USA-Visite:Warum Merkel kein Staatsbankett bekommt

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Distanziert: Das Verhältnis zwischen Donald Trump und Angela Merkel - hier bei ihrem letzten Washington-Besuch im März 2017 - gilt als nicht sehr eng.

(Foto: AP)
  • Die Visite von Kanzlerin Merkel in Washington wird nicht mehr als ein Arbeitsbesuch. Einen mehrtägigen Aufenthalt und ein Staatsbankett wird es nicht geben.
  • Berlin weist die Vermutung zurück, US-Präsident Trump wolle mit seiner Kurzangebundenheit ein politisches Zeichen setzen.
  • Das Atomabkommen mit Iran gilt als eines der schwierigsten Themen des Merkel-Besuchs. Trump lässt keine Chance aus, gegen die Vereinbarung zu wettern.

Von Nico Fried, Berlin

Letztes Mal kam zunächst noch ein Schneesturm dazwischen. Ende März des vergangenen Jahres verschob Angela Merkel ihre erste persönliche Begegnung mit Donald Trump, nachdem der neue US-Präsident sie in einem überaus freundlichen Telefonat kurzfristig vor einem Blizzard an der US-Ostküste gewarnt hatte. Diesmal nimmt das Wetter nur geringen Einfluss auf die Besuchsplanung: Die Pressekonferenz, die am Freitag ursprünglich im Rose Garden des Weißen Hauses stattfinden sollte, ist wegen voraussichtlich aufziehender Regenfälle in den East Room verlegt worden.

Angela Merkel und Donald Trump werden so am Freitag genau am selben Ort Rede und Antwort stehen, wo sich Trump am Dienstag auch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron befragen ließ. Vom Gepränge her stellt die pompöse Visite Macrons, die militärische Ehren und ein Staatsbankett beinhaltete, Merkels Arbeitsbesuch mit Mittagessen in den Schatten, auch blieb der Franzose drei Tage in Washington, während die Kanzlerin nach derzeitiger Planung nicht einmal drei Stunden Zeit mit Trump verbringen wird.

In Berlin aber weist man die Vermutung zurück, Trump habe mit einer Ungleichbehandlung von Präsident und Kanzlerin ein politisches Zeichen setzen wollen. Der Staatsbesuch Macrons sei lange vorbereitet gewesen, die Reise Merkels sei ein Arbeitsbesuch nach ihrer Wiederwahl. Es sei deshalb "nicht sinnvoll, das zu vergleichen", heißt es im Kanzleramt. Auch die Tatsache, dass Trump und Merkel, anders als zu Beginn seiner Präsidentschaft, mittlerweile deutlich weniger miteinander telefonierten, sei nicht überzubewerten. Es habe eben durch die ungewöhnlich lange Regierungsbildung eine "besondere innenpolitische Situation" in Deutschland gegeben.

In Berlin finden sie, das Abkommen mit Teheran erfülle seinen Zweck

Auf der Arbeitsebene, so heißt es von einem, der zu dieser Ebene gehört, sei der Austausch mit der amerikanischen Regierung sehr eng, "fast sogar noch enger", so der Regierungsmann, der dann noch den zweideutigen Satz hinzufügt: "Da kann man auch gut mit ihnen arbeiten." So hat zum Beispiel Merkels neuer außenpolitischer Berater Jan Hecker mit dem neuen Sicherheitsberater in Washington, John R. Bolton, über die Iran-Frage gesprochen. In welcher Atmosphäre das Gespräch verlief, verlautete nicht - von Bolton, Markenzeichen: ein buschiger Schnauzer und politische Kompromisslosigkeit, ist kaum zu erwarten, dass er Trump eine sanfte Linie gegenüber der Regierung in Teheran einflüstert.

