USA:Trump beendet Zeit der Gnade und der Vernunft in Amerika

Donald Trump

Donald Trump ARCHIV - US-Präsident Donald Trump nimmt einen Stift, um das Dekret für Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung und dem Bau einer Grenzmauer zu Mexiko zu unterschreiben.

(Foto: dpa)

Der US-Präsident droht zahlreichen illegal im Land lebenden Menschen die Abschiebung an, selbst wenn sie nur ohne Führerschein fahren. Das mag rechtens sein - anständig ist es nicht.

Kommentar von Hubert Wetzel

Es gibt in den USA eine Tat, die nie verjährt: Wer ohne die richtigen Stempel im Pass amerikanischen Boden betreten hat, wird diesen Makel nie wieder los. Er kann so lange und gesetzestreu in den Vereinigten Staaten leben, wie er will, er kann hart arbeiten, Steuern zahlen, eine Familie großziehen, Kinder, amerikanische Staatsbürger, zur Welt bringen und zur Schule schicken - all das zählt nicht. Auch nach 20 oder 30 Jahren kann dieser Mensch verhaftet, eingesperrt und abgeschoben werden. So sind die Gesetze.

Die einzige Hoffnung für illegale Einwanderer war bisher, dass die Regierung in Washington gnädig und vernünftig genug ist, diese Gesetze nicht in ihrer ganzen Härte anzuwenden. Und die meisten Regierungen haben genau das getan. Sie haben versucht, die Schwerkriminellen unter den illegal Eingewanderten herauszufiltern und zurückzuschicken. Die anderen wurden weitgehend in Ruhe gelassen. Sie durften bleiben, um sich - wie es in einem alten Einwanderungsland eben Brauch ist - durchzuschlagen und eine besser Zukunft für ihre Kinder zu bauen. So ist Amerika.

Genauer: So war Amerika. Denn Donald Trump hat diese Zeit der Gnade und der Vernunft beendet. Das ist der Kern der neuen Abschieberegeln: Die Gesetze werden nicht geändert, aber sie sollen künftig mit voller Härte angewandt werden.

Trump missbraucht illegal Eingewanderte als Sündenböcke

Einige Leute, die davon betroffen sind, haben Härte verdient. Es wäre zum Beispiel absurd zu behaupten, dass illegal Eingewanderte keine Rolle in der brutalen Gang- und Drogenkriminalität spielten. Darunter leiden gerade jene Einwanderer, die versuchen, sich an die Gesetze zu halten. Kriminelle notfalls abzuschieben, ist das Recht einer Regierung.

Doch die allermeisten der geschätzt elf bis 15 Millionen illegal im Land lebenden Menschen sind natürlich keine hart gesottenen Verbrecher. Sie sind Familienväter- und -mütter, die ihr Geld etwa damit verdienen, dass sie Trumps Golfplatz-Clique für einige Dollar den Rasen mähen; und die nun bei jeder Verkehrskontrolle Angst haben müssen, dass ihr Leben zerstört wird, weil Trump das Fahren ohne Führerschein zum Verbrechen erklärt hat, das mit Arrest und Abschiebung zu bestrafen ist.

Der Schrecken, den diese Unsicherheit verbreitet, nützt niemandem, schon gar nicht Trumps Wählern. Deren wirtschaftliche und soziale Probleme haben ganz andere Gründe. Es hat nichts mit illegaler Einwanderung zu tun, dass Amerikas Stahlwerke und Kohlegruben pleite sind. Trump redet den Amerikanern ein, ihr Land werde von feindseligen Fremden besetzt und ausgeplündert. Er pumpt die zweifellos vorhandenen, aber lösbaren Probleme, die illegale Immigration in Amerika verursacht, zu einer apokalyptischen Krise auf. Das ist klassische, demagogische Sündenbock-Politik.

Trump wehrt sich mit einem Argument: Wir tun nur das, was in den Gesetzbüchern steht. Doch auch diese Ausrede kennt man. Im Gesetz steht, was rechtens ist; was aber menschlich und anständig ist, darauf muss ein Präsident schon selbst kommen.

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