenminister Jawad Sarif bezog auf seiner Facebook-Seite deutlich Stellung zu den Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden im Zweiten Weltkrieg - wenn auch mit einer unverhältnismäßigen Gleichsetzung der Judenverfolgung mit dem Umgang der Israelis mit den Palästinensern.

"Wir verurteilen den Holocaust und das Massaker an Juden durch die Nazis und wir verurteilen das von den Zionisten verübte Massaker an den Palästinensern", hieß es am Freitag auf der Facebook-Seite des iranischen Chefdiplomaten. Dort veröffentlichte er ein Interview mit dem Nachrichtenagentur Tasnim.

Auch in einem Twitter-Dialog distanzierte sich Sarif von Ahmadinedschads Leugnung des Holocausts. Das sei nur dessen persönliche Meinung gewesen, deutete er im Kurzmitteilungsdienst an: "Iran hat das nie geleugnet. Der Mann, der das tat, ist nun abgetreten." Später wurde der Eintrag leicht geändert: "Der Mann, dem nachgesagt wurde, dass er das leugnet, ist nun abgetreten." Ahmadinedschad hatte weltweite Empörung ausgelöst, als er den Massenmord an sechs Millionen Juden während des Zweiten Weltkrieges wiederholt anzweifelte und als Märchen bezeichnete.

Mit seiner Twitter-Botschaft antwortete Sarif der amerikanischen Autorin Christine Pelosi. Die Tochter der demokratischen Minderheitsführerin im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, hatte auf Sarifs zuvor gesendeten Gruß zum jüdischen Neujahrsfest geantwortet, das neue Jahr wäre noch schöner, wenn die Leugnung des Holocaustes beendet würde.

Sarif unterscheidet zwischen Juden und Zionisten

Die Aussagen Sarifs erscheinen als Teil der Bemühungen der neuen Regierung in Teheran, das Verhältnis zu Israel und zum Westen etwas zu entschärfen. Erst am Donnerstag hatte eine überraschende Kurznachricht aus dem Umfeld Rohanis für Aufsehen gesorgt. In einem Tweet soll der Präsident "allen Juden" zu dem Feiertag gratuliert haben.

Außenminister Sarif ist mit sozialen Netzwerken bestens vertraut. Er twittert und nutzt auch Facebook. Präsident Rohani hat hingegen keinen offiziellen Twitter-Account. Eine Sprecherin dementierte auch wenig später, dass der Präsident überhaupt Twitter nutze. Allerdings gehen Beobachter davon aus, dass der Account sehr wohl aus Rohanis Büro heraus gepflegt wird.

Das offizielle Israel schwieg während der Feiertage zunächst auf die neuen Töne aus Iran. Allerdings wird Rohani in Israel mit Misstrauen betrachtet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte ihn einen "Wolf im Schafspelz", der die internationale Gemeinschaft täuschen und weiter an einer Atombombe bauen wolle.

Der CDU-Außenpolitik-Experte Ruprecht Polenz bezeichnete den Neujahrsgruß Ruhanis als "vorsichtiges Herantasten" des neuen Präsidenten an Israel. Noch sei kein wirklicher Fortschritt erreicht, Israel weiter sehr besorgt über das iranische Nuklearprogramms. "Andererseits halte ich es für klug, wenn Israel jetzt auch versucht, auf die Signale aus dem Iran zu achten", sagte Polenz.

Irans Außenminister Sarif sagte der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge auf die Frage, warum Iran den Juden gratuliert habe: "Wir gratulieren ja auch den Christen zu deren Neujahr. In Iran leben auch Juden, es gibt einen jüdischen Parlamentsabgeordneten, und unsere Verfassung respektiert den jüdischen Glauben. Wir hatten nie etwas gegen die Juden und das Judentum. Wir sind nur gegen die zionistische Minderheit und erlauben es ihr nicht, uns als Antisemiten und Kriegshetzer darzustellen."

Rohani entlässt Atom-Chefunterhändler

Auch, was das iranische Atomprogramm angeht, scheint der neue Präsident Rohani zumindest diplomatischer vorgehen zu wollen als sein stark auf Konfrontation setzender Vorgänger Ahmadinedschad. So kündigte Rohani eine Änderung bei der Verhandlungsführung in diesem Bereich an.

Ab sofort werde das Außenministerium die Federführung bei den Gesprächen mit dem Westen übernehmen, zitierte die Nachrichtenagentur Irna den Präsidenten. Damit entzieht Rohani das Thema dem konservativen Hardliner Saeed Jalili, der seit 2007 Irans Chefunterhändler war und bei den westlichen Ländern als kompromissloser Ideologe gilt. Unklar blieb, ob Außenminister Mohammed Jawad Sarif persönlich neuer Chefunterhändler wird.

Atomexperten sagten, der Wechsel könnte auf mehr iranische Flexibilität in den Gesprächen hindeuten. Gleichwohl sei es wenig wahrscheinlich, dass es in dem seit Jahren schwelenden Atomstreit ein schnelle Lösung gebe. Westliche Länder verdächtigen Iran, heimlich nach Atomwaffen zu streben. Die Regierung in Teheran bestreitet das.

Rohani übernahm sein Amt Anfang August und gilt im Vergleich zu seinem Vorgänger als gemäßigt. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte Rohani gesagt, er sei entschlossen, den Atomstreit zu lösen. Dies könne aber nur durch Gespräche und nicht durch Drohungen erreicht werden. Zudem wolle er die Rechte seines Landes wahren. Iran hat wiederholt auf ein Recht auf Atomtechnologie bestanden, die das Land nach eigenen Angaben zu friedlichen Zwecken nutzen will.

In der Frage eines möglichen Militärschlags gegen Syrien fährt Iran allerdings eine harte Linie. Angeblich soll es aus den iranischen Revolutionsgarden sogar einen Befehl geben, bei einem Eingreifen der USA in den Konflikt Anschläge auf US-Vertretungen im Irak zu verüben.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/AFP/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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