USA: Berater-Rücktritte:Obama, einsam im Weißen Haus

Lesezeit: 2 min

Der US-Präsident braucht neue Mitarbeiter: Sein Stabschef Rahm Emanuel will lieber Bürgermeister von Chicago werden, und auch zwei andere enge Berater kehren ihm den Rücken.

Reymer Klüver, Washington

Der Stabschef des Weißen Hauses, Rahm Emanuel, hat sich amerikanischen Fernsehberichten zufolge entschieden, für das Amt des Bürgermeisters in seiner Heimatstadt Chicago zu kandidieren. Eine entsprechende Erklärung wird für Freitag erwartet. Unklar ist noch, ob er bereits dann oder erst in ein paar Tagen seinen Rücktritt als Stabschef erklärt. Als Interimsnachfolger ist der Obama-Berater Pete Rouse im Gespräch.

Ende einer Zusammenarbeit: Rahm Emanuel (re.) tritt als Stabschef von US-Präsident Barack Obama (li.) zurück. (Foto: AP)

Sicher ist aber, dass Emanuels Demission in den kommenden Wochen ein größeres Revirement im Führungszirkel um Präsident Barack Obama zur Folge haben dürfte, zumal er nicht der Einzige unter den engen Beratern Obamas ist, den es fortzieht. Unter anderem wird erwartet, dass der Obama-Vertraute David Axelrod und sein Sicherheitsberater Jim Jones ebenfalls das Weiße Haus verlassen werden.

Emanuel hat offenbar bereits mit der Bildung eines Wahlkampfteams begonnen. Zuvor hatten von ihm in Auftrag gegebene Umfragen erkennen lassen, dass er bei einer Kandidatur in Chicago gute Chancen hätte. Ein möglicher Konkurrent wäre der Sohn des schwarzen Bürgerrechtlers Jesse Jackson, der Kongressabgeordnete Jesse Jackson jr..

Emanuel muss bis spätestens 22. November mindestens 12.500 Unterschriften sammeln, um seine Kandidatur zu ermöglichen. Um das zu organisieren bräuchte er bereits ein Wahlkampfteam, dessen Steuerung sich schwer mit seinen Aufgaben im Weißen Haus vereinbaren ließe. Deshalb wird sein Rücktritt bereits jetzt und nicht erst nach der Kongresswahl am 2. November erwartet - einen Termin, den Obama offenkundig zunächst bevorzugt hatte, weil danach ohnehin ein Revirement angestanden hätte.

Um Obama mehr Zeit für den Umbau seines Führungszirkels zu lassen, hat sich den Fernsehberichten zufolge Rouse bereitgefunden, für eine Übergangszeit Emanuels Aufgaben wahrzunehmen. Der öffentlichkeitsscheue Rouse gilt als enger Vertrauter Obamas. Er hat bereits Obamas Senatsbüro geleitet, will aber offenbar nicht auf Dauer die Rolle des Stabschefs übernehmen.

Gesucht: Geschäftsführer des Weißen Hauses

Obama steht vor einer Reihe wichtiger Personalentscheidungen. Er muss nicht nur seinen Stabschef, sozusagen den Geschäftsführer des Weißen Hauses, ersetzen. Zum Jahresende wird auch Wirtschaftsberater Larry Summers seinen Posten verlassen. Auch Obamas engster Berater, David Axelrod, will wohl lieber heute als morgen weg, um, wie von vornherein vorgesehen, die Wiederwahl des Präsidenten 2012 zu organisieren. Axelrod war bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2008 Obamas Chefstratege und gilt als einer der Architekten seines glänzenden Wahlsiegs.

Allem Anschein nach hat sich Obama noch nicht entschieden, ob er Emanuels Nachfolger aus dem bisherigen Führungszirkel rekrutieren oder einen Außenstehenden berufen will. Als potentielle Nachfolger aus dem inneren Kreis gelten der stellvertretende Sicherheitsberater Tom Donilon, sein Verbindungsmann zum Kongress, Phil Schiliro, oder aber Ron Klain, Stabschef von Vizepräsident Joe Biden.

Immer wieder werden allerdings auch zwei ehemalige Stabschefs von Präsident Bill Clinton genannt: der jetzige CIA-Chef Leon Panetta und der umtriebige demokratische Politikberater John Podesta. Beide gelten als bestens vernetzt in Washington Politikzirkeln und als Pragmatiker, also zur Zusammenarbeit auch mit Republikanern fähig. Allen Umfragen zufolge dürften die Demokraten bei der Wahl im November zumindest im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verlieren. Obama wäre dann für Gesetzesinitiativen auf die Zustimmung der Republikaner angewiesen.

In den vergangenen Monaten hat Obama immer wieder gezeigt, dass er öffentlichem Druck nicht gerne nachgibt. Sein Sicherheitsberater Jones indes wird von vielen als Fehlbesetzung eingestuft. Auch ist der ehemalige General offenbar nie mit dem seit Wahlkampfzeiten verschworenen Führungszirkel um Obama vertraut geworden. Dem Washingtoner Insiderblatt Politico zufolge wird Jones seinen Posten zum Jahreswechsel räumen. Auch für diesen Job ist sein bisheriger Stellvertreter Donilon im Gespräch. Eine weitere Kandidatin ist UN-Botschafterin Susan Rice, die wohl nicht zuletzt aus persönlichen Gründen lieber wieder in Washington tätig wäre.

Auf den Posten des Politikberaters könnte nach Axelrods Abgang der bisherige Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, aufrücken. Nachfolger des bei den Medien nicht sehr geschätzten Gibbs wiederum könnte sein bisheriger Stellvertreter Bill Burton werden.

© SZ vom 29.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

US-Präsident Barack Obama
:Sein Leben in Bildern

Er ist der alte und neue US-Präsident: Wo Barack Obamas Wurzeln sind, was ihn bewegt und wie er es bis ins Weiße Haus geschafft hat, zeigt Süddeutsche.de in einem Rückblick.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: