Irans neuer Präsident Rohani:Realist, der Hoffnung weckt

Irans neuer Präsident Hassan Rohani

Irans neuer Präsident: Hassan Rohani bei einer Pressekonferenz am 17. Juni 2013.

(Foto: AFP)

Westliche Diplomaten haben eine hohe Meinung von ihm. An diesem Sonntag wird der neue iranische Präsident Rohani in Teheran vereidigt. Er will die wirtschaftliche Lage verbessern, doch dafür braucht er den Westen. In die Verhandlungen über Teherans Atomprogramm könnte deshalb Bewegung kommen - nach Jahren des Stillstands.

Von Rudolph Chimelli, Paris

Irans neuer Präsident Hassan Rohani hat kurz vor seinem Amtsantritt am Sonntag einen programmatischen Satz gesagt: "Mäßigung in der Außenpolitik bedeutet weder Kapitulation noch Konflikt, weder Passivität noch Konfrontation. Mäßigung ist wirksame und konstruktive Gegenseitigkeit in den Beziehungen zur Welt." Kompromisse mit der internationalen Gemeinschaft in schwierigen Fragen, besonders zu Irans Atomprogramm, seien nicht gleichbedeutend mit Kapitulation.

Für die Innenpolitik hatte er bereits vor seiner Wahl, in der er am 15. Juni seine konservativen Konkurrenten überraschend mit 51 Prozent der Stimmen schlug, eine Bürgerrechts-Charta sowie intensive Bemühungen zur Reparatur der maroden Wirtschaft angekündigt. Einem Jugend-Magazin sagte er: Zu den Idealen Irans gehörte ursprünglich "nicht die Unterdrückung von Fröhlichkeit und Freude". Die Sittenpolizei hat sich auf den Straßen Teherans seit Rohanis Wahl rar gemacht.

Um die materiellen Erwartungen der Iraner nicht zu enttäuschen, braucht er einen raschen Abbau der Spannungen mit dem Westen. Beides ist eng miteinander verknüpft. Priorität hat deshalb für den Präsidenten die Aufhebung der für die iranische Wirtschaft ruinösen Sanktionen. Voraussetzung sind Fortschritte in den seit Jahren stagnierenden Atomverhandlungen. In ihnen soll unter Rohani "vollkommene Transparenz" das neue Element sein. Wie in seiner Umgebung versichert wird, soll es ungeklärte Fragen nicht mehr geben.

"Er lässt sich nicht leicht manipulieren"

Die Internationale Atomenergiebehörde soll künftig uneingeschränkt Zugang zu allen nuklearen Einrichtungen Irans erhalten. Die Kompetenz für die Verhandlungen will Rohani vom Nationalen Sicherheitsrat, in dem bisher der in der Präsidentenwahl abgeschlagene ultrakonservative Said Dschalili das Sagen hatte, auf das Präsidentenamt oder das Außenministerium übertragen. In den vergangenen Wochen hat Rohani schon einen Teil seines Stabes aus der Zeit der relativ erfolgreichen Verhandlungen mit dem EU-Trio Frankreich, Deutschland, Großbritannien reaktiviert.

Gestützt auf ihre damaligen Erfahrungen mit Rohani, haben westliche Diplomaten eine hohe Meinung von ihm. Der frühere deutsche Botschafter Paul von Maltzahn sagt: "Er ist im iranischen Machtsystem hervorragend platziert, lässt sich nicht leicht manipulieren und ist selbstbewusst." Auch der Franzose Stanislas de Laboulaye, seinerzeit Politischer Direktor im Pariser Außenministerium, nennt Rohani einen "zentralen Spieler in Irans Establishment".

Wirbel um falsche Wiedergabe von Israel-Aussage

Westliche Unterhändler erinnern sich, wie der künftige Präsident sein Telefon aus der Tasche holte, als die Verhandlungen in der Sackgasse waren, den Obersten Führer Ali Chamenei anrief und ihn überzeugte, ein Moratorium in der Urananreicherung sei nötig. Rohani und Chamenei kennen sich, seit sie, lange vor der Revolution, in Maschhad gemeinsam beim Militär waren. "Er war der einzige", so der Franzose, "der den anderen Führern etwas zutiefst Unbeliebtes verkaufen konnte".

Auf die Anreicherung werden die Iraner auch unter Rohani nicht verzichten. Sein Ziel ist im Gegenteil, dass die USA das volle Recht Irans auf Entwicklung der zivilen Atomenergie anerkennen - bei völliger Sicherheit, dass es keine Bombe geben wird. Dass das US-Repräsentantenhaus unmittelbar vor Rohanis Amtsübernahme nochmals für eine deutliche Verschärfung der Sanktionen votiert hat, zeigt wie schwer es der neue Präsident haben wird.

Wirbel gab es am Freitag um Äußerungen Rohanis anlässlich des "Jerusalem-Tages". Iranische Staatsmedien hatten ihn zunächst sowohl auf Farsi als auch in Englisch mit den Worten zitiert: "Das zionistische Regime und die Besetzung von Jerusalem sind eine Wunde am Körper der islamischen Welt, die beseitigt werden muss." Wie ein später veröffentlichtes Video belegt, wandte er sich gegen "jede Art der Unterdrückung", ohne Israel direkt zu nennen. In der Region gebe es "seit Langem eine Wunde auf dem Körper der islamischen Welt" die "in dem Schatten der Besetzung des Heiligen Landes von Palästina und des geliebten Jerusalem" liege. Das Wort "entfernen" fällt in dem Video nicht. Gemessen an der an diesem Tag üblichen Rhetorik, kann dies als relativ moderate Bemerkung gelten.

Zur Amtseinführung werden internationale Gäste erwartet

Auch wenn sich Rohani weder von der Rhetorik noch von der Ideologie der Islamischen Republik distanziert, hat er einen soliden Ruf als realistischer Außenpolitiker. Sein Einfluss hat verhindert, dass Iran sich an die Seite der Iraker stellte, als Saddam Hussein Kuwait besetzte - wie es die Radikalen in Teheran forderten.

Zur Einführung Rohanis vor dem Parlament werden die Präsidenten Pakistans, Afghanistans, Libanons und der zentralasiatischen Republiken kommen. Der Syrer Baschar al-Assad ist mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Über einen Teheraner Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin in den nächsten Wochen wird bereits gesprochen. Die UN schicken ihren stellvertretenden Generalsekretär Jan Eliasson. Aus Europa kommen möglicherweise der frühere britische Außenminister Jack Straw und Javier Solana, der vormalige EU-Beauftragte für Außenpolitik. Die EU-Mitgliedstaaten lassen sich durch ihre Teheraner Botschafter vertreten. Der Ex-Reform-Präsident Mohammed Chatami ist nicht eingeladen.

Er hat das Vertrauen Cheameneis und der hohen Kleriker in Ghom

Rohani hat zwei Wochen Zeit, seine Regierung zusammenzustellen. Doch er will sein Kabinett, das vor allem aus erfahrenen Fachleuten der Ära von Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani besteht, dem von Konservativen beherrschten Parlament schon am Sonntag vorstellen. Dieses muss binnen zehn Tagen über jeden einzelnen Minister abstimmen. Reformer stehen allerdings nicht auf Rohanis Liste.

Die Revolutionsgarden und Ultras unter den Abgeordneten haben sogar gefordert, dass nur Minister werden solle, wer die Protestbewegung gegen die umstrittene Wiederwahl Präsident Ahmadinedschads vor vier Jahren verurteilte. Rohani ist kein Reformer, aber er steht gut mit ihnen sowie mit Rafsandschani. Er hat das Vertrauen Chameneis und ist bei den hohen Klerikern in Ghom hoch angesehen.

Als Außenminister ist der erfahrene Diplomat Dschawad Sarif vorgesehen, an amerikanischen Hochschulen ausgebildet und langjähriger UN-Botschafter Irans. Während dieser Jahre erlaubten ihm die Amerikaner oft, nach Washington zu reisen, wo er im Gespräch mit den wichtigsten Iran-Experten der USA die abgebrochenen Beziehungen zu pflegen suchte.

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