Irans Präsident Rohani:Tweet zum jüdischen Neujahrsfest sorgt für Verwirrung

Irans Präsident Rohani

"Gesegnetes Rosch Haschana" von Irans Präsident Rohani?

(Foto: dpa)

"Ein gesegnetes Rosch Haschana": Sein Vorgänger Ahmadinedschad richtete an die Adresse Israels nur Schmähungen, der neue iranische Präsident scheint jetzt andere Töne anzuschlagen. Allerdings ist unklar, wie der Rohani zugeschriebene Twitter-Account und die Botschaft selbst zu bewerten sind.

Neue Töne aus Teheran? Über einen dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani zugeschriebenen Twitter-Account gingen gute Wunsche zum Neujahrsfest an "alle Juden": "Während die Sonne hier in Teheran untergeht, wünsche ich allen Juden, besonders den iranischen Juden, ein gesegnetes Rosch Haschana."

Der Account ist zwar nicht der offizielle von Rohani. Eine Sprecherin dementierte auch wenig später, dass der Präsident überhaupt Twitter nutze. Allerdings gehen Beobachter davon aus, dass der Account sehr wohl aus Rohanis Büro heraus gepflegt wird, obwohl Twitter und Facebook in Iran geblockt sind und eine offizelle Bestätigung wohl deswegen nicht erfolgt. Womöglich nutzt Rohani Twitter also als halboffiziellen Kommunikationskanal, über den er mit vorsichtigen Gesten des Entgegenkommens in Richtung Westen die Hardliner im eigenen Land nicht verprellt, wie die Washington Post analysiert.

Die Einordnung des Neujahrs-Tweets ist damit aber schwierig. Nach wie vor stehen sich Iran und Israel nicht nur im Streit um Teherans Atomprogramm unversöhnlich gegenüber. Dass Rohani ausdrücklich "alle Juden" ansprach, stellt aber - selbst wenn die Bedeutung des Tweets bei Weitem nicht mit einer offiziellen Verlautbarung vergleichbar ist - immerhin einen deutlichen Kontrast zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad dar. Der hatte Israel als "Krebsgeschwür" bezeichnet und gefordert, der jüdische Staat müsse von der Landkarte "ausradiert" werden.

Das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana (Kopf des Jahres) wird an den ersten zwei Tagen des Monats Tischri im jüdischen Kalender gefeiert, 2013 am 5. und 6. September. Für Juden beginnen damit das Jahr 5774. Rosch Haschana erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel.

Rohani setzt auf Meinungsfreiheit

Rohani scheint immerhin auch bei anderen Gelegenheiten neue Standards zu setzen. Bei seiner Antrittsrede wies der neue iranische Präsident etwa den einflussreichen Expertenrat der Kleriker in die Schranken. Sein deutlicher Sieg bei der Präsidentenwahl sei eine klare Botschaft des Volkes, sagte Rohani bei einem ersten Treffen mit dem Verfassungsorgan, in dem mehrheitlich Kritiker Rohanis sitzen.

"Die absolute Mehrheit der Menschen hat mich gewählt, weil ich mich entschieden gegen Extremismus, Gewalt, Instrumentalisierung der Religion und Slogans, deren Kosten dann das Volk bezahlen musste, ausgesprochen habe", sagte Rohani. Er bezog sich auf die Politik seines Vorgängers, Mahmud Ahmadinedschad, der vom Expertenrat lange Zeit unterstützt worden war.

Rohani reagierte auch auf die Kritik des Klerus an seiner liberalen Einstellung zu Meinungs- und Pressefreiheit. "Die Menschen haben nun mal Fragen und Zweifel, und man sollte ihnen die Möglichkeit geben, sie auch frei äußern zu dürfen", sagte er. Den konservativen Klerikern riet er, nicht länger "engstirnig" mit der Gesellschaft umzugehen, da die ganze Welt jetzt über Internet oder Satellitenfernsehen miteinander verbunden sei.

Für Ende September plant Rohani seine erste Reise in die USA, um an der UN-Vollversammlung teilzunehmen. Um den Atomstreit mit dem Westen und die damit verbundenen Sanktionen zu beenden, plant er seit seinem Amtsantritt eine vorsichtige Annäherung an den Erzfeind USA. Er sieht ohne eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA keine reellen Chancen für ein Ende der internationalen Isolation. Die Reise nach New York könnte Beobachtern zufolge der erste Schritt in dieser Richtung sein.

Möglicherweise birgt Rohanis Tweet eine weitere Botschaft - eine, die auf Barack Obama weist. Der hatte 2009, zu Beginn seiner Präsidentschaft, in einem Video sich zum iranischen Neujahrsfest Newroz an die iranische Bevölkerung gewendet. Damals versuchte Obama, mit vielen warmen Worten die politische Eiszeit zu beenden, die zwischen Washington und Teheran seit 1980 herrscht und den Streit um das Atomprogramm entschärfen. Doch die iranische Führung ließ damals Obamas Initiative kalt. Vielleicht knüpft Neujahrs-Rohanis Tweet an diese Botschaft an.

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