Das Atomabkommen mit Iran gilt, wie schon zwischen Macron und Trump, als eines der schwierigsten Themen des Merkel-Besuchs. Der amerikanische Präsident lässt keine Gelegenheit aus, gegen die Vereinbarung mit Teheran zu wettern, die sein Vorgänger Barack Obama zusammen mit Frankreich, Großbritannien, Deutschland sowie China und Russland abgeschlossen hatte. Viel zu teuer sei der Handel gewesen und hätte niemals unterschrieben werden dürfen, schimpfte Trump auch zuletzt neben einem sichtlich konsternierten Macron. Schuld seien der amerikanische Kongress und "viele andere", so Trump, der damit vermied, seinen Vorgänger namentlich zu kritisieren.

Merkel will, wie Macron, das Abkommen mit Teheran retten. Aus deutscher Sicht, so hieß es am Donnerstag in Regierungskreisen, habe es "seinen Zweck erfüllt". Der habe darin bestanden, Iran von seinen nuklearen Ambitionen abzubringen. Als Kompromiss steuern Berlin und Paris nun gegenüber Washington eine Art Zusatzvereinbarung an, in der Sorgen der Amerikaner, die man in Europa durchaus teilt, behandelt werden sollen. Dabei geht es um Sicherheiten, dass Iran auch nach Ablauf des Abkommens 2025 keine Urananreicherung mehr anfährt, des Weiteren um eine Kontrolle des iranischen Raketenprogramms und um ein Ende der Aktivitäten in Jemen, Syrien und Libanon, wo Teheran jeweils schiitische Gruppen mit Geld und Waffen unterstützt.

Das Kanzleramt sagt, eine enge Abstimmung mit Paris sei "doch klar"

Merkel, so heißt es in Berlin, sei überzeugte Transatlantikerin und wolle die gute Substanz der deutsch-amerikanischen Beziehungen im gemeinsamen Interesse nutzen. Das soll auch im Umgang mit Russland helfen, wo es an zwei Stellen Meinungsverschiedenheiten gibt. So lehnen die USA die geplante Gaspipeline Northstream II ab und halten Deutschland vor, sich damit zu sehr von russischem Gas abhängig zu machen. In Berlin weist man das zurück und argumentiert, dass schon jetzt der Bezug von Gas diversifiziert sei. 37 Prozent des deutschen Verbrauchs werden derzeit mit russischem Gas bestritten. Doch selbst wenn dies durch Northstream II mehr werde, sei man nicht erpressbar, weil neben Gas aus anderen Herkunftsstaaten wie Norwegen oder Aserbaidschan auch ausreichend Kapazitäten von Flüssigerdgas (LNG) zur Verfügung stünden.

Die Bundesregierung wiederum ist irritiert von jüngsten Sanktionen der USA gegen Russland. Sie haben nichts mit Strafmaßnahmen wegen der Invasion der Krim und dem Krieg in der Ost-Ukraine zu tun, sondern wurden von den USA unter anderem wegen des Vorwurfs der Wahlmanipulation verhängt. Betroffen sind davon russische Oligarchen, wogegen Berlin politisch wenig einzuwenden haben dürfte. Indirekt aber könnten diese Sanktionen, wie es heißt, der deutschen Wirtschaft "sehr weh tun". Betroffen wären nämlich Firmen, die mit den Unternehmen der Oligarchen in Geschäftsbeziehungen stehen. Sie würden dann in Mithaftung genommen für russisches Verhalten, mit dem sie gar nicht zu tun hätten. Exterritoriale Effekte nennt man das im Fachjargon. "Da sind wir besorgt", sagt ein Regierungsmann.

Und wie läuft vor oder nach der Begegnung mit Trump der innereuropäische Abgleich mit Emmanuel Macron? Dazu hält man sich in Berlin eher bedeckt. Die Kanzlerin und der französische Präsident stünden, "wie in den letzten Wochen auch immer", in engem Kontakt, heißt es eher allgemein. Es sei "doch klar, dass es eine enge Abstimmung" zwischen Berlin und Paris gebe. Möglicherweise gehört dazu auch der Erfahrungsaustausch darüber, ob ein Arbeitsmittagessen hinter einem Staatsbankett nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zurückfällt.

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